Eine Abkürzung beim Präparatenamen, die handschriftliche Ergänzung des Arztes – Ungenauigkeiten und Missverständnisse auf dem Rezept können für die Apotheken schnell teuer werden. Dass selbst ein aufgedrucktes Datum unterschiedlich interpretiert wird und Retaxationen auslöst, könnte Apotheker und Krankenkassen erneut vor Gericht führen. Ein Hamburger Apotheker will notfalls gegen die Retaxation klagen.
Es geht um die Abrechnung von Sterilrezepturen. Die DAK-Gesundheit – und gegebenenfalls weitere Kassen – verwendet bei der Abrechnung das Herstellungsdatum der Rezeptur. Dieses ist im sogenannten Hashcode auf dem Rezept hinterlegt, damit die Kassen Verwürfe kontrollieren können. Weil ein in der Sterillösung verwendetes Arzneimittel zum Zeitpunkt der Herstellung günstiger war als drei Tage später bei der Abrechnung, retaxierte die DAK die Differenz.
Der Apotheker hat Widerspruch gegen die Absetzung eingelegt, bislang aber noch nichts von der DAK gehört. Auch beim Deutschen Apothekerverband (DAV) teilt man die Auffassung der Kasse nicht: Man könne zwar den konkreten Fall nicht abschließend beurteilen, so ein Sprecher. Allgemein seien für die Preisberechnung aber die Vorgaben aus dem Rahmenvertrag sowie im Arzneiversorgungsvertrag der Ersatzkassen entscheidend.
Im Vertrag des Ersatzkassenverbandes vdek mit dem DAV heißt es in wörtlich: „Für den zu berechnenden Preis ist der Tag der Abgabe des Mittels maßgeblich.“ Aus Sicht des DAV ist das Herstellungsdatum „für die Bemessung des Haltbarkeitsdatums bei der Prüfung der Verwürfe“ heranzuziehen. Dies ergebe sich aus Anlage 3 Teil 1 Anhang 3 der Hilfstaxe.
Die DAK hatte sich bei ihrer Retaxation genau auf diesen Passus berufen. Darin sei klar geregelt, „dass zur Prüfung eines unvermeidbaren Verwurfs in den Daten nach § 300 SGB V neben der Herstellernummer, auch der Herstellungstag und der Zeitpunkt übermittelt werden muss. Diese Daten und die Angaben zu den verwendeten Bestandteilen der Zubereitung im Hash-Wert dienen uns als Berechnungsgrundlage und werden gemäß unseres Prüfstandards auch so berücksichtigt“, teilte die Kasse auf Anfrage mit.
Weil Sterilrezepturen meist auf Grundlage eines Anforderungsscheins hergestellt werden und das Rezept erst später nachgereicht wird, ist dieses Vorgehen aus Sicht der DAK auch plausibler: „Das Abgabedatum auf der Verordnung ist für uns nicht maßgeblich, da dieses selten mit dem Tag der Herstellung übereinstimmt und entweder den Tag der tatsächlichen Abgabe benennt oder nur den Tag an dem die Verordnung bedruckt wurde. Der Tag der Herstellung ist bindend“, so ein Sprecher der Kasse.
Andere Kassen sehen das nicht so: „Für uns ist grundsätzlich das Abgabedatum entscheidend“, sagt ein Sprecher der Barmer GEK. Dies werde auch bei der Preisberechnung ausnahmslos so gehandhabt. Allerdings sei diese Frage vertraglich nicht abschließend geklärt, was auch das abweichende Vorgehen der DAK erkläre. Eine eindeutige Regelung gebe es nicht, so der Sprecher.
Allerdings ist die Sichtweise der DAK widersprüchlich. Denn bei inhaltlichen Abweichungen der Angaben auf Anforderungsschein und Rezept zählt laut Kasse doch nicht das konkrete Versorgungsgeschehen, sondern das auf Rosa Gedruckte. Das Hessische Landessozialgericht in Darmstadt (LSG) hatte zuletzt eine entsprechende Retaxation in Höhe von fast 15.000 Euro für zulässig erklärt.
Der wegen des Abgabedatums retaxierte Apotheker hatte auch beim Hamburger Apothekerverein nachgefragt. Auch hier hieß es, dass für die Abrechnung allein das Abgabedatum entscheidend sei. Der Apotheker behält sich deshalb eine Klage gegen die DAK vor, sollte die Kasse seinen Einspruch gegen die Retaxation nicht anerkennen.
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