Rollator-Teststrecke in der Apotheke Carolin Ciulli, 29.10.2018 08:01 Uhr
Mit einem beleuchteten Freiwahlmodul und Fachwissen will sich die Apothekenkooperation Migasa als Pflege-Ansprechpartner etablieren. Fast alle Standorte der rund 90 Mitglieder sind im Boot. Auch wenn der Verbund aus Nordrhein-Westfalen kein Dachmarken-Konzept fährt, soll die Darstellung der „Pflegerat-Apotheke“ einheitlich sein. Eigene Marken seien derzeit nicht geplant.
In der Offizin wird über ein Freiwahl-Regal mit Schildern auf die spezielle Kenntnis hingewiesen. In dem Modul werden analog zur Phytothek von Bionorica Produkte gezielt präsentiert. Darin sollen etwa Hilfsmittel wie Inkontinenzprodukte, Alltagshilfen und auch Pflegemittel stehen. „Die Implementierung des Schwerpunktes Pflege in die Apotheke ist ein ganz wichtiger Leistungsbaustein, um die Rolle als Vollversorger vor Ort einzunehmen“, sagt Geschäftsführer Thomas Knoll. Die Apotheken stellen zudem auf Wunsch kostenlos ein individuelles Paket an Pflegehilfsmitteln zusammen. Bis zu 40 Euro der Kosten können monatlich erstattet werden, wenn ein Pflegegrad festgestellt wurde.
Die spezialisierten Apotheken kennen nicht nur für die Pflege notwendige Produkte, sondern auch die gesetzlichen Pflegeleistungsansprüche und die relevanten Ansprechpartner in der Region wie ambulante Pflegedienste, Krankenkassen, Beratungsstellen, Heime sowie weitere wichtige Netzwerkpartner. Sie händigen Betroffenen oder Angehörigen zudem nötige Formulare wie den Antrag auf Kostenübernahme bezüglich der Pflegehilfsmittel aus und geben diese bei Behörden ab.
Die Kooperation will sich mit dem Beratungsschwerpunkt von Mitbewerbern abheben. „Unter dem Dach der Pflegerat-Apotheke wird ein lokales Netzwerk mit allen an der Versorgung beteiligten Personen und Institutionen eine bessere Versorgung gewährleistet“, sagt Sebastian Kockmann, der den Bereich Versorgungsmanagement leitet. Bei den Kunden soll Interesse geweckt werden. Die Apotheken könnten zeigen, dass sie Kompetenz in diesem Gebiet haben.
Bereits 2015 überlegten die Mitglieder von Migasa erstmals, wie sie das Thema häusliche Pflege in den Arbeitsalltag aufnehmen könnten. Im Anschluss erarbeitete ein Team ein halbes Jahr lang ein Konzept. Darin ist eine zweitätige Intensivschulung für knapp 200 Euro vorgesehen, bei der ein Mitarbeiter sowie der Chef dabei sein sollte. „Wir wollen durch die Umsetzung der Inhaber die strategische Ausrichtung und Positionierung in der Apotheke als zentrale Anlaufstelle für pflegende Angehörige sicherstellen“, so Knoll. Ein zusätzlicher Monatsbeitrag fällt nicht an.
Jedes der 90 Mitglieder soll mindestens eine Apotheke spezialisieren. Das Interesse ist groß: 161 Apotheken von knapp 200 hätten das Konzept bereits umgesetzt. Mitglieder des regionalen Verbunds der allesgut-Apotheken etwa unterstützen das Konzept und haben teilweise sogar einen eigenen „Pflegerat-Store“ neben der Apotheke mit Rollatorteststrecke und einem breiten Sanitätshaus-Sortiment eröffnet. Andere Migasa-Mitglieder hängen über dem Freiwahlregal mit Hilfsmitteln und Pflegeprodukten das blaue Schild mit der Marke auf. Den Begriff „Pflegerat-Apotheke“ ließ sich die Kooperation sichern. „Wir suchten einen Namen, der greifbar, präzise und kampagnenfähig ist“, so Kockmann. Eigene Produkte unter der Dachmarke seien derzeit nicht geplant.
Die Apotheken müssen für eine Mitgliedschaft bei der 1998 gegründete Kooperation mindestens einen Netto-Jahresumsatz von 2,3 Millionen Euro erwirtschaften. Ein Dachmarkenkonzept gibt es nicht, der Verbund ist auch eine Einkaufskooperation. Mit Großhandels- und Industriepartnern wird zentral verhandelt. Die Mitglieder sind vor allem in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen verbreitet. Zum Verbund mit Sitz in Lengerich gehören neben dem 2011 gegründeten Blisterzentrum in Nordhorn auch das Blisterzentrum Rheinland in Leverkusen sowie seit 2015 auch ein Sanitätshaus in Rheine.