Fehlermeldungen zum Start erwartet

Securpharm: „Das System wird sich warmlaufen“

, Uhr
Berlin -

Wenn am kommenden Samstag Securpharm scharfgeschaltet wird, kann es in Apotheken zu technischen Fehlermeldungen kommen. Schuld sind Packungen, die zwar schon einen 2D-Code tragen, aber noch nicht im System registriert sind. „Das führt dazu, dass auch Packungen Warnsignale auslösen, die vollkommen in Ordnung sind“, kündigte Securpharm-Integrationsmanager Dr. Norbert Gerbsch an.

„In der Anfangsphase sind technische Fehlermeldungen zu erwarten. Das System wird sich warmlaufen“, so Gerbsch. In welchem Ausmaß diese Meldungen auftauchen werden, lässt sich noch nicht abschätzen. „Fehler können wir weitgehend abfangen, aber nicht ausschließen“, so Gerbsch. Und: „Wir werden rückläufige Fehlermeldungen sehen.“ Da die Kontrolle in der Apotheke ergeben wird, dass es sich bei den betroffenen Packungen um Bestandsware handelt, können diese bedenkenlos abgegeben werden.

In den vergangenen zwei Wochen ist das Securpharm-System von den Herstellern massiv mit Daten gefüttert worden. Geschäftsführer Martin Bergen berichtete von einem Anstieg von 60 Prozent bei den Packungen. Stand Montagmorgen waren 160 Millionen Packungen hinterlegt. „Das System fährt hoch“, so Bergen. Dieser „Kaltstart“ ist auch für die Verantwortlichen eine spannende Phase und große Herausforderung. Jetzt zeigt sich, ob das System unter Last läuft. Die Apotheken sollen im Verlauf der Woche noch einmal eine Information mit Tipps zur Umsetzung erhalten.

Europaweit erhalten ab dem 9. Februar zehn Milliarden Packungen einen „Personalausweis“, wie es die Verantwortlichen bei Securpharm nennen. Über den 2D-Code ist jede Packung individuell registriert und wird bei der Abgabe aus dem System ausgebucht. Der Stichtag gilt für das Inverkehrbringen auf Seiten der Hersteller. Aktuell zählen entsprechend noch 90 Prozent zur Bestandsware, die bis zum Ablauf ihres Verfallsdatums ganz regulär abgegeben werden darf. Zum Glück: Zwischenzeitlich war auf EU-Ebene darüber diskutiert worden, alle Packungen auf einen Schlag aus dem Verkehr zu ziehen und umzutauschen. Das hätte mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem totalen Chaos und Versorgungsengpässen geführt.

Die Apotheken müssen sich an das System anbinden. Securpharm-Chef Bergen stellt aber klar: „Wir können niemanden zwingen.“ Der Gesetzgeber habe bewusst die Aufsichtsbehörden mit der Kontrolle betraut, ob die Apotheken mitmachen. Sie sind hierzu allerdings gesetzlich verpflichtet. Mit dem GSAV soll zudem eine konkrete Sanktionsmöglichkeit für Verweigerer definiert werden. Bei Securpharm geht man aber davon aus, dass die Anbindung faktisch flächendeckend erfolgt ist. Alle Apotheken seien mit der Zertifikation ausgestattet, so Gerbsch.

Die Apotheker mussten als Nutzer des Systems selbstständig Verträge abschließen und sich an das System anbinden. Auch für die Hardware in Form von Scannern sind sie selbst verantwortlich. Der Inhaber muss zudem dafür sorgen, die Prozesse zu etablieren und sein Personal zu schulen. Und natürlich muss das System dann auch genutzt werden.

Der 9. Februar wird den Verantwortlichen zufolge nur der Startschuss für Securpharm sein: „Es werden Ausbaustufen folgen“, kündigte Gerbsch an. Zunächst werde ein „Basispaket“ eingeführt. Wie konkret die Weiterentwicklung aussehen wird, kann man jetzt noch nicht sagen. Aber man werde sich – wie bei jeder Software – mit Updates auseinandersetzen müssen, kündigte er an.

Bei Securpharm ist man dem mit dem Erreichten sehr zufrieden: „Wir können mit Stolz sagen: Die zentralen Systeme stehen bereit und können genutzt werden“, so Bergen. Denn die Frist zur Einführung von drei Jahren klinge zwar nach viel Zeit, sei aber eine „sportliche Anforderung“ gewesen, so Gerbsch. Schließlich musste der rechtliche Teil in konkrete Verfahrensabläufe übersetzt werden. Allein in Deutschland sind 500 verschiedene IT-Provider eingebunden. Die EU-Kommission habe die Gesamtkosten einmal auf 10 bis 12 Milliarden Euro geschätzt.

Das betraf vor allem die Hersteller, die ihre Produktion umstellen müssen. Einzelne Hersteller hätten rund 150 Millionen Euro investiert. Neben der zufällig generierten Seriennummer wird mit Securpharm auch ein haptischer Schutz eingeführt, damit die sicheren Packungen nicht mit gefälschter Ware befüllt werden können. Diese Sicherung kann aus einem Klebesiegel, einer Perforation oder Heißkleber bestehen. „Die Kosten für den Endnutzer sind sehr überschaubar“, so Bergen. Die Registrierungsgebühr von 125 Euro für Apotheken hat hierzulande die ABDA übernommen. Die Apotheken sind aber mit zehn Euro monatlich für den Betrieb dabei, gegebenenfalls weitere Kosten für ihre Software.

Das Securparm-System ist eingebettet in ein europaweites Schutzsystem der legalen Lieferkette gegen gefälschte Arzneimittel. Zunächst gehen in 26 EU-Mitgliedstaaten sowie in Norwegen, Island und Liechtenstein die Sicherheitssysteme in Betrieb. Bis 2025 kommen dann auch die Systeme Italiens und Griechenlands dazu. Die britische Regierung hat Gerbsch zufolge das System – trotz Brexit-Debatte – in Betrieb gesetzt und angekündigt, es unabhängig von der weiteren politischen Entwicklung in Betrieb zu halten. Ein paar Fragen seien hier noch offen.

Allein für Deutschland mussten die Arzneimittelhersteller die Fertigung von fast 60.000 unterschiedlichen Produkten so umstellen, dass sie die neuen Sicherheitsmerkmale erhalten. Hierzulande werden pro Jahr rund 750 Millionen Packungen verschreibungspflichtiger Arzneimittel in öffentlichen Apotheken abgegeben. Rund 22.000 Hersteller, Apotheken, Großhändler und Kliniken wurden an das Securpharm-System angebunden.

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Neuere Artikel zum Thema

APOTHEKE ADHOC Debatte