Hilfstaxe

Rabatt-Eigentor der Kassen?

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Berlin -

Die Apotheker fühlen sich gegenüber den Krankenkassen massiv benachteiligt und klagen gegen den Schiedsspruch zur Hilfstaxe. Doch aus der Sicht betroffener Zyto-Apotheker schneiden sich die Kassen mit dem neuen Rabattsystem sogar teilweise selbst ins Fleisch: Wenn die Apotheken die Herstellung für sie defizitärer Sterilrezepturen nicht mehr übernehmen, müssten die Kassen wieder Fertigarzneimittel bezahlen.

Mit der neuen Hilfstaxe wurde unter anderem ein pauschaler Rabatt von 1,6 Prozent auf Originalpräparate festgelegt. Der GKV-Spitzenverband hatte dem Vernehmen nach im Schiedsverfahren sogar 3 Prozent Rabatt gefordert. Stadler vermutet, dass etwaige Skonti einfach mit einberechnet wurden.

Zyto-Apotheker Dr. Franz Stadler kontert: „Skonti stehen hier nicht zur Debatte, da Apotheken meines Wissens von den Kassen auch weder eine Einzugsermächtigung noch ein verkürztes Zahlungsziel erhalten, Apotheken im Gegenteil und in aller Regel die Ware aber für die Kassen kostenlos vorfinanzieren.“ Aber selbst unter Hinzuziehung der Skonti sei es in vielen Fällen für zubereitende Apotheken unmöglich, die geforderten 1,6 Prozent Generalrabatt für Originalia zu erzielen.

Die Hersteller reagieren laut Stadler auf entsprechende Rabattnachfragen mit „komplettem Unverständnis“, teilweise bekam er telefonisch den launigen Vorschlag, dann doch einfach das Fertigarzneimittel abzurechnen. Meistens handelt es sich laut Stadler um monoklonale Antikörper (MAK), fast immer im hochpreisigen Segment. Der durchschnittliche Bruttoumsatz bei Zubereitungen mit MAK lagen in den ersten drei Quartalen 2017 bei 2761,53 Euro, so Stadler mit Verweis auf GKV-Zahlen.

Die Beispiel-Rechnung des Zyto-Apothekers: Eculizumab (Soliris, Alexion): „Jeder Erwachsene bekommt in der Regel während der Erhaltungsphase 900mg alle 14 Tage, also jeweils 3 Packungen á 5877,55 Euro VK. Macht 17.623,65 Euro bei einer Verordnung als Fertigarzneimittel und 30 Euro Zuzahlung für einen GKV-Patienten. Als Zubereitung kosten diese 900mg 17.174,08 Euro im VK und der Patient muss nur 10 Euro Zuzahlung leisten. VK-Unterschied: 449,57 Euro pro Anwendung und pro Patient.“

Laut Stadler sind also aseptische Zubereitungen ab einem EK-Preis von 2096,67 Euro für die Kasse günstiger als Fertigarzneimittel. Trotzdem sollten die zubereitenden Apotheken mit dem neuen Zwangsrabatt von 1,6 Prozent jetzt „weiter geschröpft werden“.

Der geforderte Zwangsrabatt von Eculizumab beträgt im Beispiel 430,83 Euro netto – und übersteigt damit laut Stadler sogar noch die Herstellpauschale für monoklonale Antikörper in Höhe von 71 Euro deutlich. „Da es für eine Apotheke unzumutbar, ja aus Existenzsicherungsgründen geradezu verboten ist pro Zubereitung 428,20 Euro brutto Verlust zu machen, ist die Konsequenz klar: Eculizumab wird nicht mehr hergestellt und die Krankenkassen zahlen für die Fertigarzneimittel pro Anwendung 449,57 Euro brutto mehr als bisher“, so die Rechnung des Zyto-Apothekers.

Da eine Mischkalkulation aufgrund der drastisch gestiegenen Rabatte im generischen Bereich nicht mehr möglich sei, bleibe den Apotheken nur eine Reaktion: Diese Wirkstoffe würden in Zukunft schlicht nicht mehr unter aseptischen Bedingungen hergestellt, befürchtet Stadler. Das sei für die meist ungeschützten Mitarbeiter der Arztpraxen eine zusätzliche gesundheitliche Belastung und führe über den fehlenden Produktschutz zu einer möglichen Gefährdung der Patienten.

Außerdem werde das Urteil des Landessozialgerichts München vom 26. Juli 2017 kanterkariert, wonach die Gebrauchsfertigmachung von Zubereitungen mit MAK in entsprechend ausgerüsteten Apotheken wirtschaftlich, notwendig und sinnvoll ist. „So unglaublich es klingt, aber dieser Schiedsspruch nützt in Teilen niemanden, den Versicherten nicht, den Patienten nicht, ja nicht einmal den Krankenkassen selbst“, so Stadler.

Besonders kritisch sehen die Apotheker auch die Rückwirkungsklausel im Schiedsspruch. Die neuen Rabatte sollen schon ab November 2017 gelten. Keine Apotheke könne darauf mehr reagieren, betont auch Stadler. Allein für einen Patienten, der Eculizumab erhalten hat, entstehe damit für diesen Zeitraum ein Verlust von fast 3500 Euro. Bei den Wirkstoffen Vedolizumab, Ustekinumab, Atezolizumab, Tocilizumab verhalte es sich ähnlich. Stadler unterstützt die Klage des DAV gegen den Schiedsspruch, würde sich aber wünschen, dass die Verhandlungspartner schon bald wieder an den Verhandlungstische zurückkehren würden. Schließlich gehe es um die schwerkranken Patienten und nicht um Machtspielchen.

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