Rx-Boni

Engel-Lose sind unzulässig Alexander Müller, 06.08.2014 09:39 Uhr

Keine Lose: Rx-Boni sind auch dann unzulässig, wenn der Einkaufgutschein im Wert von einem Euro erst noch auf einem Los freigerubbelt werden muss. Foto: Elke Hinkelbein
Berlin - 

Rx-Boni sind auch dann unzulässig, wenn sie nur vielleicht gewährt werden. Das Oberlandesgericht Frankfurt (LG) hat der Engel-Apotheke aus Darmstadt verboten, ihren Kunden beim Einlösen von Rezepten Rubbellose auszuhändigen. Zu den Gewinnen zählte auch ein Einkaufgutschein über einen Euro.

Aus Sicht der Richter verstoßen die „Engel-Lose“ gegen die Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV). Der Wert des Einkaufsgutscheins liege oberhalb der Grenze, die den Preiswettbewerb beeinflussen könne. Dabei kommt aus Sicht der Richter nicht darauf an, dass der Gutschein nicht „offen“ angeboten werde, sondern als Gewinn innerhalb eines „Rubbelloses“.

Auch wenn der Kunde erst nach dem „Freirubbeln“ erfahre, dass sein Gewinn in einem Einkaufsgutschein bestehe, könne ihn das bei der nächsten Rezepteinlösung bei der Wahl der Apotheke beeinflussen. Genau das soll aber mit den einheitlichen Abgabepreisen bei verschreibungspflichtigen Arzneimittel verhindert werden. Die Richter weisen auch darauf hin, dass die Lose ausschließlich beim Einlösen von Rezepten abgegeben wurden.

Auf die Frage, wie hoch die Gewinnchance dabei tatsächlich ist, kommt es dem OLG zufolge nicht an. „Denn gerade wenn der Kunde bereits einen Einkaufsgutschein gewonnen hat, wird er die – ihm nicht bekannte – Gewinnchance nicht so gering einschätzen, als dass seine künftige Kaufentscheidung davon unbeeinflusst bliebe“, heißt es in der Begründung.

Vor dem Landgericht Darmstadt hatte die Apotheke noch gewonnen. Das OLG gab jedoch der Berufung der klagenden Wettbewerbszentrale statt. Die Richter stützten sich auch auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH), wonach auch indirekte Preisnachlässe – etwa in Form von Gutscheinen – unzulässig sind.

Die Karlsruher Richter hatten in ihren Entscheidungen allerdings eine Wertgrenze gezogen und Boni von bis zu einem Euro für wettbewerbsrechtlich zulässig befunden, auch wenn sie gegen das Preisrecht verstießen.

Das OLG weist aber darauf hin, dass der Gesetzgeber die daraus resultierenden Wertungswidersprüche in der Praxis aufgehoben und das Heilmittelwerbegesetz (HWG) verschärft habe. Damit seien nun Zuwendungen stets unzulässig, soweit sie entgegen den Preisvorschriften gewährt werden, die auf Grund des Arzneimittelgesetzes gelten, so die Richter.

An dieser Entwicklung war übrigens die Engel-Apotheke maßgeblich beteiligt. Das entscheidende Verfahren vor dem BGH zu den Rx-Boni ausländischer Versandapotheken geht auf die Darmstädter Apotheke zurück. Inhaberin Renate Koehler hatte die Europa Apotheek Venlo (EAV) verklagt.

Schließlich entschied der Gemeinsame Senat der obersten Bundesgerichte, dass sich auch ausländische Versender an die deutschen Preisvorschriften halten müssen, wenn sie hierzulande Geschäfte machen wollen.

Doch auch nach der inzwischen einheitlichen Rechtsprechung sowie der Klarstellung des Gesetzgebers gibt es immer wieder Versuche, das Boni-Verbot zu umgehen. Die niederländische Versandapotheken DocMorris etwa wurde von Gerichten schon mehrfach zur Zahlung sechsstelliger Ordnungsgeldern verurteilt.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) hatte allerdings in einem anderen Verfahren der niederländischen Versandapotheke Vitalsana erlaubt, Kunden mit einem Gewinnspiel zu locken. Allerdings konnten dabei alle Kunden ein Auto gewinnen, die Teilnahme war nicht an eine Rx-Bestellung gebunden.