Ärztliche Verordnungen sollen ab 2022 grundsätzlich nur noch per E-Rezept erfolgen. Das sieht das heute vom Bundeskabinett beschlossene Patientendaten-Schutz-Gesetz (PDSG) vor. Im bisherigen Referentenentwurf war noch vorgesehen, dass Arzneimittel weiterhin auf Papierrezepten verordnet werden könnten. Verschärft hat Bundesgesundheitsminitser Jens Spahn (CDU) das Makelverbot von E-Rezepten: Das gilt jetzt umfassend für alle Marktteilnehmer. Für die Mitwirkung an der elektronischen Patientenakte sollen die Apotheker ein Honorar bekommen.
„Die elektronische Verordnung von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln in der Telematikinfrastruktur wird verpflichtend ab dem 1. Januar 2022 vorgegeben“, heißt es jetzt im Gesetzentwurf, der bis zum Herbst vom Bundestag verabschiedet werden soll. Apotheken sollen verpflichtet werden, Arzneimittel nur noch per E-Rezept abzugeben. Allerdings gibt es weiterhin Ausnahmen von dieser Pflicht: Wie bei Ärzten gelte auch hier, „dass die Verpflichtung zur Nutzung elektronischer Verordnungen der Telematikinfrastruktur nur insoweit umgesetzt werden kann, als die hierfür erforderlichen Komponenten und Dienste der Telematikinfrastruktur zum Zeitpunkt der Rezepteinlösung in der Apotheke technisch zur Verfügung stehen“, heißt es im Gesetzentwurf.
Die Vorschriften der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) bleiben bei der Bedienung von E-Rezepten unberührt, „weil auch pharmazeutische Bedenken Anlass sein können, eine Verordnung zu hinterfragen und insoweit bestehende Bedenken vor der Abgabe mit der verschreibenden Person auszuräumen“. Darüber hinaus verbiete die ApBetrO eine Abgabe auch bei Verdacht auf Missbrauch: „Dies muss auch bei der Belieferung von E-Rezepten gelten.“ Die E-Rezept-Pflicht gilt bis auf Weiteres nicht für BtM- und T-Rezepte.
Es bleibt dabei, dass die Gematik eine einzige E-Rezept-App entwickelt, an die sich Drittanbieter andocken können: Dazu erweitert Spahn den Aufgabenbereich der Gesellschaft für Telematik. Die Vorschrift regelt, dass die Gematik Komponenten, die den Versicherten einen Zugangsweg zur Anwendung für die elektronische Übermittlung ärztlicher Verschreibungen über mobile Endgeräte ermöglichen, „unter Orientierung an internationalen Standards entwickeln und zur Verfügung stellen muss“. Gemeint sei die „App“ für den Zugriff auf elektronische ärztliche Verschreibungen durch die Versicherten.
Neben der Möglichkeit des Ausdrucks eines E-Rezept-Tokens, mit dem die Versicherten ihr Rezept bei der Apotheke ihrer Wahl einlösen können, sollen die Versicherten mit einem Token über eine App auf das Rezept zugreifen und dieses über die App einsehen, löschen oder bei einer Apotheke ihrer Wahl einlösen können. „Dabei können Versicherte bereits in der App eine Apotheke auswählen und das Rezept mittels der App direkt an die Apotheke übermitteln“, so der Gesetzesvorschlag. Dem E-Rezept sei dabei eine „Erkennungsmarke“ zugeordnet, die die Einsicht, Zuweisung und den Abruf der elektronischen Verordnung (Token) ermöglicht.
Weiter heißt es dann: „In den Fällen, in denen sich Versicherte für die Aushändigung ihrer Zugangsdaten in Papierform entscheiden (Aufdruck des Token auf Papier), sollte der Papierausdruck aus Gründen der Arzneimitteltherapiesicherheit zusätzlich noch Mindestangaben zum aktuell verordneten Arzneimittel enthalten, beispielsweise den Arzneimittelnamen, oder im Falle einer Wirkstoffverordnung, den Wirkstoffnamen, die es dem Versicherten ermöglichen, den im Zusammenhang mit der elektronischen Verordnung ausgehändigten Papierausdruck einem bestimmten Arzneimittel zuzuordnen.“ Das bekannte Papierrezept wird es also ab 2022 nicht mehr geben, aber eine Papierversion als Ausdruck.
Klar gestellt hat Spahn jetzt wie von der Abda gefordert das Makelverbot: „Es ist für die […] genannten Dritten unzulässig, Verschreibungen, auch in elektronischer Form, zu sammeln, an Apotheken zu vermitteln oder weiterzuleiten und dafür für sich oder andere einen Vorteil zu fordern, sich einen Vorteil versprechen zu lassen, anzunehmen oder zu gewähren“, heißt es jetzt, und die Gesetzesbegründung stellt klar: „Auch eine mittelbare Beeinflussung über Dritte und von den Krankenkassen oder in deren Auftrag bereitgestellte digitale Anwendungen, wie die elektronische Patientenakte, Apps und Plattformen, muss verhindert werden, damit die freie Apothekenwahl nicht hierüber eingeschränkt wird.“
Weiterhin wird ausdrücklich klargestellt, dass die freie Apothekenwahl auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen gewahrt bleiben muss. Durch die Digitalisierung wird die Weiterleitung von Verordnungen deutlich vereinfacht. Die Klarstellung trägt dieser Entwicklung Rechnung. Es soll ausgeschlossen werden, dass unter Berufung auf die Möglichkeiten der Digitalisierung die Anwendbarkeit der Vorschriften zur Gewährleistung der freien Apothekenwahl infrage gestellt wird. Da nicht allein die Apotheken Adressaten der Versorgung gemäß § 31 sind, wird das Zuweisungsverbot allgemein auf alle entsprechenden Leistungserbringer erstreckt.“
Ein Honorar erhalten sollen die Apotheker für ihre Mitwirkung an der ePA: „Für die Unterstützung der Versicherten bei der Nutzung der elektronischen Patientenakte sowie für die Verarbeitung von Daten in der elektronischen Patientenakte erhalten die Vertragsärztinnen und Vertragsärzte eine Vergütung, die Krankenhäuser erhalten einen Zuschlag. Auch Apothekerinnen und Apotheker erhalten eine Vergütung, wenn sie die Versicherten bei der Nutzung und Befüllung der elektronischen Patientenakte unterstützen“, heißt es im Gesetzentwurf. Zur Höhe wird nichts vorgegeben; diese wird von der Selbstverwaltung festgelegt.
Zum aktuellen Kabinettbeschluss erklärt Spahn: „Wir erleben gerade, wie digitale Angebote helfen, Patienten besser zu versorgen. Mit dem Patientendaten-Schutz-Gesetz wollen wir dafür sorgen, dass solche Angebote schnell im Patienten-Alltag ankommen: Das E-Rezept wird nutzbar, Facharztüberweisungen gibt es künftig auch digital. Und jeder Versicherte bekommt die Möglichkeit, seine Daten in der elektronischen Patientenakte sicher zu speichern. Dieses Gesetz nutzt und schützt Patienten gleichermaßen."
Krankenkassen müssen ihren Versicherten ab 2021 eine ePA anbieten. Damit diese auch befüllt wird, erhalten Patienten zeitgleich einen Anspruch darauf, dass ihre Ärzte ihre Daten in die ePA eintragen. Ärzte und Krankenhäuser, die die ePA erstmals befüllen, bekommen hierfür 10 Euro. Die Nutzung der ePA ist freiwillig. Der Versicherte entscheidet, welche Daten in der ePA gespeichert oder wieder gelöscht werden. Er entscheidet auch in jedem Einzelfall, wer auf die ePA zugreifen darf. Neben Befunden, Arztberichten oder Röntgenbildern lassen sich ab 2022 der Impfausweis, der Mutterpass, das gelbe U-Heft für Kinder und das Zahn-Bonusheft in der elektronischen Patientenakte speichern. Versicherte können ab 2022 bei einem Krankenkassenwechsel ihre Daten aus der ePA übertragen lassen.
Ab 2022 sollen Versicherte darüber hinaus die Möglichkeit bekommen, über ihr Smartphone oder Tablet für jedes in der ePA gespeicherte Dokument einzeln zu bestimmen, wer darauf zugreifen kann. Sie können also zum Beispiel festlegen, dass eine Ärztin oder ein Arzt zwar auf die ePA zugreifen darf, dass aber bestimmte Befunde nicht angezeigt werden. Wer seine Daten in der ePA einsehen möchte, kann das auf dem eigenen Smartphone oder Tablet tun. Auch Versicherte, die kein mobiles Endgerät besitzen, bekommen die Möglichkeit, ihre ePA zum Beispiel in einer Filiale ihrer Krankenkasse einzusehen. Die Kassen werden verpflichtet, die technische Infrastruktur dafür ab 2022 zur Verfügung zu stellen.
Ab 2023 haben Versicherte die Möglichkeit, die in der ePA abgelegten Daten freiwillig pseudonymisiert und verschlüsselt der medizinischen Forschung zur Verfügung zu stellen. Überweisungen zu Fachärzten sollen auf elektronischem Weg übermittelt werden können.
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