Bei Neugründungen ist der Standort entscheidend. Apotheken neben Einkaufszentren und Supermärkten können von hoher Kundenfrequenz profitieren. Dr. Michael Meinke, Geschäftsführer der Langenfelder Beratungsfirma Apo-Optimas erklärt, welcher Einzelhändler als Apothekennachbar der Beste ist und warum sich kein Inhaber im Obergeschoss eines Centers ansiedeln sollte.
ADHOC: Warum sollten sich Neugründer nach Supermarkt-Standorten umsehen?
MEINKE: Die Lage ist das Wichtigste. Der Erfolg einer Apotheke hängt zu 80 Prozent vom richtigen Standort ab. Ein Supermarkt bringt passende Laufkundschaft. Eine gute Lage für Apotheken zu finden, erfordert Zeit und Fleiß. Wir filtern aus durchschnittlich 500 Angeboten einen Standort heraus, der lohnenswert ist. Wir haben Apotheken schon in relativ kurzer Zeit zu Millionären gemacht.
ADHOC: Wie erkennen Apotheker schwarze Schafe unter den Standortentwicklern?
MEINKE: Es gibt Risiken, die wir als Berater herausfiltern müssen. Mit manchen Märkten arbeiten wir deshalb gar nicht oder sehr selten zusammen. Unsere Aufgabe ist es, uns schützend vor unsere Kunden zu stellen. Wir haben schon Verträge gesehen, bei denen der Marktleiter ein Sonderkündigungsrecht gehabt hätte, wenn er seine Kundschaft für schlecht behandelt hält.
ADHOC: Wie schützen sie Apotheken?
MEINKE: Wir binden unsere Kunden nicht durch Verträge an uns. Für uns ist es lediglich wichtig, die Apotheke einzurichten. Die Einrichtung wird allerdings an den Apotheker verkauft und nicht verleast. Ich halte Untermietverträge beispielsweise für höchst kritisch. Damit machen sich gerade junge, unerfahrene Apotheker schnell abhängig, wenn die Konditionen geschickt im Kleingedruckten versteckt sind. Wir fordern außerdem immer eine feste Vertragslaufzeit von zehn Jahren plus vier mal fünf Jahre auf Option. Die maximalen 30 Jahre Laufzeit wollen wir ausschöpfen.
ADHOC: Warum?
MEINKE: Eine Laufzeit von zehn Jahren hilft wenig, wenn eine neugegründete Apotheke im Schnitt fünf Jahre für den erfolgreichen Aufbau braucht. Im Anschluss erwirtschaftet sie fünf Jahre schwarze Zahlen. Kommt dann eine Mieterhöhung, trifft es den Inhaber oft hart. Das ist schon vielen passiert und senkt den Unternehmenswert dramatisch. Unsere Erfahrung zeigt aber, dass man mit großen Supermärkten wie Rewe sehr gut verhandeln kann. Supermärkte wünschen sich, dass eine Apotheke kommt. Sie hat ein beständiges Image, steht für hohes Vertrauen und Qualität. Für Verbraucher gibt es kaum etwas Wichtigeres als Gesundheit.
ADHOC: Welcher Supermarkt ist der Beste?
MEINKE: Die Bon-Kundenzahl ist entscheidend. Ab eine Millionen Kunden pro Jahr kommen genug Verbraucher regelmäßig an der Apotheke vorbei. Ein Vollsortimentler ist mir im Sinne der Zielgruppe tendenziell lieber als ein Discounter. Apotheken können sich zwar mittlerweile nicht mehr leisten, nicht mit Einzelhändlern bei einigen Produkten mithalten zu können. Sie bieten jedoch immer noch teure Ware wie Kosmetik an. Die Discounterkundschaft ist dann nicht optimal. Ein Vollsortimentler passt besser. Dessen Kunden sind für den Apothekeneinkauf sensibilisiert.
ADHOC: Welche Lage ist in einem Einkaufszentrum ideal?
MEINKE: Besonders schlimm ist ein Standort, der mittendrin liegt. Bei Nahversorgungszentren mit zwei Eingängen und einem Fahrstuhl drittelt sich der Kundenstrom. Gut ist immer eine Lage am einzigen Ausgang, bestenfalls mit einer zweiten Tür von außen für Kunden. Dann geht er viermal an der Apotheke vorbei. Im Obergeschoss verirren sich nicht genug Kunden, weshalb die Apotheke immer im Erdgeschoss liegen sollte.
ADHOC: Was ist bei der Standortwahl noch wichtig?
MEINKE: Der Erfolg einer Apotheke kann auch von der Größe der Offizin abhängen. Wir empfehlen Inhabern keinen Standort unter 200 Quadratmeter. Ausnahmen bilden Flächen in Einkaufszonen mit hohen Mieten. Große Flächen bieten den Vorteil, dass sich Marketingmaßnahmen in Sicht- und Freiwahl umsetzen lassen. Apotheken aus den 1950er bis 1970er Jahren sind oft zu klein. Dort kann man sich kaum umdrehen, wenn man sein Rezept abholt. Wenn der Apotheker aber ein guter Unternehmer ist, dann kann er auch aus einer kleinen Apotheke etwas rausholen. Dazu muss er aber die Kunden bewusst und richtig ansprechen.
ADHOC: Und wie?
MEINKE: Das Ziel ist, den Kunden langfristig zu binden. Dazu muss ich zunächst preisaktiv sein. Bei Indikatorprodukten wie Almased sollte der Verkaufspreis nicht über dem Einkaufspreis liegen. Jeder, der das Diätpulver für 19,90 Euro anbietet, macht einen Fehler. Denn der Kunde kennt die Ware aus dem Einzelhandel und denkt bei einem hohen Preis, dass es sich generell um eine teure Apotheke handelt. Bei einigen Produkten muss die Apotheke sehr preisagressiv sein – nach dem Vorbild von großen Elektromärkten. Das und andere notwendige Denkweisen eines Einzelhändlers mit starkem Wettbewerb verstehen leider ungefähr zwei Drittel der Inhaber nicht.
ADHOC: Was, wenn die Apotheke sich nicht ausschließlich über den Preis definieren will?
MEINKE: Das soll sie auch nicht. Es gibt verschiedene Marketingbausteine, aus denen sich der Endverbraucher rauspickt, was ihn anspricht. Bei Prämiensystemen mögen Kunden beispielsweise lieber Taler als Aufkleber. Auch wenn die Nachlässe den Inhaber etwas kosten, sollte er Prämien anbieten. Kunden erhalten beispielsweise bei einem Kauf von 10 Euro einen Taler im Wert von gefühlt 1 Euro. Dadurch wird ein sehr attraktiv erscheinender 10-prozentiger Nachlass vermittelt, der fast wie Bargeld aussieht. Was genau der Kunde später für die Taler erhält, sollte sich der Apotheker gut überlegen. Beliebt sind beispielsweise Reisenthel-Körbe. Mehr als 5 Prozent Rabatt sollte er durchschnittlich und effektiv nicht geben.
ADHOC: Ziehen Flyer noch Kunden an?
MEINKE: Wenn Apotheken Flyer verteilen, dann bitte richtig. Steht das Team nicht dahinter, sollte man es gleich lassen. Von Industrieware sollten Apotheken lieber die Finger lassen, da diese Angebote zu pauschal sind. Statt auf 50 Produkte 10 Prozent Rabatt zu geben, sollten fünf Angebote mit beispielsweise 30 Prozent Nachlass beworben werden. Auch Coupons dürfen nicht fehlen. Es geht langfristig um Markenbildung.
ADHOC: Wie wichtig sind Praxen?
MEINKE: Wenn eine Apotheke zehn Hausärzte im Gebäude hat, spielt die Lage keine Rolle mehr. Das passiert natürlich nie. Verordnungen sind kaufmännisch in der Regel am wichtigsten. Ein Rezeptanteil zwischen 70 und 80 Prozent ist normal und auch bei einer 1a-Lage ist ein möglichst hoher Rezeptanteil mit entscheidend. Mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln können Apotheken schnell und einfach Geld verdienen. Die Menschen werden immer krank. Das Geschäft ist auch in Krisenzeiten stabil, wenn niemand hochpreisige Kosmetik kaufen will.
ADHOC: Wann stellt sich der Erfolg ein?
MEINKE: Bis eine Apotheke zur Marke wird, dauert es zwar eine Weile, aber es passiert. Flyer kosten beispielsweise richtig Geld. Mit Verteilungs-, Druck- und Fotokosten können zwischen 3000 und 4000 Euro pro Monat zusammenkommen. Das geht direkt vom Gewinn ab. Nach durchschnittlich fünf Jahren hat es eine Apotheke aber geschafft, wenn der Inhaber es vernünftig angegangen hat. Dann kann er Millionär sein.
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