Rezeptbonus in Saftform Alexander Müller, 07.12.2015 11:15 Uhr
Ob sich ausländische Versandapotheken an die deutschen Preisvorschriften halten müssen, wird demnächst der Europäische Gerichtshof (EuGH) entscheiden. Für die Vor-Ort-Apotheken ist die Lage eindeutig: Vorteile – auch indirekte – sind verboten, wenn sie dem Kunden im Zusammenhang mit der Rezepteinlösung gewährt werden. Doch Versuche in diese Richtung gibt es immer wieder: Einer Herner Apotheke wurde vom Landgericht Bochum (LG) verboten, Saftfläschchen als Muster abzugeben.
Vor dem LG streiten zwei Apotheker aus Herne – was in der Stadt im Ruhrgebiet keine Seltenheit ist. Ein Kunde – vermutlich ein Testkäufer – löste ein Rezept mit drei verordneten Arzneimitteln ein. Weitere Produkte kaufte er nicht. Zusammen mit den drei Rx-Medikamenten erhielt er eine 200 ml Flasche Multivitaminsaft.
Die benachbarte Apotheke erwirkte beim LG eine einstweilige Verfügung, die nunmehr vom Gericht bestätigt wurde: Mit der Abgabe der kleinen Flasche Multivitaminsaft bei Einlösen eines Rezeptes gewähre die Apotheke ihren Kunden einen Vorteil, heißt es im Urteil. Dies verstoße gegen das Heilmittelwerbegesetz (HWG), wonach Zugaben bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln unzulässig sind.
Die Apotheke hatte behauptet, bei der Flasche handele es sich um eine Warenprobe, die Abgabe also zulässig. Unter bestimmten Voraussetzungen dürfen Apotheken nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) Warenproben abgeben. Diese Bedingungen sah das LG hier aber nicht als erfüllt an.
Schon die Größe der Flasche mit 200 ml Inhalt spreche gegen den Charakter einer Warenprobe, heißt es im Urteil. Die Richter kennen die kleinen Fläschchen – hier von der Firma Möller – aus eigener Erfahrung. Solche Größen seien auch in der Gastronomie üblich. Einheiten aus dem normalen Vertrieb gehen demnach nur in den seltensten Fällen als Warenproben durch.
Es nützte auch nichts, dass die Fläschchen mit Etiketten mit dem Hinweis „unverkäufliche Warenprobe“ versehen wurden. „Denn wenn dieser Gesichtspunkt für die Einordnung relevant wäre, könnte jede beliebige Größe durch einen solchen Aufdruck als Warenprobe deklariert werden“, heißt es im Urteil.
Für das Gericht ausschlaggebend waren zwei weitere Punkte: Bei der vermeintlichen Warenprobe müsse es sich zunächst überhaupt um ein apothekenübliches Produkt handeln – was bei dem Saft offenbar nicht weiter hinterfragt wurde. Entscheidend waren aber auch die Umstände der Abgabe.
Die Apotheke hatte angegeben, die Fläschchen „unregelmäßig“ an Kunden abzugeben. Konkrete Umstände, etwa eine besondere Aktion für alle Kunden an einem Tag, wurden aber nicht belegt. Nach alldem war es für das Gericht klar, dass es sich bei dem Multivitaminsaft um einen Vorteil für die Kunden handele – und damit um eine unzulässige Zuwendung. Die einstweilige Verfügung wurde daher bestätigt.