Die Saxonia-Apotheke von Christian Flössner liegt neuerdings in einer Zone von „Gefährlichen Orten“ in Dresden. Das erfuhr der Apotheker aus der Zeitung. Seine Offizin in der Altstadt befindet sich laut Einschätzung des sächsischen Innenministeriums in einem Brennpunkt von Diebstählen, Raubüberfällen, Drogenhandel und Schlägereien.
Teile der Altstadt sind jetzt also gefährlich. Vor der Haustür in der Prager Straße gibt es seit Jahren Kriminalität aller Art, aber der Apotheker sieht‘s relativ gelassen. „Natürlich ist das hier ein Milieu, in dem mit Drogen gedealt wird. Schließlich befinden wir uns in der Nähe eines Bahnhofs, das ist in allen Städten so.“ Man werde als Passant angesprochen, ob man Bedarf an Drogen habe. „Aber wenn man ablehnt, wird man nicht weiter belästigt“, sagt Flössner.
Andere Menschen im Viertel sehen das anders. In der Bild-Zeitung sagte zum Beispiel der Direktor des Pullman Hotels: „Manche Gäste sind schon besorgt, Ausländerkriminalität und Drogenszene werfen kein gutes Licht auf die Stadt. Unser Hotel grenzt an den Bahnhofsvorplatz.“ Nachts beschäftigt das Unternehmen Security-Mitarbeiter.
Eine Anwohnerin beklagt: „Kürzlich fummelte nachts jemand an meinem Türschloss, durch den Spion sah ich einen Mann. Ich haben ihn durch die Tür angebrüllt, da ist er abgehauen.“ Die Frau ist 84 Jahre alt und wohnt seit 17 Jahren im Viertel.
Apotheker Flössner: „Das Bahnhofsviertel hier ist atypisch. In vielen anderen Städten sind die Straßen in Bahnhofsnähe reine Büroviertel. Hier in Dresden ist das anders, hier wohnen viele Menschen. Neben meiner Apotheke befindet sich ein zwölfgeschossiges Wohnhaus.“
Flössner glaubt, dass die neue sicherheitspolitische Einstufung des Viertels nur einen Grund hat: „Die Polizei kann anlasslos Personen kontrollieren. Das ist normalerweise nicht erlaubt.“ Verdächtigen Personen kann auf diese Weise leichter signalisiert werden, dass die Polizei sie im Auge hat. In der Fachsprache heißt das verdachtsunabhängige Identitätsfeststellung. Das kann zur Folge haben, dass die Drogenszene abwandert. Ins nächste Viertel, wo sie zunächst unbehelligt agieren kann – bis die Polizei auch hier die Sicherheitsstufe erhöht.
„Die Saxonia-Apotheke besteht seit 22 Jahren, bei mir wurde noch nie eingebrochen“, sagt Flössner. Auch das ist für ihn ein Hinweis darauf, dass die Lage im Viertel nicht allzu schlimm ist. „Die Drogenszene ist natürlich da, eliminieren kann man sie nicht, nur kontrollieren“, ist er überzeugt. Auch organisierte Bettlerbanden gibt es vor der Haustür. Aber sie seien, so Flössner, durchaus kooperationsbereit. „Wenn man sie bittet, ein paar Meter weiter zu ziehen, tun sie das.“
Ein Problem in der Offizin ist allerdings seit Jahren der Ladendiebstahl. „Natürlich wird alles gern geklaut, das man bei Ebay gut verkaufen kann. Zahnpasta demnach nicht so häufig“, sagt er. „Bei uns stehen bei teurer Kosmetik nur leere Packungen im Regal“, erklärt er. Das hat aus seiner Sicht auch einen großen Vorteil: „Wer bei uns kauft, erhält garantiert unangebrochene Ware. Denn oft öffnen Kunden probeweise Tiegel, um daran zu riechen und stecken sie dann wieder in den Originalkarton zurück.“ Bei leeren Kartons ist das sinnlos. „Ein leerer Karton wird nicht so gern geklaut“, sagt Flössner lächelnd.
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