Der Schiedsspruch zur neuen Hilfstaxe für die Zytostatika-Herstellung sorgt vor allem wegen der rückwirkenden Gültigkeit ab 1. November 2017 für Aufregung bei den Zyto-Apotheken. In der Begründung des Schiedsspruchs weist die Schiedsstelle aber vorausschauend bereits Kritik daran zurück. In dieser Sache gebe es kein „schutzwürdiges Vertrauen“ der Zyto-Apotheker. Sie hätten gewusst, dass ab Herbst 2017 eine Änderung auf sie zukommen werde.
Die Schiedsstelle unter Leitung des unabhängigen Vorsitzenden Dr. Rainer Hess sah daher keinen Grund für Vertrauensschutz, weil der Gesetzgeber bis Ende Oktober 2017 eine Neuregelung der Hilfstaxe für parenterale Zubereitung von Fertigarzneimitteln in der Onkologie vorgeschrieben habe, heißt es in der Begründung. Diese Frist gelte daher auch für den Schiedsspruch. „Eine derart weit zurückreichende Rückwirkung ist jedoch mit dem rechtlichen Risiko einer unzulässigen in Grundrechte der Apotheker eingreifenden echten Rückwirkung auf bereits abgeschlossene Verfahren verbunden“, schreibt die Schiedsstelle.
Deswegen erfolge die Festsetzung auf der Grundlage „einer monatlichen Abrechnungspraxis zum 01.11.2017“ unter der Annahme eines wegen der Prüfung ihrer Leistungspflicht durch die Krankenkassen nach diesem Zeitpunkt nicht abgeschlossenen Prüfverfahrens. Die damit gegebene „unechte Rückwirkung“ sei bei Vorhandensein ausreichender Gemeinwohlgründe im Verhältnis zum Vertrauensschutz der Betroffenen rechtmäßig. „Das heißt, das schutzwürdige Vertrauen der betroffenen Apotheker auf den Fortbestand der bisherigen Rechtslage darf nicht schwerer wiegen, als die öffentlichen Interessen, die der Gesetzgeber mit der Neuregelung in § 129 Abs. 5 c SGB V verfolgt“, so die Schiedsstelle.
Den Apothekern seien die gesetzliche Neuregelung und der Zeitpunkt der gesetzlich vorgegebenen vertraglichen Umsetzung bekannt gewesen. „Sie konnten daher nicht davon ausgehen, dass wegen der Nichteinigung der Vertragspartner und wegen der Anrufung der Schiedsstelle ihre Vergütungsansprüche unbeeinträchtigt fortbestehen würden. Es besteht daher kein zu wahrender Vertrauensschutz in den Fortbestand der bisherigen Rechtslage, die nach der gesetzgeberischen Zielsetzung mit Wirkung ab dem 01.09.2017 geändert werden sollte“, so die Schiedsstelle. Insofern habe es „so wenig schutzwürdiges Vertrauen“ gegeben, dass sogar die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen einer echten Rückwirkung jedenfalls zum 01.11.2017 gegeben waren.
Der DAV will sich weiterhin nicht zu den Details des Schiedsspruchs äußern. Auf Anfrage teilte ein Sprecher mit: „Der Beschlusstext bedarf noch einiger redaktioneller Korrekturen, bezüglich derer der DAV derzeit Berichtigung beantragt.“ In Ergänzung zur letzten wolle man „gleichwohl bereits jetzt“ über einige wesentliche Neufestsetzungen in Anlage 3 der Hilfstaxe informieren: Danach seien für elf generische Wirkstoffe Abschläge zwischen 59,4 Prozent und 83,7 Prozent auf den zweitgünstigsten Apothekeneinkaufspreis festgesetzt worden. Darüber hatte APOTHEKE ADHOC bereits berichtet.
Für bestimmte patentgeschützte Wirkstoffe und Fertigarzneimittel, zu denen kein Fertigarzneimittel eines anderen pharmazeutischen Unternehmers mit dem gleichen Wirkstoff verfügbar sei oder nicht abgegeben werden dürfe sowie für bestimmte Biosimilars, Bioidenticals und deren Referenzarzneimittel seien sechs Abschlagsgruppen (A bis F) mit Abschlägen zwischen 0,05 Prozent und 7,5 Prozent auf den günstigsten Apothekeneinkaufspreis gebildet worden. Außerdem sei die Kündigungsmöglichkeit der Hilfstaxe um ein außerordentliches Kündigungsrecht aus wichtigem Grund für einen einzelnen Wirkstoff oder eine einzelne Wirkstoffgruppe erweitert worden. Für den Fall, dass sich die Einkaufsmöglichkeit für die Apotheken bei wirtschaftlicher Bezugsmenge gegenüber dem mengengewichteten in der Hilfstaxe ausgewiesenen Durchschnittspreis um mehr als 10 Prozent verändert hat. Es würden Sonderreglungen zu Wirkstoffen, die unter Rabattverträgen stehen, festgesetzt. „Danach gelten die festgesetzten Abschläge zwar grundsätzlich auch für rabattierte Wirkstoffe, jedoch nur, soweit ein Rabattvertragspartner den Wirkstoff zum festgesetzten Abrechnungspreis nach der Hilfstaxe an die Apotheke abgibt“, so der DAV.
Gebe keiner der Rabattvertragspartner den Wirkstoff zum Abrechnungspreis nach der Hilfstaxe an die Apotheke ab, gelte als Abrechnungspreis der günstigste Apothekeneinkaufspreis ohne Berücksichtigung eines Abschlags. Für den Fall der Nichtlieferbarkeit des rabattbegünstigten Arzneimittels zum Zeitpunkt der Vorlage der Verordnung gelten § 4 Abs. 2 Sätze 2, 3 und 5 des Rahmenvertrages nach § 129 Abs. 2 SGB V entsprechend. Die Vertragspartner werden dazu ein neues Sonderkennzeichen in der Vereinbarung nach § 300 SGB V vereinbaren.
APOTHEKE ADHOC Debatte