Kassen und Apotheker haben sich im Schiedsverfahren noch nicht auf neue Regeln für Retaxation von Formfehlern geeinigt. Auch die dritte Verhandlungsrunde vor der Schiedsstelle blieb heute ohne Ergebnis. „Es gibt noch Probleme zu lösen“, heißt es aus Teilnehmerkreisen. Woran es inhaltlich jeweils genau hakt, wird nicht verraten. In der zweiten Maihälfte will man sich erneut zusammensetzen.
Der Schiedsstellenvorsitzende Dr. Rainer Hess hatte einen fertigen Schiedsspruch dabei, den beide Seiten vorab auch intern geprüft hatten. Hess strebt nach eigenem Bekunden eine einvernehmliche Lösung an. Allerdings hätte der Vorsitzende auch mit einer Seite für Schiedsspruch gestimmt, wenn er überhaupt keine Aussicht auf Einigung mehr gesehen hätte.
Nur unter dieser Prämisse hat er schon vor dem heutigen Treffen auch einen weiteren Verhandlungstermin in Aussicht gestellt. Dass dieser nunmehr stattfinden soll, kann zumindest als positives Zeichen gewertet werden: Hess glaubt offenbar noch daran, dass sich die Vertreter des Deutsche Apothekerverbands (DAV) und des GKV-Spitzenverbands noch einigen.
Kassen und Apotheker stellen jeweils fünf Vertreter. Von seinem Schiedsspruch müsste Hess zumindest eine Seite überzeugen. Mit den Stimmen der drei unabhängigen Vorsitzenden könnte der Kompromiss so erzwungen werden. „Es gibt Hoffnung, aber keine Prognose“, so Hess noch vor dem Treffen. Eine Aussage über den möglichen Ausgang wollte er nicht treffen.
Die Anzahl der Sitzungen belege die großen Anstrengungen aller Beteiligten, zu einem Konsens zu finden. Aber die Materie sei nach wie vor kompliziert, heißt es aus der Verhandlungsrunde. Angesichts der Fülle der Retax-Einzelfälle sei es sehr schwierig, in allen Details einen Konsens zu erreichen. Ziel ist daher ein Schiedsspruch, der sowohl vom DAV als auch von GKV-Spitzenverband mehrheitlich anerkannt wird.
Im Schiedsverfahren soll es schon dem Gesetzeswortlaut nach um Formfehler gehen. In der Begründung zum GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG) heißt es, Apotheker sollten in den Fällen vor Retaxationen „auf Null“ geschützt werden, in denen Versicherte das nach den Regelungen des SGB V abzugebende Arzneimittel erhalten haben. „Dadurch unterscheiden sich diese Fälle von denjenigen, in denen Apotheken anstelle eines Rabattvertragsarzneimittels pflichtwidrig ein anderes Arzneimittel abgeben“, heißt es in der Begründung weiter.
Da Apotheker und Kassen seit Jahren über einen neuen Rahmenvertrag streiten, hatte Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) mit dem GKV-VSG ein Ultimatum gestellt: „In dem Rahmenvertrag ist erstmals bis zum 1. Januar 2016 zu regeln, in welchen Fällen einer Beanstandung der Abrechnung durch Krankenkassen, insbesondere bei Formfehlern, eine Retaxation vollständig oder teilweise unterbleibt […].“ Die ABDA hatte sich erfolgreich dafür eingesetzt, dass an diesen Passus noch ein Halbsatz angefügt wurde: „[...] kommt eine Regelung nicht innerhalb der Frist zustande, entscheidet die Schiedsstelle.“
Sehr schnell war letzten Herbst klar, dass man ohne Schiedsstelle überhaupt nicht zu einer Lösung finden würden: Einige Verhandlungsrunden und 48 Tage nach dem Auftrag des Gesetzgebers wurden die Verhandlungen für gescheitert erklärt und die Schiedsstelle unter der Leitung von Hess angerufen.
Auch die Politik wartet gespannt auf den Ausgang des Schiedsverfahren. CDU-Gesundheitspolitiker Michael Hennrich sieht immerhin „Bewegung auf Seiten der Kassen“. „Wir werden uns den Schiedsspruch ansehen und prüfen, ob es gesetzgeberischen Handlungsbedarf gibt“, so Hennrich. Im Rahmen der AMG-Novelle, die kommende Wochen im Bundestag in erster Lesung beraten wird, könnte die Bundesregierung gegebenenfalls eingreifen.
Bereits im Vorfeld eingeschaltet hatte sich Dr. Roy Kühne (CDU): Der Bundestagsabgeordnete hatte sich in einem offenen Brief an Hess gewandt und Vorschläge zur Abschaffung von Formfehlern gemacht. Außerdem forderte Kühne eine Retax-Friedenspflicht bis zur endgültigen Klärung. Der CDU-Politiker hatte auch ein Treffen mit Hess vorgeschlagen, um sich in der Sache auszutauschen. Doch der Schiedsstellenvorsitzende lehnte höflich ab. Er wolle in seinem Amt neutral bleiben und bat deshalb um Verständnis, dass es keine bilateralen Gespräche geben werde.
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