Weicht eine Verordnung über eine Zytostatikarezeptur von dem zuvor ausgestellten Anforderungsschein für die Apotheke ab, dürfen die Krankenkassen nicht retaxieren: Nach einem Urteil des Sozialgerichts Darmstadt (SG) muss eine Kasse die Kosten für Caelyx (pegyliertes liposomales Doxorubicin) übernehmen, obwohl, anders als auf der ursprünglichen Bestellung, auf dem Rezept nur der reine Wirkstoff verordnet worden war.
Der Apotheker hatte von einer Krankenhausapotheke Anforderungsscheine über Zytorezepturen mit Caelyx erhalten. Die ärztlichen Verordnungen, die später folgten, sahen dagegen einfaches Doxorubicin vor, das deutlich günstiger ist. Der Fehler wurde in der Apotheke nicht bemerkt, die Rezepte zur Abrechnung bei der Kasse eingereicht.
Die Kasse übernahm lediglich die Kosten für das einfache Doxorubicin: Grundlage für die Abrechnung seien ausschließlich ordnungsgemäß ausgestellte Verordnungen, Anlagen könnten nicht berücksichtigt werden. Unklarheiten müssten vor der Abgabe geklärt werden und auf dem Rezept vermerkt und gegengezeichnet werden.
Der Apotheker hielt dagegen, diese Formstrenge sei vertraglich nicht festgelegt. Die Kasse sei verpflichtet, die Behandlungskosten zu übernehmen. Zudem erfolge in der ambulanten Chemotherapie die Abgabe einer Rezeptur nicht aufgrund eines Rezepts, sondern aufgrund des Anforderungsscheins. Die Verordnung werde erst Tage später eingereicht.
Das Gericht folgte der Argumentation des Klägers: Mit der Rezepturabgabe nach Vorgaben des Anforderungsscheins sei ein Kaufvertrag mit der Krankenkasse geschlossen worden. Im Interesse der Rechtssicherheit für die Beteiligten müsse es bei diesem Vertragsinhalt auch für die Abrechnung bleiben. Sonst müsse die Apotheke bei der Herstellung von Rezepturen nach Anforderungsscheinen stets eine Abweichung der Verordnungen befürchten, so die Richter. Die Anforderungsscheine ermöglichten zudem die schnelle Abgabe von Rezepturen, bei abweichenden Verordnungen sei die Abgabe nicht mehr rückgängig zu machen.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, die Berufung vor dem Landessozialgericht Darmstadt ist zugelassen.
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