Rakete setzt Apotheke in Brand Torsten Bless, 02.01.2018 15:20 Uhr
Fehlstart ins neue Jahr: Eine fehlgeleitete Silvesterrakete löste in einer Apotheke in Mecklenburg-Vorpommern einen Schwelbrand aus. Nur dank glücklicher Umstände entkam der gerade erst aufwändig renovierte Betrieb einer Katastrophe.
Der Marktplatz von Teterow gilt als zentrales Schmuckstück der 9000-Einwohner-Stadt im Landkreis Rostock. Immer zu Silvester trifft sich die Bevölkerung hier, um mit Feuerwerk das neue Jahr zu begrüßen. Der Start ins Jahr 2018 hätte um ein Haar das Ende der Rats-Apotheke eingeläutet, berichtet ihr Besitzer Armin Noeske. „Eine fehlgeleitete Rakete verklemmte sich unter dem Dachfirst des denkmalgeschützten Hauses. Sie fraß sich durch den dämmenden Schaumstoff in einen 200 Jahre alten Balken.“
Bereits 2008 hatte ein verirrter Feuerwerkskörper das Gebäude in Brand gesteckt. „Danach schob ich acht Jahre an Silvester Brandwache“, erzählt Noeske. Nur diesmal nicht: „Ich hatte an Weihnachten Notdienst geschoben und fuhr zum Jahreswechsel zu den Eltern meiner Frau nach Berlin.“ Eine Mieterin aus dem Haus erzählte ihm telefonisch von der Bescherung. „Ich hätte anderthalb bis zwei Stunden mit dem Auto gebraucht, um wieder zurück nach Teterow zu kommen. Zum Glück konnte ich eine Mitarbeiterin erreichen, die sich sofort zu Fuß zum Ort des Geschehens aufmachte und mit der Feuerwehr kommunizierte.“
Eine Verkettung glücklicher Umstände habe Schlimmeres verhindert. „Die Feuerwehr war schnell und mit genügend Einsatzkräften vor Ort.“ Zudem habe es vor nicht allzu langer Zeit schon in einer alten Mühle gebrannt, in der heute eine Gaststätte untergebracht sei. „Bei diesem Einsatz musste Dreiviertel des Dachs abgedeckt werden. Danach hat sich die Feuerwehr wohl eine Wärmebildkamera angeschafft, mit der sie jetzt das Glutnest genau lokalisieren konnte. So reichte es, ein etwa ein mal ein Meter großes Loch in unser Dach zu fräsen, um den Brand zu löschen.“
Die Einsatzkräfte kannten sich aus, denn im Herbst hatten sie sich nach Ladenschluss mit dem Apotheker zu einer Begehung des Hauses getroffen. „Sie hatten von den meisten Betriebsstätten bereits einen Lageplan, nur nicht von meiner. Von der aufwändigen Renovierung im Jahr zuvor lagen aber noch fast komplette Baupläne in digitalisierter Form vor.“
Zum 1. Januar 2013 hatte Noeske die Apotheke von seinem Vater übernommen. Der Senior war hier bereits seit 1974 als Leiter tätig gewesen und hatte den Betrieb nach der Wende von der Treuhand erworben. „Sie ist die älteste Apotheke am Ort, 2017 feierten wir ihren 275. Geburtstag“, erzählt Noeske. „Zu DDR-Zeiten diente sie als pharmazeutisches Versorgungszentrum der Region und ist mit über 370 Quadratmetern sehr großzügig bemessen.“
Nach eigenen Angaben steckte Noeske etwa 600.000 Euro in eine gründliche Rundumerneuerung, bei der die Fläche um ein Drittel vergrößert wurde. „Ich wollte alt wirkende Einrichtungselemente mit moderner Technik kombinieren. Dafür habe ich den Inneneinrichtern ein Foto gezeigt, wie die Apotheke etwa um 1920 herum aussah.“
Dunkles Holz wurde mit hellen Glasfußböden kombiniert. Allein die mit Schnitzereien aufwändig verzierte Tür kostete um die 20.000 Euro. Nach acht Monaten Arbeit eröffnete die Rats-Apotheke im vergangenen September neu. In einem Labor werden Rezepturen hergestellt, in einem zweiten wird verblistert. „Wir versorgen damit eine private psychosomatische Klinik, in der vor allem Burn-out-Patienten betreut werden.“
Der schnelle und gut vorbereitete Feuerwehreinsatz ließ die Apotheke weitgehend unangetastet. „Nur der Mieter- und Lieferanteneingang musste aufgebrochen werden.“ Die Apotheke konnte ihren Dienst zu Jahresbeginn wieder aufnehmen. Der Handwerker habe das Dach provisorisch gesichert, so Noeske. „Doch durch das Loch, so klein es auch ist, kommt natürlich Wasser.“
Die Arbeiten werden sich mindestens eine Woche hinziehen. „Die eigentliche Reparatur des Daches dauert etwa ein bis zwei Tage, aber dafür muss das Haus eingerüstet und die Straße gesperrt werden.“ Bei aller Erleichterung haben die Geschehnisse ihre Spuren hinterlassen, räumt Noeske freimütig ein. „Das ist alles gerade ein bisschen aufregend.“