Rabatt bei Rezeptvorbestellung

Spielberger-Apotheke wirbt mit 1€-Gutschein

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Berlin -

Die Spielberger-Apotheke in Berlin-Spandau ist für ihre offensive Marketingstrategie unter den Kollegen bekannt. Auf einem aktuellen Flyer lobt Inhaber Martin Stahn für Vorbestellungen 1€-Gutscheine aus. Auch die Übermittlung von Rezepten wird entsprechend belohnt. Der Apotheker sieht sich rechtlich auf der sicheren Seite.

Auf dem Flyer wird das „OnlineApothekenPortal“ des Filialverbunds beworben, zu dem neben der Spielberger-Apotheke die beiden Preussen-Apotheken gehören, eine in Berlin-Tempelhof, die andere im brandenburgischen Oranienburg im Norden der Hauptstadt. Die Bonus-Modelle der Apotheken unterscheiden sich leicht.

Im Onlineshop kann man unter anderem seine verschreibungspflichtigen Arzneimittel per Smartphone reservieren, dazu muss der Kunde das Rezept fotografieren. Wählt er die Abholung in der Apotheke, soll er ein Foto des Rezepts an die Apotheke schicken, damit die Medikamente zur Abholung vorbereitet werden. Alternativ kann man sich die Arzneimittel nach Hause schicken lassen. Dazu muss das Rezept allerdings erst im Original vorliegen. Zudem findet sich im Portal der Hinweis, dass rezeptpflichtige Produkte in Deutschland der Preisspannenverordnung unterliegen und keine Rabatte gewährt werden dürfen. Auch die gesetzliche Zuzahlung müsse in voller Höhe berechnet werden.

Auf dem Flyer der Spielberger-Apotheke klingt das allerdings etwas anders: „Für Rezept- oder Selbstmedikations-Vorbestellungen ab einem Wert von 25€ erhalten Sie den beliebten 1€-Gutschein.“ Wer seinen Artikel spätestens 24 Stunden nach dem von der Apotheke bestätigten Termin abholt, bekommt einen zusätzlichen Gutschein.

Der Weg zum Bonus wird auf dem Flyer noch einmal symbolisch in Kurzform erklärt: „OnlinePortal öffnen – Rezept hochladen – Medikamente vorbestellen – Bestellung abholen – Gutschein erhalten.“ Alle Online-Neukunden erhalten einmalig sogar fünf Gutscheine im Wert von je einem Euro. Mindestbestellwert ist auch hier 25 Euro.

Stahn erklärt, dass der Flyer erst vor Kurzem eingeführt worden sei: „Wir wollen nicht zusehen, wie DocMorris uns die Umsätze wegnimmt. Als Apotheken müssen wir etwas dagegen halten.“ Das Bonusmodell hält er auch nach dem jüngsten Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) für zulässig: „Wir haben uns die Aussagen der Wettbewerbszentrale ganz genau angesehen.“ Rechtsanwältin Christiane Köber hatte im Interview mit APOTHEKE ADHOC erklärt, dass ein Ausgleich für Unannehmlichkeiten, die der Verbraucher mit dem Besuch der Apotheke habe, wohl nicht zu beanstanden sei.

„Wir honorieren ausschließlich den Vorgang des Vorbestellens. Das ist unabhängig davon, ob es ein verschreibungspflichtiges Arzneimittel oder ein OTC-Präparat ist“, so Stahn. Er sei sich bewusst, dass Rx-Boni verboten seien. „Ich habe kein Interesse, dagegen zu verstoßen. Wir sagen jedem Kunden: ‚Es gibt keinen Gutschein auf Rezept.‘“

Auch die verkürzte symbolische Darstellung auf dem Flyer ist aus seiner Sicht nicht zu beanstanden, da kein Zusammenhang zwischen Rezepteinlösung und 1€-Gutschein hergestellt werde. Die Vorbestellfunktion bringe übrigens auch viele Vorteile für die Prozesse in der Apotheke. Noch sei es zu früh, ein Fazit zu ziehen, aber aus seiner Sicht gibt es mehr Kunden, die zum Abholen in die Apotheke kommen, als Lieferungen nach Hause.

Der BGH hat zuletzt noch einmal klargestellt, dass jede Form der Bonifizierung bei der Rezepteinlösung verboten ist. In einem verhandelten Fall ging es um Gutscheine im Wert von 50 Cent, im anderen um einen Brötchengutschein. Eine Bagatellgrenze existiert laut BGH nicht, ausgenommen sind lediglich kleine Aufmerksamkeiten, die als Ausdruck der Kundenfreundlichkeit verstanden werden – das viel zitierte Päckchen Taschentücher. Wertgutscheine zu gewähren oder auch nur zu bewerben, ist dagegen eindeutig unzulässig.

Auf dem aktuellen Flyer der Spielberger-Apotheke gibt es keinen Hinweis, dass es beim Bezug verschreibungspflichtiger Arzneimittel keine Gutscheine gibt. Im Gegenteil: Auf der Rückseite ist sogar ein Rezept abgebildet und im Erklärtext wird die Rezepteinlösung detailliert beschrieben. Unter Punkt 5 „Gutscheine erhalten“ heißt es erneut: „Für Rezept- oder Selbstmedikations-Vorbestellungen ab einem Wert von 25€ erhalten Sie den beliebten 1€-Gutschein.“

In der Preussen-Apotheke in Berlin gibt es Taler statt der Gutscheine. Aber es kommt auf dasselbe hinaus: Die Taler haben einen Gegenwert von 50 Cent, Online-Neukunden erhalten zehn Taler. Diese werden ebenfalls bei der Rezepteinlösung gewährt. Eingelöst werden können sie aber nur gegen Prämien oder nicht-verschreibungspflichtige Arzneimittel. Eine Anrechnung auf die Zuzahlung ist nicht möglich.

Die Spielberger-Apotheke war immer schon recht marketingaktiv, der ehemalige Inhaber Cornelius Spielberger hatte die Nachbarschaft mit Rabatten aufgemischt. Stahn hat die Apotheke 2017 übernommen – und damit auch rabattverwöhnten Kunden quasi geerbt. In mindestens einer Nachbarapotheke wurde in der Folge nachgefragt, ob unter dem neuen Besitzer weiter Boni gewährt würden.

Stahn selbst weiß, wie heikel das Thema ist. Schon nach der Übernahme wurde das Team daran erinnert, dass die Rechtsabteilung der Berliner Apothekerkammer in einem Schreiben Rx-Boni noch einmal für unzulässig erklärt hatte. Stahn hatte darauf hingewiesen, man könne aus Kulanz aber weiter Gutscheine herausgeben, etwa „Wartegutscheine“ oder „KK-Gutscheine“. Maximal sechs Gutscheine à 1 Euro sollten aber pro Kunde verteilt werden, hieß es damals im Protokoll zur Teamsitzung.

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