Revoluzzer: Who is Who? Alexander Müller, 30.06.2018 07:58 Uhr
Da sitzt ein frecher Nerd auf der Bühne und freut sich, dass er seine Idee an einen großen Konzern verkauft hat. Und die Apotheker sind genervt von dem Hype und ein bisschen beängstigt, vor dem, was da kommen mag. Das war 2007. Und die Geschichte wiederholt sich. Nur schlimmer.
Der „Apothekerschreck“ hieß damals Ralf Däinghaus und der Feind der inhabergeführten Apotheke war Celesio. Rückblickend ist das fast rührig: Däinghaus versuchte sich seit seiner sehr schnellen Flucht aus Stuttgart mit verschiedenen Projekten, die alte Strahlkraft hat er mit keinem davon zurückgewonnen. Und irgendwie scheint er nicht loszukommen. Jetzt will der „kreative Zerstörer“ von einst den Apothekern seinen Scanner verkaufen.
Celesio gibt es überhaupt nicht mehr. Gehe hat zwar jetzt einen amerikanischen Pass. Doch die Stuttgarter haben als Großhändler zu sich selbst und zu den Apothekern zurückgefunden. Auch alles recht friedlich also – bis Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) das Großhandelshonorar anfassen wird.
Der neue Apothekerschreck heißt nicht Ralf, sondern TJ und der neue Feind nicht Celesio, sondern Amazon – das sagt eigentlich alles über die Bedrohungslage. Damals war von Robin Hood die Rede oder in biblischer Anlehnung von David gegen Goliath. Jetzt steht Godzilla vor der Tür, ein Godzilla im Mickeymaus-Kostüm, den jeder mag. Der muss die Tür gar nicht eintreten; wir machen auf, weil er verlässlich im 2-Stunden-Fenster klingelt und liefert.
Ganz so weit ist es noch nicht, aber wenn man sich PillPack genauer anschaut und mit welchem Selbstverständnis das Unternehmen antritt, kann man sich vorstellen, wo Apothekerschreck TJ Parker und sein neuer Freund Jeff Bezos hinwollen. Und was machen die Verblisterer hierzulande? Holdermann und Kohl geben eine Wasserstandsmeldung.
Aber wie heißt es so schön (zweite Bibelreferenz): Sorge dich nicht um morgen, der morgige Tag wird für sich selbst sorgen. Vor allem, wenn man heute die akute Sorge hat, wo man sich noch Ibuprofen besorgen kann, um seine Patienten zu versorgen. Auch wenn wir uns gefreut haben, dass die Bild, Focus, der SWR und zahlreiche weitere große Medien unsere Meldung aufgegriffen haben, hätten wir uns mit den Apothekern mehr gefreut, wenn es die Nachricht vom drohenden Mega-Engpass gar nicht gegeben hätte. Es tut uns auch leid, dass wir dem BfArM so viel Arbeit damit machen.
Es ist aber noch viel viel anstrengender, wenn die Behörde es ganz genau wissen will und zu einem nach Hause kommt, also in die Apotheke – für viele Selbst-und-ständige verschwimmt die Grenze Tag für Tag mehr. Will sagen, wenn der Pharmazierat gar nicht klingelt, sondern zur Revision auf der Matte steht. Dann am liebsten gar keinen Witz machen, weil Humor halt so schrecklich missverständlich ist. Und zack, eskaliert die schönste Revision und man soll 2000 Euro zahlen.
Für 9 Cent bekommt man dagegen heutzutage Nasenspray und Paracetamol, was nicht weiter schlimm ist, da beide Produkte über jeden Missbrauchsverdacht erhaben sind. Vielleicht, ganz vielleicht ist das aber auch ein Lockvogelangebot, weil der Mindestbestellwert bei der Apo40 eher sehr hoch ist, das Porto aber bei Rezepteinlösung natürlich entfällt.
Apotheken sind allerdings auch immer billiger zu haben, wie die Apobank herausgefunden hat. Und das liegt nicht an den schrulligen Apothekern, sondern an der Honorarentwicklung, die leider nicht parallel zum ABDA-Haushalt läuft. Und es liegt an immer neuen Vorschriften, jüngst DS-GVO. Zum Glück hat ein Kollege schon bewiesen, dass man sich von Abmahn-Anwälten nicht einschüchtern lassen soll. Und überhaupt: Kollegen sollten sich nicht nur nicht abmahnen, sie können es vermutlich auch nicht.
Die Drogeriekette Müller legt los mit Eucerin und Bepanthol und allerhand anderem. Der Großhändler Gehe wehrt sich auf seine Weise und entzieht Müller Konkurrenz. Hier in Person des Logistikchefs, der nach Stuttgart wechselt. Und dann gibt es ja immer noch die Frauenversteher aus Homburg...
Also, wie sagte ein Apothekenkunde neulich so schön: Nicht jammern, Notdienst schieben für den Zusatzverdienst. Für alle, die dieses Wochenende dran sind, nicht alles auf einmal ausgeben! Für alle: Schönes Wochenende!