Lörrach

Remmidemmi vor der Apotheke

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Berlin -

Peter Kayser hat das größte Musikereignis am Oberrhein direkt vor der Eingangstür. Am Montag begann das jährlich stattfindende Festival „Stimmen“ in Lörrach. Was für 5000 Bewohner am Marktplatz ein Hörvergnügen und Spektakel ist, bedeutet für den Inhaber der Löwen-Apotheke acht ärgerliche Tage – Kunden bleiben fern und der Umsatz geht zurück.

Seit 1994 wird die Open-Air-Konzertbühne auf dem alten Marktplatz aufgebaut. Der Ausnahmezustand ist dem Apotheker daher bekannt. „Wenn ich aus der Offizin trete, habe ich circa anderthalb Meter – dann ist da nur noch schwarze Wand“, sagt Kayser. Es ist die Hinterbühne, die einen Schatten auf die Apotheke wirft und den Weg zum Eingang behindert.

Die Apotheke und seine Wohnung befinden sich hinter der großen Bühne, die weiträumig abgesperrt ist. Der einzige Zugang zur Offizin ist nur anderthalb Meter breit: „Vor allem für Rollstuhlfahrer ist das ein Problem, die Wege sind für sie kaum passierbar“, sagt Kayser. Es liegen Kabel und Leitungen auf dem steinernen Boden der schmalen Gasse. Die Patienten müssen zudem durch den Außenbereich einer Gaststätte, vorbei an Tischen, Stühlen und Kellnern.

„Am Montag haben die Veranstalter mit dem Aufbau begonnen. Am Dienstag waren sie fertig. Und dann fingen sie mit dem Soundcheck an“, sagt Kayser. Um 10 Uhr würden die Proben starten. Der Apotheker schließt pünktlich um 18.30 Uhr. Zu dem Zeitpunkt sammeln sich bereits die ersten Gäste vor der Hauptbühne, um 20 Uhr beginnt die Show. Um 23 Uhr ist meist Schluss. Doch: „In der Nacht geht der Lärm weiter, dann wird abgebaut. Nach ein paar Stunden Stille fährt früh um drei Uhr der erste Lkw an. Gott sei Dank, schlafe ich hinten heraus!“

„Es sind ja tolle Stars, die da auftreten, Jamie Cullum und Revolverheld zum Beispiel, aber ich sehe nicht ein, warum wir darunter leiden müssen“, so Kayser. „Wir“: Das sind die sieben anderen Geschäfte, die während der Konzerte für die Kundschaft versteckt bleiben. Darunter befinden sich unter anderem ein Juwelier, ein Reformhaus, ein Modegeschäft und die erwähnte Gaststätte. „Mir jedenfalls bleiben die Kunden fern, mindestens ein Drittel verliere ich jedes Jahr“, sagt Kayser.

Der Pharmazeut bekommt das alles sehr genau mit, seine Wohnung befindet sich direkt über der Apotheke. Er vermietet außerdem Einzimmerwohnungen am Marktplatz. Die neuen Mieter macht er darauf aufmerksam, dass das Festival einmal im Jahr stattfindet und es sehr laut werden kann. „Das sind meist sehr junge Leute, die kein Problem damit haben. Die Bässe gehen einem aber schon in den Magen“, sagt Kayser.

Für die Stadt sei das Festival natürlich etwas Tolles. „Vielleicht ist es sogar einmalig. Normalerweise finden solche Veranstaltungen weit draußen auf dem Land statt.“ Es habe aber keinerlei Vorteile für ihn. Tatsächlich hat der Apotheker in diesem Jahr zum ersten Mal etwas für die unfreiwilligen Strapazen erhalten: Zwei Freikarten. Die Konzertpreise rangieren zwischen 29 und 54 Euro. „Immerhin, in der Vergangenheit kam nur ein formaler Brief, der die Veranstaltung ankündigte.“ Am kommenden Dienstag sind die Abbauarbeiten erfahrungsgemäß beendet. Dann kehrt wieder Ruhe vor der Apotheke ein.

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