Lieferungen werden beschlagnahmt

Schutzkleidung: Apotheken im Stich gelassen

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Berlin -

Um sich und die Kunden vor einer Übertagung des Coronavirus zu schützen, möchten viele Apotheken ihre Teams mit Schutzausrüstung ausstatten. Aber das ist gar nicht so einfach: Die Ware ist knapp, teilweise werden Lieferungen beschlagnahmt. Und die Hilfe von offizieller Stelle ist oft dürftig, wie Apotheker berichten.

Zuletzt hatte Apotheker Dr. Stefan Spaniel Kontakt zu einem Importeur für Schutzmasken aus China: 22,90 Euro das Stück, wenn er mindestens 300 abnehmen würden. Doch während der Inhaber der Löwen-Apotheke in Feuchtwangen noch nachdachte, ob ihm der Spaß wirklich knapp 7000 Euro wert ist, war das Angebot auch schon wieder vergriffen. Trotzdem ist er weiter auf der Suche nach Masken, nicht nur für sein Team, sondern auch für Patienten, die regelmäßig zur Dialyse müssen und oft verzweifelt in den Apotheken nachfragen.

Eigentlich hatte Spaniel schon eine Lieferung über 200 Masken erwartet. Doch die seien mit der gesamten Sammelbestellung noch am Flughafen beschlagnahmt worden: „Es scheint so, dass Minister Spahn alle Schutzmasken beschlagnahmen lässt und an die Kliniken liefert, erklären meine Lieferanten“, schrieb Spaniel schon Anfang der Woche. Die Arbeit der Apotheker, die Masken in Eigenregie zu besorgen, werde so möglicherweise konterkariert. „Wir bekommen keine geliefert“, so der Apotheker. Plötzlich seien zudem „Rohstoff-Aufkäufer“ für Grundstoffe zur Herstellung von Desinfektionsmittel unterwegs. Die versuchten, andere Bewerber trotz schon erfolgter Bestellung abzudrängen. Ob diese wie kolportiert für den Bund unterwegs seien, wisse er allerdings nicht. Von Lieferanten jedenfalls werde behauptet, auch Ethanol sei beschlagnahmt worden.

Seine Erfahrung haben aber auch andere Kollegen schon gemacht. Zum Beispiel Apothekerin Michelle Zimmerhofer, Inhaberin der Kern-Apotheke in Düsseldorf. Sie hatte über FFP2-Masken über den Dienstleister Pharma Solutions bestellt. Doch dann kam die Absage: „Heute wurde uns vom unseren Lieferanten mitgeteilt, dass die von uns bestellten Masken von politischer Seite beschlagnahmt wurden und den Gesundheitsämtern beziehungsweise der Bundeswehr zugeführt werden. Insofern können wir die bestellten Masken derzeit nicht an Sie liefern“, schrieb der Zwischenhändler am vergangenen Freitag.

Zimmerhofer hatte Kontakt mit Kollegen, denen es genauso ging. Und die Apothekerin hätte durchaus Verständnis, wenn zuerst Krankenhäuser versorgt würden, wo die Maske dringender gebraucht würden. Aber die Apothekerin hat Kontakt zu mehreren Kliniken im Raum Düsseldorf. „Und von denen hat noch keine irgendwelche staatliche Lieferungen erhalten“, so Zimmerhofer. Aktuell hat sie wieder ein Angebot über einen „kleinen Posten Atemschutzmasken FFP2 + FFP 3“ bekommen – „Lieferung nur möglich solange Vorrat reicht“, schreibt der Händler.

Abda-Präsident Friedemann Schmidt hat das Problem gestern selbst angesprochen: Mit dem Thema Schutzausrüstung habe man „unbefriedigende Erfahrung“ gemacht. Angebote auf freiem Markt sei nur schwer einzuschätzen. Bei den zentralen Beschaffungsmaßnahmen des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) seien Apotheken nur „sehr weit unten eingestuft“. „Das ist sehr unbefriedigend“, so Schmidt, denn „bei der ersten Beschaffungswelle stehen Apotheken nicht in der ersten Reihe.“ Bei weiteren Beschaffungswellen müssten Apotheker aber unbedingt berücksichtigt werden, auch wegen der zunehmenden Zahl von Botendiensten auch für infizierte Personen.

Apotheker Askan Fahr-Becker aus Fulda hatte bei seiner Apothekerkammer (Hessen) angerufen, um sich nach dem Bezug von Schutzkleidung zu informieren. Dort sei ihm aber mitgeteilt worden, das sei nicht Angelegenheit der Kammer. Fahr-Becker fühlt sich nicht gut vertreten: „Eine Kammer hat doch auch eine Fürsorgepflicht für ihre Mitglieder. Die könnten sich beim Gesundheitsamt oder dem Gesundheitsminister melden und dafür sorgen, dass die Apotheker bei der Verteilung der Schutzbekleidung nicht vergessen werden.“

Doch bislang scheint es bei offizieller Stelle wenig Verständnis für die Teams in den Apotheken zu geben. Eine andere Apotheke aus Hessen hatte sich direkt bei ihrer Aufsichtsbehörde gemeldet und beim Gesundheitsamt nachgefragt, ob es beim Thema Schutzkleidung/Masken oder Desinfektionsmittel noch Unterstützung gibt. Zwar stellt die Apotheke derzeit noch selbst Desinfektionsmittel her, doch die Bestände werden knapp. Man habe dem Gesundheitsamt mitgeteilt, dass die Apotheke schließen würde, wenn keine Desinfektionsmittel mehr verfügbar seien.

Die Antwort der Behördenleitung hat die Inhaberin mehr als erstaunt: In der Apotheke benötige man keinen Schutz über den normalen Abstand hinaus, denn es würden ja keine Menschen untersucht, hieß es. Der Amtsapotheker sei auch keine Hilfe gewesen, sondern habe auf die Beschaffung auf dem freien Markt verwiesen.

Apotheker Spaniel hat zwischenzeitlich zumindest eine provisorische Lösung: Eine Kundin hat für das Team der Löwen-Apotheke in Heimarbeit selbst Masken genäht. „Die Patienten versorgen die Apotheken – nicht der Staat“, so Spaniel lakonisch.

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