Rezepte falsch übermittelt

Retax-Panne: Apothekerin soll 12.500 Euro zahlen

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Berlin -

Kürzlich flatterten rund einem Dutzend Apotheken aus Westfalen-Lippe gepfefferte Retaxationen der AOK Niedersachsen in die Briefkästen. Apothekerin Birgit Möllenkamp von der Sonnen-Apotheke in Mettingen staunte nicht schlecht, als sie die Rückforderung in Höhe von 12,536,24 Euro las. Auf fast 70 Seiten hatte die AOK Niedersachsen so gut wie alle Hilfsmittelrezepte retaxiert. Der Grund: Es gebe für die Verordnung keinen Hilfsmittelliefervertrag. Das verwunderte die Apothekerin, denn seit über zehn Jahren läuft die Abrechnung ohne Beanstandung. Inzwischen hat sich der Fall aufgeklärt: Ein Fehler bei der Rezeptübermittlung durch das Apothekenrechenzentrum sorgte für die Aufregung.

Als Möllenkamp am 29. Januar ihre Apotheke betrat, bat sie eine aufgeregte Mitarbeiterin, erst einmal auf einem Stuhl Platz zu nehmen. Dann präsentierte sie der Inhaberin das dicke Retaxpaket der AOK Niedersachsen: „Vielen Dank für die angerechneten Rezepte“, stand dort zu lesen, „einige der Verordnungen mussten wir jedoch beanstanden. Wir haben die Abrechnungsbeträge entsprechend den Preisvereinbarungen und gültigen Verträge berichtigt.“

Dann wurde die Apothekerin noch auf ihr Recht hingewiesen, Einspruch einzulegen. Nach Ablauf der Einspruchsfrist werde der Absetzungsbetrag in Höhe von 12.536,24 Euro „über Ihr Rechenzentrum“ verrechnet. Retaxiert wurden die Hilfsmittelrezepte des ersten Quartals 2019: Diabetesnadeln, Inhalatoren, Kompressionsstrümpfe, Blutdruckmessgeräte ­ – das volle Programm.

Möllenkamp wandte sich hilfesuchend an den Apothekerverband Westfalen-Lippe (AVWL). Dort erfuhr sie, dass sie nicht alleine betroffen war, an etwa ein Dutzend Apotheken hatte die Kasse ähnliche Schreiben geschickt. „Laut AVWL lässt die AOK Niedersachsen den in diesem Bereich mit der AOK Nordwest geschlossenen Hilfsmittelliefervertrag gelten, und in diesbezüglich geübter Praxis hat es seit Oktober 2007 bei mir noch nie Probleme gegeben“, so die Apothekerin.

Inzwischen hat sich die Retaxwelle der AOK Niedersachsen aber als peinliche Abrechnungspanne herausgestellt: Wie der AVWL mittteilt, gab es auf dem Weg der Rezeptabrechnung von der Apotheke über das Apothekenrechenzentrum zur AOK einen Fehler. Wie genau dieser geschah, ist noch nicht bekannt. Aber immerhin soviel: Statt wie üblich in der Hilfsmittelabteilung der AOK Niedersachsen landeten die Rezepte in der Abteilung Arzneimittel. Möllenkamp rechnet ihre Rezepte über das NARZ ab.

Eigentlich hätten die Rezepte ordnungsgemäß als Datensatz nach § 302 SGB V in die Abteilung Hilfsmittel gesendet werden müssen. Stattdessen wurden sie nach § 300 SGB V an die Arzneimittelabteilung der AOK geschickt. Dort wurde dann formgerecht festgestellt, dass für die Abrechnung der Hilfsmittelrezepte in dieser Übermittlungsform kein Liefervertrag vorliegt. Konsequenterweise erfolgte die Retaxation. Dass die Rezepte versehentlich in die falsche Abteilung gelangt waren, fiel den Mitarbeitern der AOK Niedersachsen offenbar nicht auf.

Der AVWL hat inzwischen mit der AOK eine Vereinbarung getroffen, die Retax-Panne aus der Welt zu schaffen. Die Apotheken sollen die retaxierten Rezepten erneut einreichen. Dann will die Kasse zahlen. Das bereite allerdings einige Mühe: Möllenkamp soll alle Rezepte handschriftlich mit dem Vermerk „Datensatz nach § 302 SGB V“ beschriften. Auf ihre Rechenzentrum ist die Apothekerin derzeit nicht gut zu sprechen.

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