Rx-Boni

Bagatellgrenze für die Kammern?

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Berlin -

Dürfen Apothekerkammern gegen Rx-Boni vorgehen, die wettbewerbsrechtlich

zulässig sind? Diese Frage wird heute vor dem Verwaltungsgericht Berlin

verhandelt. Die Apothekerkammer Berlin hatte insgesamt neun Apotheker

gerügt und zu einer Zahlung von 2500 Euro an eine gemeinnützige

Einrichtung aufgefordert. Für den Vorsitzenden Richter war während der

zweieinhalb stündigen Verhandlung vor allem die Frage entscheidend, ob

die Bagatellgrenze auch im Berufsrecht zu beachten ist. Die

Entscheidungen sollen heute noch verkündet werden.

Am Vormittag wurden die ersten Fälle von vier Apothekern gemeinsam verhandelt; am Nachmittag gibt es eine weitere Verhandlungsrunde. Die Apotheker der Kooperation Guten-Tag-Apotheken (Elac Elysée) hatten ihren Kunden in der Vergangenheit Gutscheine von 1 Euro pro verschreibungspflichtigem Arzneimittel gewährt, bei einigen gab es einen Gutschein pro Rezept.

Aus Sicht der Kammer sind die Wertgutscheine der Kunden wie Bargeld zu behandeln: „Der Patient bekommt Geld oben drauf, wenn er ein Rezept in dieser Apotheke einlöst“, so Dr. Rainer Auerbach, Jurist und Geschäftsführer der Kammer. Für Patienten könne es schon lohnend sein, zusätzliche Leistungen in Anspruch zu nehmen, um den Preisvorteil zu erhalten: In Berlin sei 1 Euro durchaus ein Wert, der das Verhalten von Patienten beeinflussen könne.

Dr. Morton Douglas, der die Apotheker vertritt, hielt dagegen, dass Gutscheine eben keine Barrabatte seien. Die Apotheker versuchten lediglich zusätzliche Umsätze zu generieren. Kundenbindungsmaßnahmen seien verstärkt worden, um den veränderten Marktbedingungen, etwa durch den Versandhandel, begegnen zu können.

Erörtert wurde bei der Verhandlung besonders die Frage, ob die Boni-Gewährung in der Berufsordnung der Berliner Apotheker verboten ist. Aus Sicht der Kammer triftt dies eindeutig zu. Kammerpräsident Dr. Christian Belgardt fügte hinzu, dass der Gesetzgeber bewusst an Festpreisen festhalte, um eine flächendeckende Versorgung zu gewährleisten.

Douglas führte aus, dass sich die Apotheker laut Berufsordnung an das Wettbewerbsrecht halten müssen. Demnach seien geringwertige Boni aber seit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) zulässig. Die Karlsruher Richter hatten in einem etwas anders gelagerten Fall zu Bonustalern im September 2010 entschieden, dass Boni bis zu 1 Euro nicht zu beanstanden seien.

Allerdings hatte der BGH auch betont, dass jede Abweichung von den Festpreisen einen Verstoß gegen Arzneimittelgesetz und -preisverordnung bedeute. Diese seien nur wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden.

In Berlin soll nun die Frage geklärt werden, ob die Bagatellgrenze auch für das Eingriffsermessen der Apothekerkammer im berufsrechtlichen Verfahren gilt. Dafür spricht aus Sicht des Vorsitzenden Richters, dass dies vom OVG Lüneburg in einem verwaltungsrechtlichen Verfahren bereits so gesehen wurde.

Was eine mögliche Bestrafung der Apotheker angeht, würde das Gericht gerne zwischen den Einzelfällen differenzieren. Die Kammer legte dies ins Ermessen des Gerichtes.

Betroffen sind mehrere prominente Apotheker aus der Hauptstadt: Neben Elac-Chef Rolf Spielberger (Pelikan-Apotheke) sind von der Kooperation Dr. Heinz-Axel Müller-de Ahna (Wedding Apotheke), Felicitas von Teuffel (Arcaden Apotheke) und Helmut Hoffmann (Berolina Apotheke) dabei. Außerdem geht es um die Boni der easy-Apotheker Cornelia Schramm-Riek, Alexandra Lamboy-Pawelke, Alexander Irrgang und Heike Ebert sowie die ehemalige Franchisenehmerin Elke Bohlen.

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