In der Nachbarschaft schließt eine Apotheke und ein Kollege übernimmt. Nicht Ungewöhnliches. Auch dass ein Kollege gleich zwei Apotheken ablöst, soll vorkommen. Aber dass er sie kauft, um sie sofort zu schließen, ist selten. In Königs Wusterhausen hat Apotheker Knut Sabelus genau das vor. Zu den Hintergründen gibt es verschiedene Versionen. Eine Version: Sabelus sucht händeringend Personal.
Die Märkische Apotheke und die Sonnen-Apotheke in der Stadt südöstlich von Berlin schließen zum Monatsende. Sabelus hat beide zum 30.6. gekauft, schließt sie aber sofort wieder, wie er gegenüber dem „KaWe-Kurier“ angab. Inhaberin Birgit Lemke bestätigte auf Nachfrage, dass sie die Apotheken aus gesundheitlichen Gründen abgeben wird. Da er mit der Inhaberin zur Schule gegangen sei und es freundschaftliche Beziehungen zwischen den Familien gebe, sei er in der Situation nicht gleichgültig gewesen, erklärt Sabelus.
Nach einer „gründlichen Analyse der betriebswirtschaftlichen Lage“ habe er aber beschlossen, die Apotheken sofort wieder zu schließen, heißt es im Interview. Das Ergebnis beider Apotheken zusammen läge nämlich unter dem Tarifgehalt einer angestellten Apothekerin. Hier lasse sich ein betriebswirtschaftlicher Erfolg nicht mehr darstellen. Gegenüber der Zeitung beklagt Sabelus den allgemeinen Trend der Schließungen, begründet in der stagnierende Honorarentwicklung und der Konkurrenz des Versandhandels.
Diese Analyse teilt nicht jeder in Königs Wusterhausen. Die Sonnen-Apotheke am Schloßplatz hat direkt nebenan ein Ärztehaus sowie eine privatärztliche Praxis in der Nachbarschaft. Die Märkische Apotheke liegt zwar in einer Nebenstraße der Fußgängerzone, hat aber immerhin die Sparkasse und Frisör neben an sowie die Post gegenüber. Es gibt sicherlich schlechtere Standorte.
Deshalb gibt es durchaus Zweifel an der Lesart von Sabelus als weißem Ritter, der einer Kollegin in Not selbstlos hilft und Verluste in Kauf nimmt. Zur Realität gehört nämlich auch, dass der Apotheker in Königs Wusterhausen selbst eine seiner Sabelus XXL Apotheken betreibt, 250 Meter entfernt von der Märkischen Apotheke, 550 Meter in die andere Richtung von der Sonnenapotheke. Mit der Doppel-Schließung hält sich der Apotheker also auch Konkurrenz vom Leib – was nicht verwerflich wäre und auch anderenorts vorkommt.
Dass Sabelus als erfahrener Geschäftsmann nicht gewusst haben will, wie es um die Apotheken steht, ist nicht sehr naheliegend. Er kennt die Situation am Ort und auch die Familie Lemke. Dazu kommt, dass Sabelus selbst schon vier Apotheken betreibt. Hätte er ernsthaft erwogen, die übernommenen Apotheken weiterzuführen, hätte er andere Standorte aufgeben müssen. Einen solchen Plan fasst man vermutlich nicht allzu leichtfertig.
Und deshalb gibt es eine dritte Theorie, weshalb Sabelus die Apotheken haben wollte: das Personal. Mit Lemke hat er vereinbart, alle Mitarbeiter zu übernehmen. Einige habe man dazu gewinnen können, zu verbesserten Konditionen in seinen Apotheken zu arbeiten, sagte er im Kurier. Allerdings soll der Großteil der Angestellten abgewinkt haben, berichten Kollegen vor Ort. In diesem Fall wäre der Plan nicht aufgegangen, statt der Apotheken nur die Mitarbeiter zu übernehmen. Immerhin hat Sabelus erreicht, dass sich an den Standorten vorerst kein Mitbewerber niederlassen kann.
Gegenüber APOTHEKE ADHOC wollte sich Sabelus nicht weiter zum Sachverhalt äußern. Die ganze Geschichte sei sehr sensibel. Auf die Personalfrage geht er nicht ein, verweist aber auf den Umstand, dass man in Brandenburg nicht Pharmazie studieren kann. Er hält das für einen Skandal angesichts der Versprechungen der Politik, in die Bildung hinein zu investieren und der vielen prekären Arbeitsverhältnissen junger BWL-Studenten.
Den Personalmangel hatte er auch gegenüber dem Kurier schon beklagt: „Wir suchen ständig Mitarbeiter“, sagte Sabelus. Kollegen vor Ort sagen hinter vorgehaltener Hand, dass das Problem in den XXL-Apotheken ein hausgemachtes ist. Sabelus sieht das Fehlen der pharmazeutischen Fakultät als Grund: Die Nachlässigkeit der Landesregierung führe zu einem immer gravierenderen Mangel an Fachkräften. 80 bis 100 Apotheken suchten in Brandenburg derzeit Apotheker, fast 20 Prozent. Und bei den PTA sei es ähnlich. Offenbar bewertet er die Lage so kritisch, dass er selbst vor der Übernahme von Apotheken zur Personalgewinnung nicht zurückschreckt.
Welchen Preis er Lemke für die beiden Standorte gezahlt hat, wollen beide nicht verraten. Die Apothekerin ist froh, dass sie die Apotheken abgeben konnte, möchte sich aber nicht weiter zu der Angelegenheit äußern. Nur so viel: Von der Darstellung im Interview würde sie sich distanzieren.
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