Richter verhandeln über Apotheken-Notdienst Janina Rauers, 24.05.2011 10:32 Uhr
Bundesweit leisten jede Nacht 2000 Apotheken Notdienst. Inhaber mehrerer Apotheken müssen sich mit allen Geschäften an der Bereitschaft beteiligen. Denn Filialen gelten in Deutschland als vollwertige Apotheken. Das könnte sich mit der neuen Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) ändern. Und auch vor Gericht wird über das Thema gestritten: Mehrere Apotheker wollen ihren Notdienst immer in derselben Apotheke durchführen. In zwei Fällen steht nun eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) an.
Die Richter beschäftigen sich unter anderem mit der Forderung einer Apothekerin aus Jena. Ihre beiden Apotheken sind 50 Meter voneinander entfernt. Die Semmelweiß-Apotheke ist wesentlich größer als die Filiale. Auch das Warenlager ist besser ausgestattet. Die Apotheke im Post-Carré dagegen liegt etwas versteckt in einem Ärztehaus. Die Kunden müssen daher zunächst in den Innenhof, um die Notdienstklappe zu erreichen. Die Inhaberin, Brigitte Rump, will alle Notdienste in ihrer Semmelweiß-Apotheke durchführen. Vor Gericht wird sie von ihrem Mann, Peter Rump, vertreten.
Notdienste nur in der Hauptapotheke durchzuführen, trägt laut Rump zu einer besseren Arzneimittelversorgung bei: „Das ist sicherlich der weitaus bessere Weg, weil die Apotheke größer ist, mehr Personal hat, bessere Vertretungsmöglichkeiten hat und weil wir auch wirtschaftlich sehr viel besser kalkulieren und disponieren können.“
Doch die Landesapothekerkammer Thüringen genehmigt nicht, dass alle Notdienste eines Filialverbundes von einer Apotheke übernommen werden. Sonst würden, so die Kammer, wirtschaftliche Interessen überwiegen, vor allem auf dem Land würde die Arzneimittelversorgung schlechter. Kammerpräsident Ronald Schreiber glaubt, das könnte auf lange Sicht das Ende der vollwertigen Apotheke bedeuten.
„Wenn ich in einer Filiale keinen Notdienst mehr machen muss, steht irgendwann natürlich das Notdienstzimmer zur Disposition“, sagt Schreiber. „Wenn ich in einer Filiale keine Rezeptur mehr machen muss, steht irgendwann natürlich das Labor zur Disposition. Und wenn ich diese ganzen Dinge, die für meine Begriffe an einer Apotheke essentiell sind, wegrationalisiere, dann bin ich, um es einmal drastisch zu sagen, bei Arzneimittelabgabestellen.“
Eine Ansicht, die die Apothekerin und ihr Anwalt nicht nachvollziehen können. Schließlich bleibe die Anzahl der Notdienste gleich. Und die Hauptapotheke sei ebenso schnell und zudem leichter zu erreichen. „Man muss sich vor Augen führen, dass die Filiale nur eine Betriebsstätte der Hauptapotheke ist - sie hat gar keine rechtliche Eigenständigkeit. Daher muss es auch dem Inhaber überlassen sein, wie er seine Ressourcen organisatorisch und personell einsetzt“, sagt Rump.
Die Kammer solle erneut über den Antrag der Apothekerin entscheiden, urteilte das Thüringer Oberverwaltungsgericht. Die Kammer legte daraufhin Revision ein, um Klarheit im Notdienststreit zu erhalten: „Wir wollen vom Gesetzgeber eine klare Darstellung, wie mit dem Notdienst umzugehen ist“, sagt Schreiber. „Und wir hoffen natürlich, dass unsere Rechtsauffassung vom Bundesverwaltungsgericht bestätigt wird.“
Am 26. Mai wird der Fall vor dem Bundesverwaltungsgericht verhandelt. Kammer und Apotheker schauen aber nicht nur nach Leipzig, sondern gleichzeitig auch nach Berlin: Mit der Novelle der ApBetrO könnten die Anforderungen an Filialen schon vor einem Urteil der Richter neu geregelt werden.