Im Juni erhielt Sandoz, die Generika-Tochter von Novartis, für ihr Biosimilar Rixathon (Rituximab) in der EU die Zulassung. Das Arzneimittel kann zur Behandlung von Patienten mit bestimmten Formen von Blutkrebs und immunologischen Erkrankungen eingesetzt werden. Rixathon wurde für alle Indikationen zugelassen wie auch das Referenzmittel MabThera/Rituxan von Roche. Im dazugehörigen Stabilitätsdatenblatt hat Sandoz zunächst jedoch eine längere Haltbarkeit angegeben als in den rechtlich verbindlichen Fachinformationen – und damit für Unsicherheit in Apotheken gesorgt. Inzwischen zog Sandoz das Stabilitätsdatenblatt wieder zurück.
Im Stabilitätsdatenblatt wurde mit Bezug auf „experimentell ermittelte Stabilitätsdaten“ eine Haltbarkeit von 30 Tagen in einer NACL-Lösung angegeben. In den Fachinformationen ist dagegen nur von maximal 24 Stunden die Rede. „Das von Ihnen angesprochene Stabilitätsdatenblatt beruht auf experimentellen Daten und wurde auf Anfrage an die anfordernden Apotheken versandt“, teilte eine Sandoz-Sprecherin mit. „Dieses Datenblatt wird aktuell nicht mehr von uns verwendet bis die Daten, die als Basis für die Angaben auf dem Stabilitätsdatenblatt dienten, veröffentlicht wurden. Die Angaben zur Haltbarkeit in der Fachinformation sind rechtlich bindend.“
Nach Angaben von Sandoz wurde das Stabilittätsdatenblatt nach einer „Diskussion mit Roche“ zurückgezogen. Die Veröffentlichung der experimentellen Daten für eine längere Haltbarkeit stehe aber in absehbarer Zeit bevor, so die Sprecherin. In einem weiteren Schritt werde sich Sandoz bemühen, die längere Haltbarkeit auch in die rechtlich verbindlichen Fachinformationen zu übertragen. Obwohl nicht rechtlich verbindlich, sieht Apotheker Dr. Franz Stadler die experimentellen Daten auf diesem Weg dennoch in der Welt. Jetzt bleibe abzuwarten, wie die Krankenkassen damit im Fall von Verwürfen umgingen.
Das europäische und deutsche Arzneimittel-Zulassungsverfahren gelte als eines der Sichersten der Welt, so Stadler. Die Arzneimittelsicherheit habe oberste Priorität und entsprechend wurde gehandelt. „Inzwischen scheint das Zulassungsverfahren aber zu einem zahnlosen Tiger verkommen zu sein, dessen Anforderungen zwar pro Forma erfüllt werden müssen, das aber in der Realität unseres profitorientierten Wirtschaftssystems kaum mehr eine Rolle spielt“, kritisiert der Apotheker.
Sandoz bringe mit Rixathon ein Biosimilar auf den Markt. In der Fachinformation und dem inzwischen zurückgezogenen Stabilitätsdatenblatt würden unterschiedliche Angaben zur Haltbarkeit gemacht: „Für diese inoffizielle Angabe steht die Firma nicht in der Haftung, verschafft sich aber gegenüber den Konkurrenten einen Marketingvorteil“, so Stadler.
Was aber sei nun richtig? Zwischen 24 Stunden und 30 Tagen liege ein erheblicher Unterschied, der gerade auch für die Entstehung von Verwürfen und den damit verbundenen Kosten relevant sei. Solle jetzt die zubereitende Apotheke die Haftung für Wirksamkeit und Unbedenklichkeit übernehmen, obwohl sie das valide in vielen Fällen nicht könne, fragt Stadler: „Sind die Arzneimittelsicherheit und damit die Gesundheit der zu behandelnden Patienten durch die 30 Tage wirklich gewährleistet?“
Weitere Fragen schlössen sich daran an: Wieso sei dieses Vorgehen den Behörden, der Zulassungs- aber auch den Aufsichtsbehörden, egal? „Warum schreiten sie nicht ein? Es ist doch offensichtlich, dass sie von den Firmen an der Nase herumgeführt werden“, so der Apotheker: „Geht es bei diesen Dingen wirklich nur noch um das Geschäft? Spielt die Arzneimittelsicherheit eine so untergeordnete Rolle oder müssen erst Patienten zu Schaden kommen bevor diese Praktiken beendet werden?“
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