Glaeske testet Apotheken Nadine Tröbitscher, 09.11.2016 14:34 Uhr
Muskel- und Gelenkschmerzen, Verspannungen, Zerrungen und Prellungen: In den Apotheken sind zahlreiche Salben und Gele mit schmerzlindernder Wirkung erhältlich. Hunderte Millionen Euro geben Verbraucher jedes Jahr für die topischen Produkte aus. Aber halten sie, was sie versprechen? Im SWR-Magazin „Marktcheck“ klärte Professor Dr. Gerd Glaeske auf.
Viele topische Schmerzmittel enthalten die gleichen Wirkstoffe wie die Tabletten, so gibt es Diclofenac und Ibuoprofen in beiden Darreichungsformen rezeptfrei in der Apotheke. Hersteller versprechen wahre Wunder: „Während die Tablette durch den Magen muss, wirkt Voltaren direkt da, wo der Schmerz sitzt“, heißt es etwa in der Werbung von GSK. Die Proff-Schmerzcreme von Dr. Theiss soll gar eine „Tiefenwirkung“ haben. Thermacare verspricht, dass der Wirkstoff Felbinac „im Zentrum der Entzündung“ wirkt.
Für Glaeske sind solche Versprechen nicht haltbar, die Werbung sei irreführend. Bei oberflächlichen Verletzungen könnten einige Mittel helfen, jedoch müsse der Wirkstoff durch die Haut wandern. „Es ist unklar, wie viel letzten Endes wo ankommt“, kritisierte Glaeske. Die Ursache für Schmerzen im Kniegelenk etwa liege weit unter der Haut; laut Glaeske können Salben diese tieferliegenden Schmerzen gar nicht erreichen. Er bevorzuge bei Schmerzen Tabletten, sie seien zuverlässiger und hätten eine zuverlässigere Wirkstofffreisetzung.
Nur die oberflächliche Wirkung einiger Mittel konnte laut SWR in Studien belegt werden: Voltaren wirke bei Arthrose in den Fingergelenken, Kytta-Salbe bei Verstauchungen des Sprunggelenkes. Gegen oberflächliche Verspannungen könnten Wärmecremes wie Finalgon helfen. Eine gefährliche Tatsache, die die Werbung allerdings verschweige: Wärmecremes dürften nicht auf akut entzündete Gelenke aufgetragen werden. Bei einer Entzündung werde ohnehin Wärme frei, wende man zusätzlich durchblutungsfördernde Cremes an, feuere man den Entzündungsprozess weiter an. Eine gute Beratung in der Apotheke sei wichtig, so die Autoren.
„Marktcheck“ hat acht Stichproben in Wormser Apotheken gemacht. Eine Wärmesalbe gegen akut entzündete Handgelenke war gewünscht – die meisten Apotheken rieten ab, eine empfahl jedoch eine durchblutungsfördernde Salbe. Bei Schulter- und Rückenschmerzen sahen die meisten getesteten Apotheker Salben und Tabletten als vergleichbar wirksam an. Nur zwei Apotheken empfahlen gegen starke Schmerzen Tabletten, da diese in in ihrer Wirksamkeit stärker und zuverlässiger seien.
Für „Geldschneiderei“ hält Glaeske die gleichzeitige Empfehlung von Tabletten und Salben. Ein „Armutszeugnis“ sei die Empfehlung einer anderen Apotheke: Den Testern wurden Nährstofftabletten angeboten – Tromcardin, die Kombination herzwichtiger Mineralstoffe und Vitamine. Die Tabletten enthalten Kalium, Magnesium, Q10 und Vitamine.
Die Beratung in den Apotheken lässt laut Marktcheck zu wünschen übrig. Auch wenn Salben besser verträglich sind als Tabletten, helfen sie nicht immer: „Gegen starke Schmerzen sind Tabletten die richtige Wahl.“ Laut Glaeske müssen Apothekenmitarbeiter die Grenzen der Anwendung von Schmerzsalben aufzeigen und begründen, warum sie Tabletten empfehlen.