Amtsgericht Nordhausen

Rezeptfälscherbande soll für Jahre hinter Gitter

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Berlin -

Die Staatsanwaltschaft Mühlhausen fordert für Apothekerin Heike K. und ihr Ehemann Manfred K. mehrjährige Haftstrafen. Sie sieht es als erwiesen an, dass die drei über mehrere Jahre ein ausgeklügeltes System zur Fälschung und Einlösung von Rezepten betrieben und die Krankenkassen so um zehntausende Euro betrogen haben. Am härtesten soll es Manfred K. treffen, er gilt nach den Erkenntnissen von Oberstaatsanwalt Gert Störmer als Spriritus Rector der Betrugsmasche – noch dazu als ein ziemlich dreister. Er soll für vier Jahre ins Gefängnis.

Ehefrau und Apothekerin Heike K. hingegen soll hingegen für drei Jahre und sechs Monate hinter Gitter. Vergleichsweise gering fiel die Forderung für die ehemals in der Apotheke von K. angestellte PTA Jennifer R. aus: Obwohl sie eine tragende Säule des Betrugssystems war, verlangt die Staatsanwaltschaft ein Jahr und acht Monate für sie, die für vier Jahre zur Bewährung ausgesetzt werden sollen, sowie 100 Sozialstunden. Für sie fordert Störmer weit weniger, weil in ihrem Fall die Kronzeugenregelung der Paragraphen 46b und 49 Abs. 1 der Strafprozessordnung angewendet werden sollen: R. war hatte bereits direkt nach ihrer Festnahme umfassend ausgepackt und so maßgeblich zur Aufklärung des Falles beigetragen. Deshalb war sie im Gegensatz zur Apothekerin und ihrem Mann auch schon vor Prozessbeginn aus der U-Haft entlassen worden.

Ihre Verteidigerin schloss sich der recht milden Starfforderung der Staatsanwaltschaft an. Manfred K.s Anwalt hingegegen enthielt sich dahingehend. Er hat keinen Strafantrag gestellt. Die Anwältin von Heike K. wiederum forderter, dass ihre Mandantin nicht mehr als drei Jahre Haft erhalten solle und führte strafmildernde Umstände an. So blicke die Apothekerin mit dem bevorstehenden Entzug ihrer Approbation auch einem erheblichen beruflichen Verlust entgegen, durch den sie ohnehin schwer gestraft sei. Auch sei es eine der Hauptmotivationen für die Taten gewesen, dass sie mit ihrer Apotheke auch die elf Arbeitsplätze habe erhalten wollen.

Manfred K. soll die emitionale Abhängigkeit der Frauen ausgenutzt haben

Für ihren Ehemann galt das weniger. Für ihn fordert die Staatsanwaltschaft die härteste Strafe. Ausschlaggebend war dabei nicht nur, dass er als Mastermind die Masche entwickelt hatte, sondern auch, dass er seine Ehefrau und die 35-jährige PTA nach Auffassung Störmers auf perfide Art mit hineingezogen haben soll. Er habe bei beiden ausgenutzt, dass sie sich in einer schweren Situation befunden haben, ihnen geholfen und dann ihre emotionale Abhängigkeit von ihm missbraucht. Doch auch seine Kaltschnäuzigkeit könnte ihm zum Verhängnis werden: Denn eine ähnliche Masche war bereits zuvor aufgeflogen.

Bereits im Jahr 2014 hatte nämlich ein Berliner Gericht eine ehemalige Angestellte der Apotheke von K. für eine ähnliche Rezeptfälschermasche verurteilt. Offenbar gab es ein Schweigeabkommen zwischen Manfred K. und jener Angestellten, dass sie ihn nicht anschwärzt, sollte sie gefasst werden. Jedenfalls hatte sie ihn während des Gerichtsprozesses nicht belastet – wohl aber im Nachhinein, nachdem sie zum Einzug des Schadensbetrages von 25.000 Euro verurteilt wurde. Die Staatsanwaltschaft Cottbus nahm daraufhin Ermittlungen gegen K. auf, die mittlerweile abgeschlossen sind. Am Amtsgericht Königs Wusterhausen liegt deshalb eine fertige Anklageschrift gegen K. – der trotzdem unbeirrt an anderer Stelle dieselbe Masche weitergeführt hat.

Die Einschätzung von Oberstaatsanwalt Gert Störmer fällt deshalb vernichtend aus. K. sei ein „Intensivtäter“, der nach der Haftentlassung unter Führungsaufsicht gestellt werden müsse, so der Oberstaatsanwalt am Mittwoch vor Gericht. Den Gesamtschaden, den die drei den Krankenkassen verursacht beziffert er auf rund 75.000 Euro. Das Eheppar K. hatte laut Gericht versucht, „auf betrügerische Weise den Bestand ihrer Apotheken zu retten, die schlecht liefen“. Sie haben Dutzende Krankenkassen betrogen, indem sie mit erschlichenen Patientendaten Rezepte fälschten, in verschiedenen Apotheken im gesamten Bundesgebiet einlösten und die Arzneimittel dann über die eigenen beiden Apotheken weiterverkauften.

Manfred K. war jeden Monat mit der PTA „auf Tour gegangen“, wie sie es selbst nannten. Mit Perücke und Brille verkleidet löste R. dabei die gefälschten Rezepte für Präparate wie Humira, Xarelto, Lyrica, Pregabalin oder Betaferon ein. Die Blanko-Rezepte hatte K. in einer Druckerei besorgt und daraufhin in Eigenregie mit erschlichenen Patientendaten gefälscht. Gleichzeitig hatten Manfred K. und Jennifer R. nach R.s Aussage eine sexuelle Beziehung geführt, die Ausgangspunkt für die Taten gewesen sei. K. hat das vor Gericht abgestritten, die Natur ihres Verhältnisses spielte daraufhin eine große Rolle im Prozess. K. ist selbst kein Pharmazeut, sondern war in den Apotheken seiner Ehefrau als Manager angestellt.

2006 hatten die beiden geheiratet, nachdem Manfred K. sie aus einer toxischen Beziehung zu ihrem Ex-Mann gerettet hatte. 2007 investieren sie 100.000 Euro in die Eröffnung einer zweiten Apotheke ganz in der Nähe. Nach einem guten Start sei es mit der Filiale aber rapide bergab gegangen, nachdem „gegenüber eine Filiale einer Billig-Apothekenkette eröffnet hat“, so Heike K. Die Konsequenz: Die Filiale zieht um, was die beiden noch einmal 100.000 Euro kostet – alles über Kredite und Darlehen finanziert. Doch in den folgenden Jahren entwickelt sich der Betrieb auch am neuen Standort nicht wie erhofft. Um den strauchelnden Betrieb zu retten, hatten sie die Betrugsmasche entwickelt und jahrelang durchgeführt. Ob und wie lange sie dafür ins Gefängnis müssen, wird sich am späteren Mittwochnachmittag zeigen. Dann wird das Urteil erwartet.

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