Securpharm: Hoffentlich funktioniert der Etikettendrucker Anja Alchemilla, 27.01.2019 09:04 Uhr
Anja Alchemillas Filiale gehört zu den ausgewählten Pilotapotheken, die das Securpharm-System vorab nutzen und prüfen sollen. Daher haben sie und ihre Mitarbeiter bereits heute die Probleme, die auf ihre Kollegen erst in ein paar Tagen zukommen. Anja fragt sich, ob dieser enorme Aufwand angesichts von knapp 40 gefälschten Arzneimittel, die in den öffentlichen Apotheken zwischen 1996 und 2008 gefunden wurden, gerechtfertigt ist.
„Anja… ich habe da ein Problem.“ Zerknirscht steht PTA Sonja vor ihr und deutet rüber zu Kasse 3. „Ich habe gerade ein Antibiotikum abgegeben. Es war ohne Zuzahlung, und ich habe Herrn Müller noch erklärt, wie und wann er es einnehmen soll. Er hat es eingesteckt und ist rausgegangen, bevor ich den Vorgang beendet habe. Jetzt steht da, daß ich es aus dem Securpharm-System ausbuchen muss. Es ist ja aber schon weg.“ Anja rollt mit den Augen, denn genau dasselbe ist ihr auch schon passiert.
„Haben wir noch eine zweite Packung Amoxicillin AL 1000 mit 20 Stück an Lager?“, ruft sie ins Backoffice. PKA Arife kümmert sich sofort darum. „Ja, ich lagere sie euch vorne aus.“ Anja erklärt Sonja, wie sie in so einem Fall vorgehen kann: „Du scannst jetzt bitte nicht den 2-D-Code ab, sondern nur die PZN. Der Scandialog fragt dann, ob ein Data-Matrix-Code vorliegt. Die Frage beantwortest du mit ‚nein‘, das wird er noch schlucken. In der Übergangsfrist, in der noch nicht alle Securpharm-pflichtigen Medikamente den Code aufgedruckt haben müssen, machen wir das am besten immer so.“ Sonja ist erleichtert.
„Puh, das ist ja nochmal gut gegangen! Und was hätten wir gemacht, wenn wir keine zweite Packung dagehabt hätten?“ Anja nickt, denn auch diesen Fall hatten sie schon. „Gute Frage. Wir machen das so wie vor 14 Tagen. Das hast Du nicht mitbekommen, weil du im Urlaub warst. Das System wollte nämlich, daß wir bei wiederaufgenommenen Vorgängen alles neu einscannen. Das war oft nicht möglich, wenn der Kunde die Packungen schon mitgenommen hatte. In so einem Fall druckst du bitte ein Packungsetikett mit Barcode auf dem Etikettendrucker aus und scannst das ab.“
„Du meinst die Etiketten, die wir auf die Blutlanzetten draufkleben, die sich vorne mit dem Originalcode nicht einscannen lassen? Geniale Idee.“ Anja atmet schwer ein. „Ja, aber es hat einen Moment gedauert, bis wir drauf gekommen sind, muss ich sagen. Zum Glück erkennt das System inzwischen, welche Vorgänge bereits abgeschlossen sind und was daher nicht mehr neu eingescannt werden muss. Für diese Fälle sind wir ja Pilotapotheke – um zu sagen, was im Normalbetrieb Probleme bereitet.“
„Meinst du, dass jetzt wirklich alles sicherer wird“, fragt die PTA. „Immerhin stammen die meisten Fälschungen ja aus dem illegalen Online-Versand und nicht aus den legalen Vertriebswegen in Deutschland.“ Die Filialleiterin stimmt ihr zu. „Das sehe ich genauso. Und so lange Staaten wie Italien und Griechenland noch außen vor sind, weiß ich eigentlich nicht, warum ausgerechnet Deutschland da wieder den Musterschüler der ersten Stunde geben musste. Aber wir werden ja nicht gefragt in der Politik.“ In diesem Moment meldet sich die PTA an Kasse 2 mit dem nächsten Problem.
„Anja, ich komme hier auch nicht weiter, kannst du mal bitte schauen?“ Die wartende Kundin ist bereits ungeduldig und zeigt auf ihre Uhr am Handgelenk. „Geht das hier nicht etwas schneller? Mein Bus kommt gleich, ich habe es eilig.“ Die Packung hat keinen 2-D-Code und auch die PZN lässt sich nicht scannen. Offenbar hat die Firma vor der achtstelligen Nummer ein Leerzeichen mit eingepflegt, das der Scanner nicht lesen kann. „Das ist wieder ein Fall für den Etikettendrucker?“ Anja grinst. „Genau Sonja, du hast es verstanden. Offenbar wird der alte Etikettendrucker in den nächsten Monaten zu unserem besten Freund. Schöne neue Pharmawelt. Man muss sich nur zu helfen wissen.“