Rabattverträge

Ramidipin: Apotheken in der Rabattfalle

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Berlin -

Lücken im Alphabet zählen zum Tagesgeschäft, besonders hart trifft es nun die Apotheken bei der Versorgung der Patienten mit Ramidipin 10/10 mg. Der Hersteller TAD hat für die Kombination aus Ramipril und Amlodipin mehrere Exklusivverträge – und kann die Packung mit 100 Hartkapseln bis zum nächsten Jahr nicht liefern. Apotheker können sich mit der Sonder-PZN und Faktor 2 nicht behelfen.

Rabattverträge für Ramidipin gibt es unter anderem mit der AOK Nordwest und der AOK Rheinland/Hamburg sowie zahlreichen BKKen, IKKen, der BIG Direkt und der SVLFG Hessen Rheinland-Pfalz Saarland. Für einige Kassen ist der Zuschlag exklusiv, darunter AOK und SVLFG.

Ein Apotheker aus Rheinland-Pfalz hatte eine Verordnung über Ramidipin 10/10 mg zu 100 Hartkapseln erhalten. Den bei der SVLFG versicherten Kunden konnte er nicht ohne Weiteres versorgen. Zwar dürfen Apotheker bei Nichtverfügbarkeit rabattbegünstigter Arzneimittel unter Verwendung der Sonder-PZN und Faktor 2 auf eines der drei preisgünstigsten Medikamente oder einen Import ausweichen. Jedoch dürfen diese nach §4 Absatz 4 Rahmenvertrag nicht teurer sein als das verordnete Präparat.

Genau hier liegt auch das Problem: Ramidipin ist etwa um die Hälfte günstiger als die Präparate, die für einen Austausch in Frage kämen. Hexal und UCB haben entsprechende Produkte für 67,93 Euro im Handel – TAD ruft einen Apothekenverkaufspreis (AVP) von 30,75 Euro auf.

Ein Anruf beim Hersteller sollte Antwort auf das Problem geben. Man könne das Arzneimittel erst im nächsten Jahr wieder liefern, teilte TAD dem Apotheker mit. Einen Defektbeleg schicke man jedoch nicht. „Darüber habe ich mich extrem geärgert.“ Den Apotheker wundert dieses Verhalten allerdings nicht: „Der Hersteller hat sich schließlich verpflichtet, genügend Ware liefern zu können. Kann er das dann doch nicht, wird eine Konventionalstrafe fällig.“

Auf Nachfrage erklärte TAD gegenüber APOTHEKE ADHOC, das Arzneimittel voraussichtlich doch schon in Kalenderwoche 48 wieder liefern zu können. Einen Grund für den Defekt wollte man nicht nennen.

Der Apotheker wandte sich an die Krankenkasse. Ein Rückruf bestätigte: „Ich bin kein Einzelfall und die Problematik ist bekannt.“ Dennoch wusste auch die Kasse keine praxisnahe Lösung. Die Politik müsse sich einschalten, fasst der Apotheker zusammen. Einen Vorschlag hatte man jedoch: Der Apotheker solle auf der Rückseite der Verordnung erläutern, warum er nicht den Rabattartikel abgegeben habe, und auf das Telefonat verweisen. Eine 100-prozentige Sicherheit vor einer Retaxation sei dies zwar nicht; er könne jedoch im Widerspruch auf die Begründung verweisen – und dann würde die Verordnung ohnehin wieder auf seinem Tisch landen und eine Retaxation könne abgewendet werden, so der Mitarbeiter.

Man prüfe mit Augenmaß, versicherte ein Sprecher der Kasse gegenüber APOTHEKE ADHOC. „Die Versorgung des Patienten steht im Mittelpunkt. Die Apotheke ist Vertragspartner und keine Melkkuh. Wir als Kasse sind immer auf einer Linie mit den Apotheken.“ Die „restriktive Haltung einiger Krankenkassen“ sei bekannt, jedoch keine Praktik der SVLFG.

Die Ausschreibungen für die Kasse betreut Spectrum K. Der Dienstleister prüft auch die Rabattvertragsquote. Mit dieser ist die Kasse zufrieden. „Wir haben eine so hohe Quote, dass die wenigen Ausnahmen durch Lieferengpässe nicht ins Gewicht fallen.“ Spectrum K wäre somit gegebenenfalls auch für die Sanktionen gegen TAD zuständig. Der Dienstleister sieht jedoch kein Problem. „Die Versorgungssicherheit der Patienten hat für uns oberste Priorität und ist zu jedem Zeitpunkt gewährleistet. Das ist auch der Grundsatz unserer Rabattvertragsvereinbarungen und das Qualitätsversprechen von Spectrum K seit nunmehr zehn Jahren.“

Im Juni sorgten Nullretaxationen in der Akutversorgung und bei pharmazeutischen Bedenken für Ärger bei den Apothekern. Obwohl der Rahmenvertrag für akute Fälle eine Ausnahme von der Austauschpflicht vorsieht, legte die Barmer die Vorgaben besonders penibel und realitätsfremd aus. Verzögerungen der Therapie wurden billigend in Kauf genommen. Es entfachte zudem eine Debatte über die Definition des Akutfalls – denn auffällig waren Retaxationen von Protonenpumpenhemmern in der Akutversorgung.

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