So funktioniert das Curacado-Projekt Lothar Klein, 27.11.2019 11:24 Uhr
In Frankfurt können sich Kunden ab sofort das Schmerzmittel Thomapyrin Tension Duo innerhalb von zwei Stunden liefern lassen. Im Modellprojekt von Curacado, BD Rowa und Sanofi wird die Apotheke vermittelt. Die Zustellung an die Kunden übernimmt der Lieferdienst Tiramizoo. Die Kosten tragen die Kooperationspartner und nicht die Apotheken. Vor der Auslieferung müssen die Apotheker allerdings beim Kunden anrufen. Im Beratungsgespräch soll der Apotheker aber kein Alternativpräparat empfehlen.
Nach Angaben von Rowa ist die Kooperation keine Konkurrenz zur Initiative Pro AvO, an der neben dem Kommissionierautomatenhersteller und Curacado der Wort & Bild Verlag auch mit seiner Apotheken Umschau sowie Gehe, Sanacorp und Noventi beteiligt sind. Allerdings sei die neue Kooperation auch kein Bestandteil von Pro AvO, sondern ein eigenständiges Modellprojekt. Der Wort & Bild Verlag ist über Curacado eingebunden. Allerdings basiert das neue Modell komplett auf der Webshop-Technik von Curacado und nicht auf der Technik von Pro AvO, die nur einen Teil von Curacado umfasst. Wer den Anstoß zum neuen Geschäftsmodell gegeben hat, wurde nicht verraten.
Aus Sicht von Rowa geht es darum, die Apotheken vor Ort zu stärken: „Wir wollen unsere Rowa-Kunden in die digitale Zukunft transferieren“, sagte eine Sprecherin. Es gehe auch darum, die „starke Kundenbindung“ der Rowa-Apotheken auszubauen, weil diese als erste beim neuen Geschäftsmodell „dabei sein können“.
Die Auslieferung durch den externen Lieferservice von Tiramizoo haben Rowa, Curacado und Sanofi nach eigenen Angaben rechtlich prüfen lassen. Botendienst solle zukünftig grundsätzlich auf Kundenwunsch zulässig sein, teilte Rowa mit. Hierbei gebe es zwei Unterschiede: „Wenn die Beratung in der Apotheke oder per Telekommunikation stattgefunden hat, dann kann ungelerntes Personal den Botendienst durchführen. Findet die Beratung erst bei der Übergabe zu Hause an der Tür statt, dann muss pharmazeutisches Personal den Botendienst durchführen. Dabei muss das Rezept vor der Übergabe der Arzneimittel geprüft und abgezeichnet werden.“
Laut neu gefasster Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) muss der Botendienst allerdings durch Boten der Apotheke durchgeführt werden. Dort heißt es: Die Zustellung von Arzneimitteln durch Boten der Apotheken ist ohne Erlaubnis nach Apothekengesetz zulässig. Bei der Verordnungsänderung hatte es eine Kontroverse um diese Formulierung gegeben. Eingefügt wurde „durch Boten der Apotheke“, um eine Auslieferung durch externe Lieferdienste zu verhindern. Wie Rowa ergänzend mitteilte, verfügen alle am Modellprojekt teilnehmenden Apotheken über eine Versandhandelserlaubnis. Daher sei die Auslieferung durch Tiramizoo zulässig. Es handele sich also nicht um eine Lieferung im Rahmen des Apothekenbotendienstes.
Laut Rowa beraten die Apotheker bei dem gemeinsamen Projekt den Kunden am Telefon vorab fernmündlich. „Hier kann auch eine Beratung zu weiteren Produkten stattfinden. Das Medikament wird im Anschluss personalisiert (mit Name und Adresse versehen) und verschlossen verpackt, bevor es an den Lieferdienst übergeben wird.“ Die Bestellung erfolgt über die Thomapyrin-Website von Sanofi; von hier aus kommt man zum Thomapyrin-Webshop, der wiederum von Curacado betrieben wird. Hier kann der Kunde eine Apotheke auswählen; angezeigt werden die jeweiligen Verkaufspreise. Der Kaufvertrag wird hier bereits geschlossen; der Kunde bezahlt per Kreditkarte, Paypal oder Lastschrift.
Die Apotheken, allesamt Rowa-Kunden, versenden die Bestellung innerhalb von 120 Minuten – für den Endkunden kostenfrei. Welche Preise für Curacado aufgerufen werden, geht aus Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) hervor, die bei einer Testbestellung mitgeschickt wurden: Demnach kostet die Auslieferung normalerweise 3,50 Euro. Ab einem Mindestbestellwert von 20 Euro sind es 2 Euro, aber 40 Euro liefert die Frankfurter Apotheke kostenfrei. Der Kunde kann dann auch bei Übergabe zu Hause oder in der Apotheke bar oder mit EC-Karte bezahlen. Auch hier ist die Zahlung vorab beim Bestellprozess mit Kreditkarte oder Paypal möglich.
Rowa, Sanofi und Curacado haben sich für das Pilotprojekt in Frankfurt zusammengeschlossen, „um die Apotheke vor Ort zu stärken und ihre Leistungsfähigkeit aufzuzeigen“. „Die Apotheke vor Ort ist der schnellste und sicherste Weg der Medikamentenbeschaffung“, so Dr. Jonas Kaiser, Director Global Marketing and Strategy von BD Rowa. „Mit starken Partnern möchten wir unseren Kunden aufzeigen, welche Möglichkeiten es zum Aufbau einer lokalen Versorgungsplattform gibt.“
Durch dieses Pilotprojekt hätten Apotheken auch heute schon die Möglichkeit, sich auf zukünftige Szenarien wie das E-Rezept und die damit verbundenen Abläufe in ihrer Apotheke vorzubereiten. „Gleichzeitig können sich Endkunden vom einfachen Weg der Online-Bestellung in der Apotheke vor Ort überzeugen, ein Szenario, das sie auch von unserer gemeinsamen Plattform ,Pro AvO’ erwarten werden.“
Knapp 30 Apotheken aus dem Stadtgebiet nehmen bis Ende Dezember an der Aktion teil. „Mit der technischen Lösung von Curacado kann jede Apotheke einfach und schnell einen Webshop anbieten. Mit diesem Pilotprojekt in Frankfurt sammeln wir Erfahrungen für einen deutschlandweiten Roll-out zur Stärkung aller Vor-Ort-Apotheken“, so Dr. Johann Kempe, Geschäftsführer von Curacado und Chief Technology Officer (CTO) des Wort & Bild Verlages.
Damit die Bestellungen schnell abgewickelt werden und ein reibungsloser Ablauf in der Apotheke stattfindet, hat Curacado bei den teilnehmenden Apotheken die entsprechende technische Umgebung eingerichtet und die zentrale Bestellseite inklusive Apothekenfinder, Payment und den Lieferservice realisiert. Auch das Apothekenpersonal wurde vorbereitet und geschult.
Parallel zur Aktion startet Sanofi eine breit angelegte Kampagne. Diese soll Aufmerksamkeit erzeugen, lokale Suchanfragen nach Kopfschmerzen und Marke direkt in den Bestellprozess lenken und insgesamt interessierte Frankfurter für auf die neue Möglichkeit hinweisen. „Wir investieren in unser digitales Marketing und möchten mit unseren Online-Kampagnen unseren wichtigsten Absatz-Kanal, die stationäre Apotheke, in die digitale Wertschöpfung integrieren“, sagt der neue OTC-Deutschlandchef Sven Langeneckert.
„Die Relevanz lokaler Suchanfragen mit ,Shopping-Bezug’ nimmt seit Jahren zu, auf diesen Trend wollen wir gemeinsam mit unseren Partnern dieses Modells setzen und Konsumenten einen neuen, bequemen Zusatz-Service bieten“, so Joss Hertle, Head of Digital Transformation.