Zum 1. Januar tritt bei der Abrechnung von Rezepturen ein vertragsloser Zustand ein, denn die Anlagen 1 und 2 der Hilfstaxe wurden vom Deutschen Apothekerverband (DAV) gekündigt. Weil es keine Fortgeltungsklausel gibt, wird nach Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) abgerechnet. Apotheken fürchten Retaxationen – um diese zu umgehen, überlegen Kolleg:innen, auf Muster-16 verordnete Rezepturen als Selbstzahlerleistung abzurechen. Doch dem Vorhaben erteilt der DAV eine klare Absage.
Die Kosten steigen, doch die Kassen wollen nicht mehr zahlen. Seit 2019 wurden die Preise der Hilfstaxe nicht angepasst. Weil es zu keiner Einigung mit dem GKV-Spitzenverband kam, hat der DAV als Konsequenz die Anlagen 1 (Stoffe) und 2 (Gefäße) zum Jahresende gekündigt. Daher wird die Abdata die vereinbarten Hilfstaxenpreise zum 1. Januar löschen – mit Ausnahme von Cannabis. Das kommt die Kassen teuer zu stehen – oder die Patient:innen.
Abgerechnet wird nach §§ 4 und 5 AMPreisV. Das bedeutet, dass bei Stoffen der Einkaufspreis der für die nötige Menge üblichen Packung abgerechnet wird. Es wird nicht anteilig abgerechnet. Dabei wird der real zu leistende Preis und kein Listenpreis für die Berechnung der Rezeptur herangezogen. Bei der Herstellung einer Rezeptur können gemäß § 5 AMPreisV ein Festzuschlag von 90 Prozent auf die Apothekeneinkaufspreise ohne Umsatzsteuer für Stoffe und erforderliche Verpackung, ein Rezepturzuschlag (Arbeitspreis) sowie der Festzuschlag von 8,35 Euro (Ausnahme parenterale Zubereitungen) zuzüglich Umsatzsteuer erhoben werden.
Die Verbände weisen die Apotheken schon jetzt darauf hin, dass die Kassen in puncto Abrechnung eine andere Auffassung vertreten. Nämlich die, dass nur die verarbeitete Menge abgerechnet werden soll. Dies habe der GKV-Spitzenverband dem DAV in den letzten Verhandlungsgesprächen mitgeteilt. Daher wird vor Retaxationen gewarnt, ohne dass es eine konkrete Hilfestellung gibt.
Für einige Apotheken kommt daher die Herstellung als Selbstzahlerleistung ins Spiel – der Versicherte müsste den Betrag auslegen und sich das Geld dann von seiner Kasse wiederholen. Doch das Muster-16-Rezept kann nicht einfach als Privatrezept beliefert und abgerechnet werden. Aus Sicht des DAV wäre dies „nicht rechtskonform“. Die Begründung: „Die Apotheken sind nach wie vor verpflichtet, die gesetzlich versicherten Personen im Wege des Sachleistungsprinzips nach Maßgabe der hierzu geltenden Bestimmungen (v.a. aus den Rahmenverträgen gemäß §§ 129, 300 SGB V) zu versorgen. Lediglich die Vertragspreise der Hilfstaxe sind weggefallen. An deren Stelle treten die Preisregelungen nach den §§ 4, 5 AMPreisV.“
Nojan Nejatian, Inhaber der Heegbach-Apotheke in Erzhausen, findet die Kündigung der Hilfstaxe im Grunde nicht schlecht: „Es ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Aber es ist definitiv der falsche Zeitpunkt“, so der hessische Apotheker. „In dem derzeitigen E-Rezept-Durcheinander müssen Apotheken nun auch mit den Problemen der Rezepturabrechnung kämpfen“, ärgert sich Nejatian.
Im Prinzip sei der Schritt aber längst fällig gewesen: „Die Inflation hat sich beispielsweise gar nicht in der Hilfstaxe widergespiegelt. Die Apotheken sehen nun in diesem Zusammenhang jedoch die Honorarerhöhung in Gefahr“, so der Inhaber. „Die Neueinführung des E-Rezeptes bindet schon zu viele Ressourcen, eine Kündigung der Hilfstaxe wäre somit im nächsten Jahr deutlich zielführender gewesen.“
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