Mit oder ohne Ankündigung?

Revisionen: Flickenteppich in Deutschland

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Berlin -

Wenn der Pharmazierat kommt, steigt bei den Apothekenteams der Puls. Wenn der Besuch angekündigt wird, bleibt wenigstens noch Zeit zur Vorbereitung. Aber das ist nicht überall so, in einigen Kammerbezirken stehen die Kontrolleure noch immer spontan vor der Tür. Die Regelungen zur Revision sind ein bundesweiter Flickenteppich.

Nach der Änderung in Schleswig-Holstein bleiben Hamburg und Hessen die einzigen Bundesländer, in denen Revisionen in der Regel ohne vorherige Ankündigung durchgeführt werden. Zwar wird in allen anderen Kammerbezirken die routinemäßige Kontrolle durch Pharmazieräte oder Amtsapotheker angekündigt. Dennoch gibt es deutliche Unterschiede.

Norden

Revisionsbesuche werden in Bremen laut Kammer überwiegend angekündigt. Apotheken erhalten hier eine Vorlaufzeit von in der Regel 10 bis 14 Tagen. Aber: Unangekündigte Revisionen sind grundsätzlich möglich. Diese finden aber normalerweise anlassbezogen statt. Derzeit sind zwei Hauptamtliche im Einsatz, die neben der Apothekenüberwachung auch weitere Überwachungsbereiche abdecken, sowie zwei ehrenamtliche Kollegen. Ein repräsentativer Durchschnittswert für die jährliche Revisionsanzahl lässt sich nicht bilden, da die Anzahl der Kontrollen Schwankungen unterliegt, bedingt durch zum Beispiel die Verfügbarkeit der Überwachungskräfte und weitere externe Einflüsse wie die Aufarbeitung pandemiebedingter Ausfälle und Verschiebungen.

In Hamburg unterliegen Apotheken der Aufsicht der Behörde für Justiz und Verbraucherschutz (BJV). Die Überwachung erfolgt routinemäßig und unangekündigt durch zehn ehrenamtliche Pharmazierätinnen und -räte. Kai-Peter Siemsen, Ehrenpräsident der Apothekerkammer Hamburg, betont jedoch, dass es erwünscht ist, dass Inhaberinnen und Inhaber bei der Revision vor Ort sind.

Im Durchschnitt werden die Hamburger Apotheken alle drei Jahre inspiziert. 2013 wurden über 100 Apotheken risikoorientiert überprüft, wobei weniger als 5 Prozent Mängel aufwiesen, die eine zweite Kontrolle erforderlich machten, so die BJV. Siemsen erklärt außerdem, dass vereinzelt, beispielsweise bei Untersuchungen von Pharmazierat-Apotheken, hauptamtliche Revisoren zum Einsatz kommen.

In Mecklenburg-Vorpommern unterliegt die Apothekenrevision den Regelungen der Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit vom 26. Juni 2019. Die Überwachung erfolgt durch das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGuS), welches die Inspektionen durch Amtsapotheker der Abteilung „Arzneimittelüberwachungs- und -prüfstelle“ durchführen lässt. Zusätzlich kann das LAGuS externe Sachverständige einbeziehen, wenn nötig.

Apothekenrevisionen können angekündigt oder unangekündigt erfolgen, in der Regel kommt die Information dazu einige Tage bis Wochen im Voraus. Die Entscheidung darüber liegt beim LAGuS.

Die amtliche Besichtigung von Apotheken erfolgt in Niedersachsen durch die Apothekerkammer, da sie zugleich Aufsichtsbehörde ist. Man gehe nach dem risikoorientierten Ansatz nach § 64 Arzneimittelgesetz (AMG) vor, heißt es: Mit der Ausnahme von Parenteralia-herstellenden Apotheken, die in der Regel alle zwei Jahre besichtigt werden müssten, seien keine festen Besichtigungszyklen festgelegt. Entscheidend für den Turnus ist daher das letzte Besichtigungsergebnis, erklärt die Apothekerkammer.

Daraus ergibt sich folgende Aufschlüsselung:

  • keine Mängel: nächste Besichtigung in circa vier Jahren
  • keine wesentlichen oder wenige Mängel: nächste Besichtigung in drei Jahren
  • einige Mängel: nächste Besichtigung in zwei Jahren
  • zahlreiche Mängel: nächste Besichtigung in einem Jahr
  • erhebliche Mängel: „zeitnahe Nachbesichtigung“

Die Kammer gibt an, dass Besichtigung in der Regel zwar angekündigt stattfinden. So es gerechtfertigt ist, können Revisionen auch ohne vorherige Anmeldung erfolgen. Die Besichtigungen werden sowohl von hauptamtlichen Approbierten der Apothekenaufsicht als auch von ehrenamtlichen Pharmazierätinnen und -räten durchgeführt.

Seit Ende März werden auch in Schleswig-Holstein Revisionen in der Regel im Voraus angekündigt. Die Benachrichtigung erfolgt etwa ein bis zwei Wochen vorher, entweder per Anruf oder E-Mail.

Süden

Für Baden-Württemberg berichtet Apothekeninhaberin Julia Ludolf aus der Franklin-Apotheke in Mannheim. „Bei uns bekommt man eine E-Mail vorab, dass in den nächsten Wochen jemand vorbeikommt.“ Dies bleibe die einzige Ankündigung. Im Bundesland herrscht eine dezentrale Zuständigkeit; Revisionen werden durch Amtsapotheker der fünf Regierungspräsidien Stuttgart, Karlsruhe, Freiburg und Tübingen durchgeführt.

In Bayern werden Apotheken in der Regel alle zwei Jahre besichtigt, wobei die Häufigkeit je nach Größe der Apotheke, ihrem Tätigkeitsbereich und den Ergebnissen früherer Besichtigungen angepasst werden kann. Diese Überprüfungen werden in der Regel zwar angekündigt, können aber, insbesondere bei Risikomeldungen, auch unangekündigt erfolgen. Derzeit gibt es in Bayern 29 ehrenamtliche Pharmazierätinnen und -räte, die diese Besichtigungen durchführen.

Osten

In Brandenburg erfolgt die Überwachung öffentlicher Apotheken während der Geschäftszeit und wird in der Regel drei bis sieben Tage im Voraus angekündigt, es sei denn, dies widerspricht dem Überwachungszweck. Die Kontrollen müssen mindestens einmal in einem Zeitraum von drei Jahren durchgeführt werden. Das genaue Zeitintervall wird vom Landesamt für Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Gesundheit (LAVG) auf Basis des Eigen- und des Compliance-Risikos der Apotheke festgelegt. Je nach Bewertung erfolgt die Besichtigung im Intervall von ein bis drei Jahren. Erhebliche Mängel führen zu Nachbesichtigungen.

In Berlin werden Regelbesichtigungen in Apotheken grundsätzlich vier Wochen im Voraus telefonisch angekündigt, erklärt das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LaGeSo). Unangekündigte Besichtigungen erfolgen darüber hinaus aus besonderen Anlässen. Die Besichtigungen werden von 25 Personen durchgeführt. Davon sind 19 Personen ehrenamtliche Pharmazierätinnen und -räte und weitere sechs Amtsapothekerinnen und Apotheker. Die Anzahl durchgeführter Besichtigungen variiert laut Landesamt; im Jahr 2023 waren es 187 Regelbesichtigungen und 75 Besichtigungen aus besonderen Anlässen.

Auch Apotheken in Sachsen und Thüringen erhalten im Vorfeld der turnusmäßigen Revisionen eine Vorankündigung. Während es in Sachsen rund zwei Wochen Vorlauf gibt, werden Untersuchungen in Thüringen in der Regel 24 Stunden im Voraus angekündigt. Derzeit sind nach Angabe des Präsidialstabs in Thüringen 22 Pharmazierätinnen und -räte beziehungsweise Amtsapothekerinnen und -apotheker im Einsatz. So wird pro Jahr etwa ein Drittel der Apotheken kontrolliert.

In Sachsen-Anhalt findet alle vier Jahre die große Revision mit vorheriger Ankündigung statt. Nach zwei Jahren gibt es eine Kurzrevision ohne vorherige Ankündigung. „Meistens erfährt man 14 Tage im Voraus, dass eine Überprüfung ansteht. Über den Termin kann aber man durchaus verhandeln“, berichtet Apothekeninhaber Jörg Preininger aus der Erlen-Apotheke in Möckern. „Bei uns sind kommen ehrenamtliche Pharmazierätinnen und -räte, die von der Kammer bestimmt sind, also keine Beamten des Landesamtes“, weiß er.

Westen

In Hessen sind insgesamt vier hauptamtliche Mitarbeitende mit der Inspektion von Apotheken betraut, wobei diese unterschiedliche Stellenanteile haben. Zusätzlich unterstützen 15 ehrenamtliche Pharmazierätinnen und -räte die Inspektionsarbeit. Pro Jahr werden durchschnittlich 500 Apothekeninspektionen durchgeführt. Ankündigungen gibt es im Vorfeld nicht.

In Nordrhein-Westfalen findet eine vollständige Apothekenrevision vor Ort in der Regel alle drei Jahre statt. Bei guter Bewertung kann der Inspektionszeitraum auf maximal fünf Jahre verlängert werden. Diese Inspektionen sind in der Regel angemeldet und werden mindestens zwei Wochen im Voraus angekündigt.

Derzeit gibt es rund 80 Amtsapotheker in Voll- und Teilzeit, die in Nordrhein-Westfalen in der Apothekenüberwachung tätig sind, unterstützt von PTA, deren genaue Anzahl dem Ministerium nicht bekannt ist.

Inhaber Michael Walch berichtet, dass in Rheinland-Pfalz zur Eröffnung seiner Apotheke in Germersheim die Amtsapothekerin die Räumlichkeiten abnahm. „Was sie bewerten konnte, nahm sie auch ab, um den Rest würde sich dann der Pharmazierat kümmern“, erinnert sich der Apotheker. „Üblicherweise kündigen sie sich drei bis vier Tage vorher an“, weiß Walch. Manchmal werde ein direkter Termin vereinbart, „weil sie durchaus möchten, dass der Chef bei der Revision vor Ort ist.“

Auch im Saarland werden Revisionen grundsätzlich angekündigt, in der Regel ein bis zwei Wochen im Voraus telefonisch oder per E-Mail, ausgenommen sind anlassbezogene Inspektionen und Personalkontrollen. Regelbesichtigungen finden durch insgesamt neun Pharmazierätinnen und -räte statt. Abnahmebesichtigungen bei Neueröffnungen oder Inhaberwechseln werden durch die hauptberuflichen Apothekerinnen und Apotheker der Kammer des Saarlandes durchgeführt. Die saarländischen Apotheken werden im 3-Jahres-Turnus besucht, jährlich finden somit 85 bis 90 Besichtigungen statt.

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