Löwenzahn-Apotheke Berlin

Schlange am Schalter: Weihnachtsnotdienst im Container

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Berlin -

An Weihnachten Notdienst zu schieben, zählt nicht zu den schönsten Pflichten des Apothekers. Wenn dann noch 170 Leute kommen, umso weniger. Und wenn man dann noch nicht mal in seiner eigenen Apotheke, sondern in einem Container arbeiten muss, wird es erst recht unangenehm. Die Berlinerin Birgit Arend hat all das am ersten und zweiten Feiertag durch – doch statt zu meckern, sieht sie selbst darin das Positive: Die Patienten waren trotz meterlanger Schlange und Notdienstzuschlag dankbar und freundlich.

Inhaberin Arend hatte das klassische Glück im Unglück: Das Gebäude, in dem sich ihre Löwenzahn-Apotheke befand, wurde abgerissen. Das kleine Einkaufszentrum für die Nahversorgung – samt Apotheke, Zahnarzt, Bäcker und Zeitungsladen – musste einem Investorenbau weichen. Es ist eine Geschichte, von der tausende Berliner ein Lied singen können. „Wir aber hatten zum Glück einen noch zehn Jahre gültigen Mietvertrag“, erklärt sie. „Deshalb mussten wir wohl oder übel übernommen werden.“ Da das bisherige Gebäude natürlich trotzdem abgerissen wurde, stellten die Bauherren ihr einen Container hin – oder besser: einen Containerkomplex, der ihren Betrieb samt seiner sechs Mitarbeiter beherbergt.

Seit dem Juli 2018 besteht ihre Apotheke deshalb aus zehn Containern, drei davon für den HV-Bereich, einer für den Kommissionierer, einer für die Toiletten und so weiter. Bis Ende 2020 wird das auch noch so bleiben und zumindest für die Belegschaft ist das auch kein allzu großes Problem. „Wenn man drinnen ist, sind die Container sehr schön“, sagt Arend. „Nur von außen sehen die nicht so gut aus.“ Doch die Kunden scheinen sich daran nicht zu stören. „Wir sind eher eine Kiezapotheke, da wird das von den Kunden gut akzeptiert.“

Nur ein Problem bringen die Container mit sich: Sie sind mehr oder weniger hinter der Baustelle versteckt und deshalb nicht mehr so leicht zu orten. „Ich habe viel in Masten und Schilder investiert, damit die Leute uns finden“, erklärt Arend. Zumindest für ihren Notdienst am ersten Weihnachtsfeiertag wäre das aber wohl kaum nötig gewesen. „Ich war selbst überrascht von dem Ansturm“, erinnert Arend sich. „Als ich morgens um neun Uhr begonnen habe, standen schon drei Leute vor der Tür und haben gewartet.“

Und es wurden nicht weniger, ganz im Gegenteil. Im Laufe des Tages wuchs der Patientenstrom, zeitweise standen die Leute in einer langen Schlange vor dem Schalter. Dazu trug vor allem die Verteilung der Notdienste in Berlin bei. „Wir waren hier in Hellersdorf die einzige Apotheke weit und breit, die Notdienst hat“, sagt sie und klingt zum ersten Mal ein kleines bisschen frustriert. „Auf das Thema muss ich bei Gelegenheit mal die Kammer ansprechen.“ Hinzu kommt, dass mit der Unfallklinik Berlin, dem Sanaklinikum und der Augenklinik Marzahn gleich drei Krankenhäuser in ihrem Einzugsgebiet lagen.

Und so wurde der Notdienst zur Belastungsprobe. „Ich stand elf Stunden nonstop ohne Essen und Trinken am HV und hab die Schlange abgearbeitet“, erinnert sie sich. Und man kann nicht immer nur abgeben, manchmal muss man auch bei Ärzten nachfragen oder andere Telefonate erledigen – die Schlange wächst in dieser Zeit entsprechend. „Zum Glück mein Mann mich am Nachmittag besucht und den Telefondienst gemacht.“ Erst gegen Abend wurde es weniger. „In der Nacht kam dann im Schnitt jede Stunde jemand, das geht dann.“

Trotz des Stresses war der Notdienst Balsam für die Seele – nicht zuletzt wegen der Patienten. „Niemand hat gemeckert. Ganz im Gegenteil, es herrschte gute Stimmung, die Leute haben sich unterhalten und sich gegenseitig frohe Weihnachten gewünscht.“ Doch es war nicht nur die Stimmung, die Arend mit ihrem Schicksal versöhnt hat: „Es waren alles gerechtfertigte Notfälle, keine überflüssigen Sachen. Niemand kam wegen eines Nasensprays oder einer Zahnbürste“, erinnert sie sich. „Wenn das so ist, weiß man auch, warum man das macht und hinterfragt nicht den Sinn.“ Nur eine Sache fehlte ihr: „Normalerweise nutze ich Notdienste, um auch etwas Papierkram zu erledigen. Dieses Mal habe ich meinen Schreibtisch kein einziges Mal zu Gesicht bekommen.“

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