PZ-Starschnitt: Lauterbach als XXL-Poster Patrick Hollstein, 02.09.2023 07:37 Uhr
Wieder einmal bleibt Karl Lauterbach dem Deutschen Apothekertag (DAT) fern. Termine und so ... Die Abda will den Minister trotzdem weiter hofieren – und hat sich dafür etwas Besonderes einfallen lassen.
Nein, auch diesmal schafft Lauterbach es nicht zum DAT, leider. Zwar hatte er im vergangenen Jahr bei seiner Videoansprache noch das Gegenteil versprochen, als er wegen eines Kabinettstermins unabkömmlich war: „Ich wäre gerne gekommen, ich hatte mich gefreut.“ Doch nun hatte er ausgerechnet für jenen Mittwoch in der letzten Septemberwoche einen Termin bei Markus Lanz bekommen. Sorry dafür.
Aber hey, wer die Digitalisierung im Gesundheitswesen nach Jahren des Stillstands unwiderruflich voranbringen will, der muss doch auch selbst mit gutem Beispiel vorangehen. Vor dem Telearzt kommt der Teleminister, vor der Videosprechstunde der Video-DAT. Der Zoom-Termin ist jedenfalls schonmal eingestellt.
Doch statt nun, wie von aufbrausenden Gemütern an der Basis gefordert, den Minister demonstrativ auszuladen, nimmt die Abda, was sie kriegen kann. Und mehr noch: Damit Lauterbach nicht irgendwann genervt aus der Webkonferenz aussteigt, wird ihm der rote Teppich gelegt: Bis zum DAT wird in der Hauspostille PZ ein „Starschnitt“ von Lauterbach veröffentlicht. Jede Woche eine neue Körperpartie, wer alle Ausgaben sammelt, kann am Ende ein lebensgroßes Poster des freundlich grüßenden Ministers in der Apotheke aufhängen.
Zugegeben, ganz so bravoesk kommt das „Standesorgan“ nicht daher. Aber ein Grußwort vorab durfte der Minister schon einmal veröffentlichen: Unersetzlicher Baustein, Pandemiehelden und Digitalpioniere, Dank und Respekt, neue Aufgaben und Bürokratieabbau ... Das Übliche eben. „Ich freue mich auf den Deutschen Apothekertag 2023! Leider werde ich voraussichtlich nicht persönlich nach Düsseldorf kommen können. Wir sehen uns aber digital – bis dahin!“
Nun sind Lauterbachs Ausführungen nicht nur ein Widerspruch in sich, sondern stehen auch im Kontrast zu seinen sonstigen Worten und vor allem Taten. Von seinem Lob und seinen wirren Ankündigungen kann sich keine Apotheke mehr Personal leisten, das dürfte sich mittlerweile rumgesprochen haben. Aber auf die Abda und ihr Kampfblatt kann Lauterbach sich verlassen: Wenn er einmal im Jahr Schönwetter machen will, bekommt er die Bühne. In der Appeasment-Phase der Eskalationsstrategie ist jeder noch so blöde Schwachsinn erlaubt.
Nicht vor den Karren spannen lassen will sich dagegen der Großhandel. Er ließ den erratischen Minister mit einem offenen Brief regelrecht abblitzen: Bereits jetzt fehlende Medikamente zu bevorraten, so wie von Lauterbach gewünscht, sei „objektiv unmöglich“. Und überhaupt seien Importe weder ein „dem Großhandel grundsätzlich obliegendes Instrument der Regelversorgung“ noch brächten sie eine „nennenswerte Verbesserung der Versorgungssituation“. Gegenvorschlag des Phagro: Wie wäre es damit, die Ursache der Liefer- und Versorgungsengpässe zu bekämpfen und außerdem den Mehraufwand aller Beteiligten adäquat zu vergüten.
In Sachen Engpässen läuft es also so Mittel für den Minister. Zumal er sich von Emmi Zeulner auch noch die Frage gefallen lassen musste, warum eine Mutter eigentlich 71 Apotheken abtelefonieren und mehr als 100 Kilometer fahren musste, um an Flutide zu kommen. Man werde mal beim BfArM nachfragen, ließ sein Ministerium die CSU-Abgeordnete wissen. Eine andere gute Frage könnte übrigens sein, warum Diabetiker nur noch eine Packung NovoRapid PumpCart erhalten.
Aber Lauterbach wäre nicht Lauterbach, wenn er nicht noch mehr Eisen im (Stroh)Feuer hätte. Nicht nur besuchte er in dieser Woche den liebevoll „Kümmerei“ genannten Gesundheitskiosk der AOK Rheinland in Köln. Wo kein Arzt mehr, soll ein Kiosk die Versorgung sichern. Und dann brachte er noch sein Digitalgesetz durchs Kabinett. E-Rezept und ePa können also kommen, vorausgesetzt der Bundestag stimmt zu. Und quasi nebenbei etabliert werden E-Rechnungen, Videosprechstunden in der Apotheke und AMTS-Anrufe von Krankenkassen (auch an Impfungen dürfen sie ihre Versicherten erinnern). Und für Plattformen, die Token weiterleiten wollen, heißt es jetzt: Alle Apotheken listen oder gar keine. Na dann. Die der Digitalisierung Geweihten grüßen zurück! Schönes Wochenende.