Der Betablocker Metoprolol macht seit Monaten Schwierigkeiten in der Apotheke – der Wirkstoff ist immer wieder von Lieferengpässen betroffen. In einem Fall im Mai waren gleich alle drei Rabattpartner einer BKK unpässlich. Besonders ärgerlich ist es für Apotheken, wenn sie deswegen auch noch retaxiert werden.
Der Apotheker hatte mittels Onlineabfrage die Verfügbarkeit bei seinem Großhändler getestet. „Zu diesem Zeitpunkt gab es seit Wochen keines der drei Rabattvertragsarzneimittel“, berichtet der Apotheker. Er bedruckte das Rezept mit der Sonder-PZN – und wurde auf Null retaxiert.
Die Begründung der Kasse: „Zum Abgabezeitpunkt gab es mehrere rabattbegünstigte Präparate. Bitte weisen Sie die Nichtverfügbarkeit dieser zum Abgabezeitpunkt nach.“ In der Tat hatte der Apotheker nur für zwei der drei Rabattarzneimittel die Bestätigung seines Großhändlers. Den Defektbeleg für das dritte Präparat hätte der Großhändler auf Bitten des Apothekers nachträglich ausgestellt.
Viel gebracht hätte ihm das in diesem Fall wohl auch nicht: Die BKK verlangt nämlich offenbar weitere Defektbelege: Laut Retaxbegründung hätte der Apotheker bei Nichtabgabe des Rabattarzneimittels das namentlich verordnete oder eines der drei preisgünstigsten Arzneimittel abgeben müssen. Die Kasse hat sich auf Nachfrage bislang nicht dazu geäußert, ob der Apotheker tatsächlich einen Beleg für jedes günstigere Arzneimittel hätte besorgen müssen.
Zu fraglichen Zeitpunkt war der Apotheker froh, überhaupt Metoprolol bekommen zu haben. Nach seiner Auskunft war nur ein einziger Hersteller lieferfähig, dessen Produkt er natürlich dann bestellt habe. Der Aufwand, einen Defektbeleg für alle drei Rabattarzneimittel sowie die drei günstigsten und das namentlich verordnete zu besorgen, erscheint ihm unangemessen. Da es um einen Betrag von 14 Euro gehe, lohne sich der Aufwand jedenfalls nicht.
Lieferdefekte werden auch bei anderen Kassen für die Apotheken zu einem doppelten Problem. Sie erschweren die Versorgung der Patienten und führen im schlechtesten Fall zusätzlich zu Retaxationen. Nicht alle Kassen geben sich mit einer Bestätigung des Großhändlers zufrieden.
Die Die AOK Rheinland/Hamburg fordert neuerdings einen direkten Nachweis des Herstellers, dass ein Arzneimittel nicht lieferfähig ist, alternativ die Bestätigung von mindestens zwei Großhändlern. Bei der Kasse geht man davon aus, dass die Hersteller den Apothekern eigene Lieferdefekte bestätigen.
Der Deutsche Apothekerverband (DAV) verhandelt mit einzelnen Kassen und ihren Verbänden noch darüber, wie Defekte zu belegen sind. Ursprünglich waren gemeinsame Gespräche mit dem GKV-Spitzenverband und dem Großhandelsverband Phagro gedacht. Ein einheitliches Vorgehen der Kassen gibt es in der Praxis bislang nicht.
In den Apotheken werden die Lieferprobleme immer mehr als ernstes Problem wahrgenommen: 59 Prozent der Teilnehmer einer Umfrage von APOTHEKE ADHOC gaben an, dass das Problem mit Lieferengpässen größer wird und die Versorgung behindert ist. Weitere 35 Prozent bezeichnen die Probleme sogar als „massiv“. Die Patienten bekämen teilweise ihre Arzneimittel nicht.
Nur 4 Prozent gaben an, dass man „vereinzelte Ausfälle“ noch kompensieren könne. Dass Engpässe kaum spürbar seien und das Thema nur dramatisiert werde, wählte kein einziger Teilnehmer als Antwort. An der Umfrage nahmen vom 8. bis zum 11. September insgesamt 277 Leserinnen und Leser von APOTHEKE ADHOC teil.
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