Schleswig-Holstein

Apotheker scheuen Stempel-Streik

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Berlin -

Formfehler auf Rezepten sorgen in Apotheken für viel Ärger. Seit Juli müssen Apotheker auch darauf achten, ob der Vorname und die Telefonnummer des Arztes auf dem Rezept steht. Ende des Monats endet bei den meisten Kassen die Friedenspflicht – ab dann könnten unvollständige Rezepte retaxiert werden. Zu Kampfmaßnahmen sind die Apotheker dennoch nicht bereit. Das ergab eine Umfrage der Apothekerverbände in Hamburg und Schleswig-Holstein.

Anlass war die Aktualisierung der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV), die die Situation verschärft hatte. Neu ist, dass Vorname und Telefonnummer der verschreibenden Person auf dem Rezept stehen müssen. Das rückte alle formellen Anforderungen an ein gültiges Rezept ins Visier – auch als möglicher Retaxgrund für Krankenkassen.

Die beiden Apothekerverbände im Norden schlugen ihren Mitgliedern eine Protestmaßnahme vor: Für eine bestimmte Zeit sollten die Apotheken „Dienst nach Vorschrift“ leisten und unvollständige Rezepte nicht annehmen oder wenigstens an den Arzt zurückgeben. Doch die Resonanz war ernüchternd: 40 Prozent der Mitglieder in Schleswig-Holstein lehnten eine solche Aktion ganz und gar ab, 39 Prozent wollen das „eher nicht“. Nur 11 Prozent sprachen sich für ein solches Vorgehen aus.

Die Apotheker stehen sich dabei selbst im Weg: „Gute Idee, in Lübecks Innenstadt nicht umsetzbar, da vermutlich andere Apotheken nicht mitmachen“, war ein Argument gegen die Aktion. Eine neu gegründete Apotheke gab an, ihre Kunden nicht verprellen zu wollen. Ein anderer Apotheker erklärte, Geschlossenheit der Apotheker sei die Voraussetzung für eine solche Aktion.

Doch auch das eigene Berufsverständnis verhindert die Kampfmaßnahme: „Der Patient kann nichts dafür und müsste die Aktion 'ausbaden'“, kritisierte ein Apotheker. Ein anderer wandte ein, dass der Patient auf diese Weise unter der Inkompetenz des Arztes leide. Ein dritter verwies auf die großen Entfernungen.

Liegt ein unvollständiges Rezept vor, wird es in den meisten Apotheken direkt ergänzt: 90 Prozent der Apotheken in Schleswig-Holstein gehen so mit den fehlerhaften Verschreibungen um. 27 Prozent schicken das Rezept an den Arzt zurück – zum Teil als erzieherische Maßnahme. Nur 8 Prozent weisen den Patienten zurück.

Mehr als ein Drittel gab an, dass mehr als jedes zehnte Rezept unvollständig sei. 8 Prozent der Apotheker schätzten diesen Anteil sogar auf zwischen 30 und 50 Prozent. Aus Sicht des Verbands bedeutet das einen hohen, unzumutbaren Aufwand. Jeder dritte Umfrageteilnehmer meinte hingegen, dass weniger als 5 Prozent der Rezepte unvollständig seien. Darunter sind dem Verband zufolge auch viele Werte bis zu 1 Prozent.

Viele Apotheker sehen zudem eine Verbesserung: 42 Prozent gaben an, dass die Ärzte die neuen Vorgaben inzwischen schon deutlich konsequenter umsetzten. Weitere 52 Prozent meinten, es gebe zumindest eine langsame Verbesserung bei der formalen Qualität der Verschreibungen. Keine Veränderung sehen 2 Prozent. Der Verband wertet dieses Ergebnis als Erfolg der Kommunikation.

Probleme gibt es den Umfrageteilnehmern zufolge vor allem bei Gemeinschaftspraxen und Krankenhäusern. „Besonders bei Bundeswehr- und Polizeirezepten ist die Info noch nicht angekommen“, kritisierte ein Teilnehmer. Ärzte seien zum Teil der Meinung, dass die Vorgaben nicht für Privatrezepte gälten, monierte ein weiterer Apotheker.

Das Hauptproblem sind laut Umfrage fehlende Vornamen. Dass der Verordner nicht kenntlich gemacht wurde, steht an zweiter Stelle. Der Verband weist darauf hin, dass dies aus Sicht des Deutschen Apothekerverbands (DAV) und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) gar nicht nötig sei: Die Kenntlichmachung des Verordners ergebe sich nicht aus der AMVV und sei damit auch kein Beanstandungsgrund.

Fehlende Telefonnummern liegen bei den den teilnehmenden Apothekern auf Platz 3 – mit großem Abstand. Dahinter folgen Fehler bei der Berufsbezeichnung und dem Arztnamen. Als weitere Knackpunkte nannten die Apotheke fehlende Angaben bei Vertretungsärzten und Weiterbildungsassistenten sowie die falsche Kennzeichnung des Verordners.

In Schleswig-Holstein wurden Ende Juli alle 676 Mitgliedsapotheken um ihre Meinung gebeten. Den Fragebogen des Verbands füllten rund 100 Apotheker aus, also 15 Prozent der Mitgliedsapotheken.

Auch nach Retaxationen wurden die Apotheken gefragt. Demnach retaxierten die Kassen von Mai bis Juli Beträge zwischen 26 Cent und knapp 5000 Euro. 40 Prozent waren Nullretaxationen. In knapp 8 Prozent der Fälle waren die Einsprüche erfolgreich.

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