Gerichtsurteil

Rx-Boni: 3 Euro sind zu viel Alexander Müller, 06.07.2011 13:21 Uhr

Berlin - 

Der Streit um Boni auf verschreibungspflichtige Arzneimittel wird derzeit an mehreren Fronten weitergeführt: Während die Apothekerkammern arzneimittelrechtlich jeden Bonus verbieten wollen, wird aus wettbewerbsrechtlicher Sicht über die Höhe der Rx-Boni debattiert. Apotheker Boris Osmann aus Magdeburg ist wegen seiner Rezept-Gutscheinen nun gleich zweimal abgemahnt worden und führt parallele Verfahren.

Am 9. September 2010 hatte der Bundesgerichtshof (BGH) in mehreren Fällen zu Rx-Boni entschieden. Demnach sind sie wettbewerbsrechtlich zulässig, wenn sie unterhalb einer Spürbarkeitsschwelle liegen. Eine genaue Grenze hatten die obersten Zivilrichter nicht festgelegt. Ein Gutschein von einem Euro sei in Ordnung, Boni von fünf Euro jedoch eine unzulässige Beeinflussung des Patienten, so der BGH. Über jeden Cent dazwischen wird seitdem wieder vor Gericht gestritten. Die BGH-Richter hatten aber außerdem festgestellt, dass die Aufsichtsbehörden jede Form von Rabatt auf verschreibungspflichtige Medikamente verbieten können.

Osmann hatte in seiner Stern-Apotheke am Hasselbachplatz seinen Kunden für jedes eingelöste Rezept einen Gutschein in Höhe von drei Euro für OTC- sowie Freiwahlprodukte mitgegeben. Einen direkten Preisnachlass oder Barrabatt gab es nicht. Offenbar hatte daraufhin ein Kollege vor Ort Testkäufe durchgeführt und die Wettbewerbszentrale eingeschaltet.

In dem folgenden Gerichtsverfahren hat das Landgericht Magdeburg am 18. Mai in erster Instanz festgestellt: Auch ein Gutschein über drei Euro ist unzulässig, weil die festen Arzneimittelpreise verletzt werden. Schließlich könnten laut dem BGH auch Gutscheine das verschriebene Medikament günstiger erscheinen lassen. Die Aktion der Apotheke sei daher ein Verstoß gegen die Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV).


Osmann hatte erwidert, dass die Preisverordnung nur zwischen ihm und der Krankenkasse gelte, nicht aber gegenüber dem Kunden. Zudem betrage der Bonus pro Arzneimittel nur 1,76 Euro, wenn drei Medikamente auf dem Rezept verschrieben seien.

Das Landgericht ließ sich davon nicht überzeugen: Die AMPreisV verbiete jede Art von geldwertem Vorteil, weil nach der Argumentation des Apothekers sonst auch Barrabatte zulässig seien. Sinn und Zweck der Regelung seien aber einheitliche Abgabepreise.

Auch ist laut den Richtern ein Betrag von 3 Euro nicht als geringfügige Kleinigkeit zu werten. „Schließlich handelt es sich fast schon um 1 Prozent des Monatseinkommens eines Empfängers von ALG II Leistungen“, heißt es im Urteil. Von einer unsachgemäßen Beeinflussung sei daher auszugehen. Dass der Vorteil kleiner wird, wenn mehrere Arzneimitteln pro Rezept verschrieben sind, ließen die Richter nicht gelten.

Osmann argumentiert, man habe den Bonus bewusst unter dem Betrag von 5 Euro für die gesetzliche Zuzahlung belassen. Der Apotheker will weiter für sein Modell kämpfen und hat Berufung beim Oberlandesgericht Naumburg eingelegt. Dieses hatte in einem früheren Verfahren um die Rx-Boni der Versandapotheke „Zur Rose“ einen Preisnachlass von 5 Euro erlaubt - allerdings vor den BGH-Urteilen.

Obwohl das Urteil noch nicht rechtskräftig ist, darf Osmann seine Boni seit dem 11. Juni nicht mehr anbieten. Die Apothekerkammer Sachsen-Anhalt hatte ihm das Rabattmodell verboten und sofortige Vollziehung angeordnet. Osmanns Beschwerde dagegen beim Verwaltungsgericht Magdeburg blieb ohne Erfolg.