Das Landgericht Osnabrück hat die ehemalige Realschullehrerin Gisela O., die sich durch gefälschte Rezepte über 900.000 Euro erschlichen hat, erneut verurteilt. Das erste Urteil aus dem Jahr 2018, das der Bundesgerichtshof (BGH) zwischenzeitlich wieder aufgehoben hatte, wurde nicht nur bestätigt, das Strafmaß fällt wegen eines weiteren Deliktes sogar noch höher aus: Die pensionierte Beamtin soll für 2 Jahre und 11 Monate ins Gefängnis, außerdem wurde der Einzug von 903.558,30 Euro beschlossen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Fast fünf Jahre lang hatte die heute 68-Jährige auf erschreckend einfache Weise Rezepte gefälscht: Mit einer Nagelschere, einem Apothekenstempel und einem Farbdrucker hatte sie die Verordnungen manipuliert, dass jeweils eine größere Menge an Medikamenten auf ihnen stand, als tatsächlich verschrieben worden waren. Wegen einer Darmerkrankung soll die Frau bei unterschiedlichen Ärzten in Behandlung gewesen sein, die ihr ein teures Medikament tatsächlich regelmäßig verschrieben hatten. Die Originalrezepte löste sie jedoch nicht in einer Apotheke ein, sondern bearbeitete sie so, dass der Eindruck erweckt wurde, die jeweiligen Medikamente seien nicht nur einmal, sondern bis zu zehnmal verordnet, von der Apotheke ausgehändigt und von ihr bezahlt worden.
Dazu hatte sie zunächst den Stempelaufdruck einer Apotheke mithilfe eines Farbkopierers freigestellt und auf ein Blankoblatt kopiert. Von den Originalrezepten hatte sie mit einer Nagelschere Zahlen ausgeschnitten, die sie dann auf andere Rezepte klebte. Per Hand fügte sie Pharmazentralnummern und die Berechnung des Gesamtpreises hinzu. Die gefälschten Rechnungen kopierte sie anschließend auf das Blankopapier mit dem Apothekenstempel, sodass die Kopie wie eine ärztliche Verordnung mit Quittung der Apotheke aussah.
Daraufhin reichte sie die Fälschungen bei der Beihilfestelle des Landes Niedersachsen ein, die bei Beamten einen Teil der Kosten für Heilbehandlungen trägt, und erhielt so Erstattungen für Medikamente, die sie tatsächlich weder bezahlt noch erhalten hatte. Rund 900.000 Euro hatte sie sich auf diese Weise erschlichen. Mit dem zusätzlichen Gehalt von rund 17.000 Euro im Monat unterstützte sie nach eigenen Angaben ihre drei Kinder und finanzierte ihren hohen Lebensstandard und ausgiebige Shoppingtouren. Als im Zuge der Ermittlungen ihr Haus durchsucht wurde, fand man Unmengen an Luxushandtaschen, Schmuck, Lederjacken und Pelzmänteln. Laut Gericht lag allerdings kein Fall einer krankhaften Kaufsucht vor.
Im November 2018 hatte das Landgericht Osnabrück sie deshalb wegen Betruges in Tateinheit mit Urkundenfälschung in 112 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 10 Monaten verurteilt. Doch ein gutes halbes Jahr später hatte der BGH das Urteil teilweise aufgehoben. Zwar bestätigte der BGH damals den Schuldspruch und die Feststellungen zur Sache. Aus Sicht der Richter war jedoch mit Blick auf das Strafmaß erneut zu prüfen, ob der Angeklagten eine besondere Strafmilderung zugutekommen musste. Denn Gisela O. hatte sich von Anfang sehr kooperativ gezeigt: Nicht nur war sie bereits zu Prozessbeginn vollumfänglich geständig.
Sie stimmte auch noch während des Ermittlungsverfahrens der Verwertung eines Großteils ihres privaten Vermögens zu. Unter anderem ließ sie ihr Einfamilienhaus versteigern, um die Summe in die Schadenswiedergutmachung einzubringen. Bereits während des Ermittlungsverfahrens konnte so eine Summe von rund 700.000 Euro generiert werden. Doch es half nicht viel: Am Donnerstag entschied die 25. Große Strafkammer am Landgericht Osnabrück, dass auch unter Berücksichtigung dieses Aspekts für die vor dem Landgericht zu verhandelnden Taten eine Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 10 Monaten tat- und schuldangemessen sei. Und es kam sogar noch ein Monat obendrauf. Zwischenzeitlich war Gisela O. nämlich vom Amtsgericht Osnabrück wegen eines Straßenverkehrsdelikts zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Diese noch nicht vollstreckte Strafe wurde in die neu zu bildende Gesamtstrafe durch Umrechnung in Haftzeit mit einbezogen, sodass die Freiheitsstrafe im Ergebnis nun insgesamt sogar einen Monat höher ausfiel als in der ersten Entscheidung.
Noch ist das Urteil nicht rechtskräftig. Es kann bezüglich des Strafausspruchs und der Entscheidung über die Werteinziehung binnen einer Woche erneut mit der Revision zum BGH angegriffen werden. Dabei geht es noch einmal um sehr viel für Gisela O.: Denn wird das Urteil rechtskräftig, verliert sie ihre Rechte als Beamtin, was unerfreuliche Folgen für ihre Krankenversicherung und Altersversorgung hätte.
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