Schwarzwald

Landapotheke mit 31: „Dass alles passt, ist selten“

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Berlin -

Just als dem Apotheker Gerd Isenberg klar war, dass er aufgrund einer schweren Erkrankung beruflich kürzer treten und seine Schwarzwald-Apotheke in Bonndorf verpachten muss, traf auch Christopher Schlieper eine zukunftsweisende Entscheidung. Er wollte in die Heimat, den Schwarzwald, zurückkehren und dort eine Apotheke übernehmen. Die Entscheidung für den Standort an der Grenze zu Schaffhausen aufgrund von harten ökonomischen Faktoren: Nach Auffassung des 31-jährigen Pharmazeuten gibt es im Schwarzwald nur eine begrenzte Anzahl an Apotheken, die reizvoll für einen jungen Apotheker sind.

Wenn eine eigene Apotheke, dann nur im Schwarzwald, stand für Schlieper fest. Nicht nur wohnt seine Familie dort. Kaum eine andere Region habe mehr zu bieten, sagt er. „Ich schätze die Lebenseinstellung der Menschen hier und der Freizeitwert ist außerdem sehr hoch“, sagt der Apotheker, der aus einer alteingesessenen Apothekerfamilie aus Hinterzarten stammt.

Doch irgendeine Apotheke sollte es auch nicht werden. Erst in der Schwarzwald-Apotheke sah Schlieper genau das, was er immer gesucht hatte: Ein Traditionshaus in ländlicher Region, wo er einen engen Kontakt zu den Menschen pflegen kann. „Zwar ist es sehr anspruchsvoll, eine Apotheke auf dem Land erfolgreich zu führen, aber auch erfüllender“, sagt der Apotheker. „Ich bin ein Landapotheker. Jeder, der vorbeikommen will – wenn auch nur zum reden – der darf es gern.“

Der Pharmazeut beschreibt Bonndorf als eine sehr lebendige Kleinstadt, die es geschafft habe, sich einzelhandelfreundlich aufzustellen. „Bonndorf hat auch eine Größe, die es interessant macht, sich hier etwas aufzubauen“, sagt Schlieper. Die Apotheke befinde sich bereits seit knapp 200 Jahren im Zentrum und gehöre untrennbar zum Stadtbild. Auch bei der Ärztedichte sieht es im Vergleich zu vielen anderen Gemeinden in ländlichen Regionen gut aus. Sieben Ärzte, darunter mehrere Allgemein- und Kinderärzte, praktizieren in Bonndorf. „Dass einfach alles passt, ist selten, deshalb habe ich mich sehr schnell für die Übernahme entschieden“, sagt der 31-Jährige.

Während Schlieper ein neues Kapitel seiner Laufbahn als Apotheker beginnt, klappt Isenberg für sich ein traditionsreiches Geschichtsbuch zu. In dritter Generation hat er die Schwarzwald-Apotheke seit 1991 geführt. Der Abschied fällt dem Apotheker schwer. Es falle aber auch viel Druck von ihm ab, sodass die Freude überwiege. „Ich habe jetzt Zeit für meine Hobbys, beispielsweise für das Reiten, und für die innere Weiterentwicklung", sagte der Apotheker gegenüber der Badischen Zeitung. In Bonndorf hatte er sich auch zehn Jahre lang als Kommunalpolitiker eingebracht; er war lange Zeit im Vorstand des Handels- und Gewerbevereins aktiv.

Sehr wichtig war es Isenberg, seine Apotheke in gute Hände zu übergeben. „Jeder Mitarbeiter hat seine Geschichte – und einen 'Säckel' als Chef hätte ich ihnen nie zumuten wollen“, sagte er. Dass er nun mit dem jungen Apotheke einen Nachfolger für seine Apotheke gefunden hat, dem die ländlichen Strukturen am Herzen liegen, lasse ihn beruhigter gehen.

Der neue Chef ist sich im Klaren darüber, dass es in Zeiten von boomenden Versandapotheken nicht ganz einfach sein wird, das Geschäft im finanziell sicheren Fahrwasser zu halten. Allerorten schrumpft die Zahl der Apotheken, weil sie sich nicht mehr profitabel führen lassen. Erst vor einem Jahr wurde die zweite Apotheke in Bonndorf geschlossen. Das gleiche Schicksal hat einige weitere Apotheken in der näheren Umgebung ereilt.

Dennoch glaubt der junge Pharmazeut an eine erfolgreiche Zukunft der Schwarzwald-Apotheke. Er setzt auf kompetente Beratung und Service sowie auf Kundenfreundlichkeit und Vertrauen. „Bei gesundheitsrelevanten Themen suchen die meisten Menschen doch noch die direkten Ansprechpartner“, ist er überzeugt. „Den Service kann ein Versandhandel einfach nicht bieten.“ Eine Vor-Ort-Apotheke sei zu alledem im Notfall auch noch schneller lieferfähig als ein Versandhandel.

Auf seine Aufgabe ist der junge Apotheker bestens vorbereitet. Nicht nur hat er nach seinem Pharmaziestudium in Budapest berufsbegleitend eine Ausbildung zum Apotheker-Betriebswirt absolviert. Unmittelbar vor der Übernahme der Schwarzwald-Apotheke hat Schlieper drei Jahre lang eine Apotheke in Zürich als Geschäftsführer geleitet.

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