Rx-Boni

Kammer erklärt den „Boni-Salat“ Alexander Müller, 29.11.2013 11:51 Uhr

Bagatellschwelle und Berufsrecht: Rx-Boni haben jahrelang die Gerichte beschäftigt. Foto: Elke Hinkelbein
Bad Homburg - 

Der jahrelange Streit um Rx-Boni nähert sich seinem Ende. Einzelne Versandapotheken versuchen noch über Ausweichmodelle, Kunden mit Vorteilen zu locken. Aber im Großen und Ganzen ist der Spuk nach der gesetzlichen Klarstellung vorbei. Klaus Laskowski, Justiziar der Bayerischen Landesapothekerkammer, hat beim Gesundheitsrechtstag der Wettbewerbszentrale einen recht launigen Rückblick gegeben.

Laskowski erklärte den „Boni-Salat“, der aus zahlreichen und zum Teil gegensätzlichen Gerichtsurteilen entstanden war. Kritisch bewertete der Jurist die Urteile des Bundesgerichtshofs (BGH). Im September 2010 entschieden die Karlsruher Richter, dass jeder Rezeptgutschein ein Verstoß gegen das Preisrecht sei, Boni bis zu einem Euro jedoch unterhalb einer wettbewerbsrechtlichen Spürbarkeitsgrenze lägen.

Damit habe der BGH jedoch offen gelassen, ob diese Schwelle pro Rx-Arzneimittel oder pro Rezept gilt und wo die Grenze centgenau zu ziehen sei. Ungeklärt war laut Laskowski zudem, ob sofort einlösbare Boni anders zu bewerten seien als Modelle mit Sammelkarten.

Ohnehin konnte der Kammerjurist mit einer Spürbarkeitsgrenze im starren Preisrecht nicht viel anfangen: „Mit dieser Aufweichung wird der Charakter des Festpreissystems konterkariert“, so Laskowski. Kritisch sei zudem die Frage, ob zuzahlungsbefreite Patienten und Privatversicherte die Vorteile an ihre Krankenversicherung weitergeben müssten.

Nach dem BGH-Urteil wurde vor mehreren Verwaltungsgerichten weiter gestritten. Dabei ging es um die Frage, ob ein Boni-Verbot durch die Aufsicht verhältnismäßig ist, wenn der gewährte Rabatte unterhalb der Spürbarkeitsgrenze liegt. Laskowski zitierte in diesem Zusammenhang zwei interessante Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg: Die Richter differenzierten zusätzlich nach der Reichweite der Boni, weshalb sie bei Versandapotheken strengere Maßstäbe anlegten.

Vor den Berufsgerichten wurde ein Einschreiten der Apothekerkammern dagegen fast ausnahmslos gebilligt: Gegen mehrere Apotheken wurden Geldbußen bis zu 5000 Euro für die Gewährung von Rx-Boni verhängt. Die Beschwerde eines Apothekers in Karlsruhe wies das Bundesverfassungsgericht zurück.

Im Mai 2013 klärte der BGH in zwei weiteren Verfahren die offenen Detailfragen: Die Bagatellgrenze liegt demnach bei exakt einem Euro und gilt pro Arzneimittel, nicht pro Rezept. Im Sommer war das dann alles Makulatur: Der Gesetzgeber verbot mit der AMG-Novelle sämtliche Preisnachlässe auf verschreibungspflichtige Arzneimittel.

Diese Klarstellungen haben Laskowski zufolge auch die weiteren Gerichtsentscheidungen beeinflusst. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen verbot im September ein Bonus-System mit Talern, die bei jedem Einkauf gewährt wurden.

Zuletzt verwies Laskowski auf die jüngsten Rx-Boni-Modelle ausländischer Versandapotheken. Das Landgericht Köln habe die Prämien für das Ausfüllen von Fragebögen als unzulässige Umgehungsversuche enttarnt, so Laskowski. Dasselbe gilt für eine Abholer-Entschädigung in Höhe von 10 Euro.

Die Rechtslage ist an dieser Stelle eindeutig: Der Gemeinsamen Senat der obersten Bundesgerichte hatte im August 2012 entschieden, dass sich auch ausländische Versandapotheken an die Preisvorschriften halten müssen, wenn sie an Kunden in Deutschland liefern. Der Gesetzgeber hat dies noch einmal bekräftigt.

Laskowski rät Apotheken, die Finger von allen geldwerten Vorteilen zu lassen, die erkennbar mit der Rezepteinlösung verknüpft sind. Entgegen vieler „Unkenrufe“ seien Taschentücher und Kundenzeitschriften als Werbegaben aber immer noch zulässig, so der Kammerjurist.