Arzneimittelsicherheit

Securpharm-Rätsel: Niemand findet den Fehler

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Berlin -

Beinahe täglich gibt es in den Apotheken Probleme mit dem Securpharm-System. Manchmal lassen sich die Fehler rasch beheben, in anderen Fällen dauert es Tage, bis die Ursache geklärt ist. Kürzlich gab es in der Sonnen-Apotheke von Gunnar Müller ein Problem mit Pantoprazol von 1A Pharma. Der Scanner konnte den QR-Code nicht auslesen. Nach mehreren Tagen ist immer noch nicht klar, woran das liegt. Die Beteiligten sind ratlos. Jetzt wird die Packung auf Herz und Nieren geprüft. 

Zunächst meldete sich Apotheker Müller bei der Hotline des Herstellers. Von dort kam lediglich die Empfehlung, seinen Scanner zu überprüfen. Diese Auskunft empfand der Apotheker allerdings als „wenig hilfreich“, schließlich arbeitet der Scanner bei allen anderen Arzneimitteln in seiner Apotheke reibungslos. „Nach Rücksprache mit dem Anbieter unseres Warenwirtschaftssystems müssen wir vielmehr davon ausgehen, dass der von Ihnen aufgebrachte QR-Code – trotz äußerlich einwandfreier Beschaffenheit –dennoch nicht beziehungsweise nicht vollständig lesbar ist“, mailte Müller an 1A Pharma.

Gegenüber APOTHEKE ADHOC lieferte ein Firmensprecher zunächst folgende Erklärung: Der Mutterkonzern Novartis übermittle tagtäglich eine große Datenmenge aller europaweit neu in Verkehr gebrachten Arzneimittel zentral an einen Hub nach London. Von dort ziehe sich das deutsche Securpharm-System die Daten auf einen Hub in Deutschland, um sie in die Warenwirtschaftssyteme einzuspeisen. Diese Datenmenge sei so groß, dass sie von Securpharm nicht ohne Probleme verarbeitet werden könne. Die Folge: Jeden Tag gebe es eine relevante Anzahl von Fehlermeldungen, die man bemüht sei, im Einzelfall mit jedem Apotheker zu klären.

Allerdings trifft diese Erklärung des Firmensprechers nicht den Kern des Problems: Der Scanner des Apothekers erkennt offenbar nicht den vollständigen QR-Matrixcode. Es folgte die Meldung: „Eventuell Bestandsware – die Seriennummer oder die Charge dieser Packung ist dem System nicht bekannt. Sollte eine sorgfältige Prüfung keine Auffälligkeiten ergeben, die auf eine Fälschung hinweisen, kann die Packung abgegeben werden.“ Bei einem händischen Eintrag erfolgte hingegen eine ordnungsgemäße Securpharm-Anzeige: „Prüfung erfolgreich. Die Packung ist abgabefähig.“

Bei Securpharm kann man sich den Vorgang nicht recht erklären: „Alle Hochladevorgänge von Pantoprazol durch 1A Pharma, die vom EU-Hub an das Securpharm-System gestartet wurden, sind auch erfolgreich und ohne irgendeinen Fehler zu Ende geführt worden (geprüft wurde von uns der Zeitraum vom 1. Mai bis heute). Die Daten werden vom Hersteller über den EU-Hub an die nationalen Systeme wie Securpharm gesandt – Securpharm ‚holt‘ sich also keine Daten ab. Securpharm hat kein Problem mit der Verarbeitung großer Datenmengen; wir sind für die maximale Belastung konzipiert. Bei Nutzung des Securpharm-Systems können an jeder Stelle der pharmazeutischen Lieferkette Handhabungsfehler geschehen. Wir bitten um Verständnis, dass wir ohne Kenntnis des konkreten 2D-Data-Matrix-Codes keine Aussage zur konkreten Packung und zum hier aufgetretenen Fehler machen können.“

Jetzt ist die Ratlosigkeit groß. Sandoz will den Vorgang gründlich unter die Lupe nehmen. Eine erste Prüfung ergab folgendes: „Wir konnten den 2D-Code auslesen und da stimmen die Daten auch mit den Klardaten überein.“ Das Verfalldatum sei Tag-genau codiert und sei damit auch korrekt. „Ich habe mich auch noch mal versichert, dass alle Packungen mit Kameras kontrolliert werden. Beim sogenannten Chargen-Upload dürfen ja nur die tatsächlich als ‚Gutware‘ befundenen Packungen in den EU-Hub geladen werden. Ich kann Ihnen daher leider nicht sagen, woran es liegt, dass diese Packung von Ihrem Scanner nicht gelesen werden konnte. Tut mir leid“, so ein Sandoz-Firmensprecher.

Sandoz-Mutter Novartis will dem Problem jetzt auf den Grund gehen und hat Müller gebeten, die fragliche Packung einzuschicken: Daher „bitte ich Sie uns die Packung zuzusenden, bei der der DMC bei Ihnen unleserlich ist. Anhand der Abbildung können wir den Code nicht verifizieren. Selbstverständlich erstatten wir Ihnen den Aufwand und werden Sie über den Ausgang der Untersuchung unterrichten. Weshalb die SN bei dem Abscannvorgang in Ihrer Apotheke lediglich eine dreistellige Zahl ergab, können wir – ohne dass uns die Packung vorliegt – nicht eruieren.“ Auf das Ergebnis darf man gespannt sein.

Bei Teva gab es kürzlich ebenfalls einen Fall, der beim Hersteller aber als so unproblematisch eingestuft wurde, dass man auf einen Rückruf der Ware verzichtete. Wie eine Sprecherin des Generikaherstellers gegenüber APOTHEKE ADHOC bestätigte, war das Problem bei dem Neuroleptikum Dominal (Prothipendyl) aufgetreten. Insgesamt waren drei Chargen mit der PZN 14179534 betroffen, das ist die 50er-Packung mit 40 mg Wirkstoff.

Anders als in anderen Fällen gab es hier aber keine Verwechslung bei der Packungsgröße oder Wirkstärke: „Lediglich der Produktname hat sich leicht verändert, damit aber auch die PZN“, erklärt die Teva-Sprecherin. Aus diesem Grund musste aus Sicht des Herstellers auch kein Rückruf der Präparate erfolgen. „Die Ware ist qualitativ einwandfrei, es besteht keinerlei Patientenrisiko. Nichtsdestotrotz wurden die Chargen gesperrt und umgepackt“, so die Sprecherin.

Auch Mundipharma hatte unlängst einen falschen 2D-Code auf einer Packung: Der Hersteller hat die Ware aber vom Großhandel zurückgeholt. Doch mindestens eine Packung hatte es schon in eine hessische Apotheke geschafft: Auch hier fiel auf, dass der herkömmliche Strichcode korrekterweise Oxycodon akut von Krugmann in der Variante 100 Stück à 20 mg anzeigte, der 2D-Code dagegen eine 20er-Packung. Laut Mundipharma wurden bei der Produktion der Generikatochter Krugmann die Codes vertauscht, sodass sämtliche N3-Packungen einer Charge im 2D-Code als N1 hinterlegt wurden und umgekehrt. Nur bei der N2 mit 50 Stück war alles korrekt. Der Rückruf auf Großhandelsebene sei direkt am ersten Tag erfolgt, erklärte eine Mundipharma-Sprecherin.

Gleich zum Start von Securpharm im Februar hatte der Spezialhersteller ViiV einen fehlerhaften Data-Matrix-Code bei einem HIV-Präparat aufgedruckt. Der 2D-Code enthielt neben dem korrekten Produktcode für die 90er-Packung zusätzlich die PZN der 30er-Packung. Dies war zwar nicht korrekt, hatte dem Gemeinschaftsunternehmen von GlaxoSmithKline (GSK), Pfizer und Shionogi Seiyaku zufolge aber keinen Einfluss auf die Qualität und Abgabefähigkeit des Produktes.

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