Streit um Augentropfen

Rezepturzuschlag: Nur einmal pro Rezept

, Uhr
Berlin -

Der Rezepturzuschlag nach Hilfstaxe kann unabhängig von der verordneten Menge nur einmal pro Verordnung abgerechnet werden – und nicht pro zubereiteter Einheit. Das hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) entschieden.

Streit um Augentropfen

Im konkreten Fall ging es um Retaxationen in Höhe von 845 Euro. Eine Apotheke aus Baden-Württemberg hatte zwischen Januar und Oktober 2015 insgesamt 15 Rezepte angenommen und beliefert, auf denen wässrige Ciclosporin-Augentropfen verordnet waren. Da jeweils wie verordnet zwischen sechs und zwölf Fläschchen à 5 ml hergestellt wurden, rechnete die Apotheke für jede Einheit den Rezepturzuschlag in Höhe von damals 7 Euro ab.

Rezepturzuschlag laut AMPreisV

Laut § 5 Arzneimittelpreisverordnung AMPreisV dürfen Apotheken bei Rezepturen – wörtlich heißt es „bei der Abgabe einer Zubereitung aus einem Stoff oder mehreren Stoffen, die in Apotheken angefertigt wird“ – neben den Einkaufspreisen für Wirkstoffe, Grundlagen und Gefäße verschiedene Aufschläge in Rechnung stellen:

  • Festzuschlag von 90 Prozent auf die Apothekeneinkaufspreise ohne Umsatzsteuer für Stoffe und erforderliche Verpackung
  • Rezepturzuschlag von 3,50 Euro, 6 Euro oder 8 Euro
  • Festzuschlag von 8,35 Euro (außer bei verschiedenen onkologischen Infusionslösungen)
  • Umsatzsteuer

Der Rezepturzuschlag wird nach verschiedenen Kategorien aufgelistet; die Augentropfen gehören zur „Anfertigung von Arzneimitteln mit Durchführung einer Sterilisation, Sterilfiltration oder aseptischen Zubereitung bis zur Grundmenge von 300 g“.

    Kasse retaxiert Zuschläge

    Nach Rechnungsprüfung retaxierte die betroffene Kasse die abgerechneten Rezepturzuschläge und berücksichtigte pro Verordnung lediglich einen einmaligen Rezepturzuschlag. Die Pauschale sei nur einmalig zu erstatten, wenn der Arzt lediglich ein Verordnungsblatt verwende, selbst dann, wenn die Apotheke mehrere Zubereitungen herstelle. Ein Arzneimittel hänge untrennbar mit der Verordnung zusammen. Sei eine Herstellung in einem Arbeitsgang aus pharmazeutischen Gründen – etwa aus Haltbarkeitsgründen – nicht möglich, müsse die Apotheke eben Rücksprache mit dem Arzt halten.

    Die Apotheke klagte vor dem Sozialgericht Stuttgart (SG). Bei unter aseptischen Bedingungen hergestellten Augentropfen falle der Rezepturzuschlag in Höhe von 7 Euro einmal je hergestellter Rezeptur an, da sich § 5 AMPreisV eindeutig auf die einzelne Zubereitung beziehe. Wörtlich ist dort die Rede von der „Abgabe einer Zubereitung aus einem Stoff oder mehreren Stoffen, die in Apotheken angefertigt wird“.

    Für eine andere Auslegung sei aufgrund des klaren Wortlauts kein Raum. Mit dem Rezepturzuschlag werde der Herstellungsaufwand der Apotheke bei der Herstellung einer Zubereitung vergütet. Falle der Herstellungsaufwand mehrfach an, müsse er auch mehrfach vergütet werden. Im Übrigen sei die Herstellung von aseptischen Augentropfen selbst bei einem Zuschlag von 7 Euro für Apotheken nicht wirtschaftlich. Eine Auslegung, wonach der Rezepturzuschlag nur einmal je Rezept abrechenbar wäre, würde eklatant die Zwecksetzung einer Vergütungsregelung verfehlen.

    Zubereitung: Tätigkeit oder Ergebnis?

    Doch nachdem schon das SG zugunsten der Kasse entschieden hatte, wies jetzt auch das Landessozialgericht (LSG) die Klage ab. Zwar könne man unter dem Begriff „Zubereitung“ das Ergebnis des Herstellungsprozesses sehen, sodass je nach Auslegung auch die einzelnen Applikationseinheiten, in die die Flüssigkeit abgefüllt wird, gemeint sein könnten. Andererseits ließe sich „Zubereitung“ auch als Synonym für den Herstellungsprozess verstehen, wonach die gesamte auf einem Rezept verordnete Augentropfenlösung erfasst wäre, auch wenn sie auf mehrere Fläschchen verteilt werde.

    Für letztere Sichtweise spricht laut LSG, dass von „Arzneimitteln“ im Plural die Rede ist. Außerdem werde der Rezepturzuschlag unabhängig von der Applikationsform nur nach der Grundmenge von bis zu 300 g angegeben – und eben nicht nach der Anzahl der Applikationseinheiten. Aus diesem Grund werde – anders als etwa in der nachfolgenden Kategorien des „Zuschmelzens von Ampullen bis zur Grundmenge von 6 Stück“ – auch nur ein Gesamtzuschlag geregelt und nicht etwa ein Zuschlag je Applikationseinheit.

    Keine Regelung in Hilfstaxe

    In einem anderen Fall sei das Thüringer Landessozialgericht im März 2022 ebenfalls zu der Einschätzung gelangt, dass der Rezepturzuschlag in dieser Kategorie für mehrere auf einem Rezept verordnete Zubereitungen nur einmal zu berechnen sei. Eine abweichende Regelung sei weder in Rahmenvertrag beziehungsweise Hilfstaxe noch in den regionalen Lieferverträgen vereinbart.

    Das SG hatte zuvor noch explizit den Hinweis gegeben, dass für die Herstellung aseptischer Zubereitungen angesichts des unbestreitbaren Aufwands eigentlich deutlich höhere Zuschläge zu wünschen wären. Über die geltenden Bestimmungen könne man sich aber nicht einfach hinwegsetzen.

      Newsletter
      Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

      Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

      Mehr zum Thema
      „Wir verhalten uns juristisch richtig“
      Rezeptur-Retax: Kassen fordern tausende Euro
      Mehr aus Ressort
      Kein Bewusstsein für Leistung vorhanden
      Notdienst: Apotheker für 50 Prozent Luxus-Aufschlag
      Neue Nische für Zwischenhändler
      Skonto über Großhandelsapotheken?

      APOTHEKE ADHOC Debatte