Steuerfahndung

Selbstanzeige: Wettlauf mit dem Finanzamt

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Berlin -

Wer als Apotheker mit Hilfe einer speziellen Software in den vergangenen Jahren an der Kasse vorbei verdient hat, muss damit rechnen, dass die Steuerfahndung demnächst vor der Tür steht. Denn nach den Durchsuchungen bei Lauer-Fischer sind vermutlich ganze Kundenlisten in der Hand der Finanzprüfer. Keine Panik, raten Steuerberater ihren Mandanten – zumindest jenen, die kein schlechtes Gewissen haben müssen. Wo allerdings ein sogenannter „Zapper“ zum Einsatz gekommen ist, muss schnell gehandelt werden. Wie, darüber streiten auch die Experten.

„Es wird zuviel Wind gemacht“, sagt Rico Theuring von der Kanzlei Theuring in Dresden. Nicht jeder Apotheker, der die Software von Lauer-Fischer benutze, habe zwangsläufig manipuliert. Ohnehin sei schwer nachweisbar, wer sich an der Kasse zu schaffen gemacht habe – der Apotheker oder ein Mitarbeiter. „Selbstanzeigen halte ich zum jetzigen Zeitpunkt für übertrieben.“

Das sieht man bei der Treuhand Hannover anders: Bereits wenige Tage nach den Durchsuchungen bei Lauer-Fischer hatte die Steuerberatungsgesellschaft vor „strafprozessualen Maßnahmen gegen Kunden der betroffenen Softwarefirma“ gewarnt. Im Zweifelsfall führe an einer „vollständigen und rechtzeitigen strafbefreienden Selbstanzeige“ kein Weg vorbei.



Doch genau hier liegt der Knackpunkt: Jede Selbstanzeige muss rechtzeitig eingereicht werden – also vor der Aufdeckung durch die Finanzprüfer. Theoretisch könnte schon morgen die Prüfungsanordnung mit der Post kommen – sofern die bloße Nutzung von WinApo als Anfangsverdacht ausreicht. Rund 5000 Apotheken könnten ins Visier der Fahnder rücken, und für einen Teil von ihnen wäre es dann zu spät für die Flucht nach vorne.

Entsprechend reflexartig waren offenbar die Reaktionen auf die Fahndungsmaßnahmen bei Lauer-Fischer: „Wir helfen schon konkret in einigen Fällen“, berichtet Treuhand-Chef Dr. Klaus-Martin Prang. Nach Schätzungen aus der Branche nutzt jeder fünfte Mandant der Treuhand die Software von Lauer-Fischer.

Im persönlichen Gespräch wird zunächst abgefragt, was der Mandant zu den Vorgängen weiß. Das kann schon schwierig werden, denn vermutlich werden die wenigsten Steuerhinterzieher Buch geführt haben. Eine Selbstanzeige wirkt aber seit einem Jahr nur noch dann strafbefreiend, wenn sie alle noch nicht verjährten Sachverhalte abdeckt – ansonsten hat der Apotheker doppeltes Nachsehen: Zur Nachveranlagung hinzu kommt die Strafe wegen Steuerhinterziehung, die zwischen 20 und 60 Prozent des nachzuzahlenden Betrags liegen kann.

 



„Im Zweifel müssen wir einen höheren Betrag schätzen und hinterher nacherklären“, sagt Prang. Ein solches Vorgehen findet allerdings Dr. Bernhard Bellinger vom Steuerberater-Verbund Apo-Audit problematisch: Denn wenn man die Summe allzu hoch ansetzt und noch dazu einen Sicherheitszuschlag aufgedrückt bekommt, steigt das Risiko, auf den Nachzahlungsbeträgen endgültig sitzen zu bleiben – nämlich dann, wenn sich das Finanzamt mit der Schätzung zufrieden gibt. Einen Anspruch auf Betriebsprüfung gibt es laut Bellinger nicht.

Dazu kommt, dass zu hohe Schätzungen in der Fläche erst Recht Begehrlichkeiten wecken dürften. Zwar soll es bei den Finanzprüfern derzeit weder die Kapazitäten noch eine Software geben, mit der sich die Manipulationen aufspüren ließen. Trotzdem raten die Experten zur Eile: Bis spätestens Sommer sei damit zu rechnen, dass zahlreiche Prüfungsanordnungen bekanntgegeben würden, schätzt Bellinger.

Er hat gemeinsam mit seinen Kollegen eine Software entwickelt, mit der sich die manipulierten Beträge rekonstruieren lassen, und rät Apothekern, auf Basis möglichst korrekter Daten möglichst bald Selbstanzeige einzureichen. Auch zum Jahresende könnte der Fiskus noch einmal über die Branche hinweg ziehen: Dann nämlich drohten Vorgänge aus dem Jahr 2005 zu verjähren. Wer mehr als 50.000 Euro pro Jahr abgezweigt hat, muss sogar zehn Jahre lang mit Nachprüfungen rechnen.

 

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