Risiko bleibt immer in der Apotheke Alexander Müller, 21.05.2013 12:44 Uhr
Der Streit um diverse Orthomol-Produkte ist beigelegt. Der Hersteller hat sich mit seinen Mitbewerbern geeinigt und die Apotheken schadlos gehalten. Doch der Fall hat gezeigt, dass die Pharmazeuten immer in der Pflicht stehen – und im ungünstigen Fall in die Schusslinie geraten können.
Rund 130 Apotheken waren laut Orthomol wegen des Verkaufs der angegriffenen Produkte abgemahnt worden. Nach der Einigung mit Alpenland und DS Vital hat das Unternehmen die geplante Rücknahme eines Großteils seines Sortiments gestoppt. Die Produkte sollen in den Apotheken wieder verkauft werden.
Aus Sicht des Rechtsanwalts Moritz Diekmann bringt der Hersteller die Apotheken damit unter Umständen in Gefahr: Weil die Nahrungsergänzungsmittel mutmaßlich wegen einer mangelhaften Kennzeichnung nicht verkehrsfähig seien, könnten die Apotheken von jedem Mitbewerber abgemahnt werden, warnt der Hamburger Anwalt.
„Der Markt weiß jetzt, dass die Altbestände aller Wahrscheinlichkeit nach wegen der Kennzeichnung nicht verkehrsfähig sind und nicht vertrieben werden dürfen“, so Diekmann. Eine Vereinbarung zwischen Orthomol und anderen Firmen betreffe nicht den einzelnen Apotheker und schütze diesen auch nicht. Schließlich hafte der Apotheker dafür, dass die von ihm abgegebenen Produkte verkehrsfähig seien.
Auch bei Orthomol weiß man um dieses Risiko. „Die Idee, Apotheken oder andere Einzelhändler abzumahnen, ist mit dem Vergleich nicht aus der Welt“, sagt Geschäftsführer Michael Schmidt. Es bleibe aber zu hoffen, dass die Hersteller solche Streitfragen künftig wieder ausschließlich untereinander klärten. „Denn im Lebensmittelrecht ist es für Apotheken kaum möglich, die Verkehrsfähigkeit von jedem Produkt zu kontrollieren“, so Schmidt.
Diekmann zufolge besteht für Apotheken derzeit trotzdem die Gefahr, erneut abgemahnt zu werden: „Orthomol nimmt dies aber offenbar in Kauf, um die Bestände nicht zurücknehmen zu müssen“, so Diekmann. Der Anwalt rät Apotheken, sich von dem Hersteller die Verkehrsfähigkeit der Produkte und die Übernahme für etwaige Schäden bestätigen zu lassen.
Tatsächlich steht es den Mitbewerbern einer Firma oder auch konkurrierenden Apothekern grundsätzlich frei, sich direkt an die Apotheken zu wenden. Im Fall von Orthomol audio hatte das Landgericht Düsseldorf eine einstweilige Verfügung erlassen, die DS Vital den Abmahnungen zugrunde legte.
Voraussetzung für ein rechtliches Vorgehen gegen Apotheken ist ein solcher Titel aber nicht. Denn wettbewerbsrechtlich gibt es zwei sogenannte Störer: den Hersteller und denjenigen, der das angegriffene Produkt an Endverbraucher abgibt.
Die Verkehrsfähigkeit ist dabei nur ein Aspekt, auch für die Verbreitung irreführender Werbung haftet letztlich der Apotheker. Allerdings beharken sich die Hersteller für gewöhnlich gegenseitig, so dass die Apotheken erst im Nachhinein davon erfahren.