Apotheken im ganzen Land protestieren gegen die geplanten Kürzungen. Inhaberin Doreen Wegner hat ihre Luzin-Apotheke schon umgestaltet und kommt mit den Menschen ins Gespräch. Sie erfährt viel Zuspruch und will ihre Aktionen noch bis zur Weihnachtszeit fortsetzen. Warum sie sich trotzdem nicht am Streik beteiligt, erklärt sie im Gespräch mit APOTHEKE ADHOC.
Die Gemeinde Feldberger Seenlandschaft liegt in der Mecklenburgischen Seenplatte. Die etwas über 4000 Einwohner:innen werden aktuell noch von zwei Apotheken versorgt, eine davon ist Wegner Luzin Apotheke. In den Fenstern hängen seit gestern Plakate und Poster, mit denen Wegner ihre Kund:innen auf die aktuellen Probleme der Apotheken hinweist.
Dort wird unter anderem über die geplante de facto Honorarkürzung im GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG) aufgeklärt: „Achtung! Unsere Regierung begeht mit ihrem neuen Gesetz einen fatalen Fehler.“ Nebenan ist dargestellt, wie sich die Arzneimittelpreise überhaupt zusammensetzen. Die Apotheken befänden sich „im Würgegriff von Politik und kranken Kassen“.
Aber auch das anhaltende und sich weiter verschärfende Problem der Lieferengpässe thematisiert Wegner: „Stand heute: 75 Arzneimittel nicht mehr lieferbar… und jeden Tag kommen mindestens 5 dazu.“ Und schließlich hat die Apothekerin den Brandbrief der Interessensgemeinschaft Medizin (IG Med) ausgehängt, der vom Verein Freie Apothekerschaft unterstützt wird.
Wegner und ihr Team haben die Apotheke gestern neu „dekoriert“ und seitdem schon viel Aufklärungsarbeit geleistet. „Wir erleben viel Verständnis für uns und Empörung über die Sparmaßnahmen“, berichtet die Inhaberin. „Die Leute fühlen sich hilflos und würden gern selbst etwas tun.“ Sie habe an eine Unterschriftenaktion gedacht, aber dafür sei es jetzt wohl zu spät.
Ohnehin hat Wegner nur noch wenig Hoffnung, dass die geplante Erhöhung des Kassenabschlags von 1,77 auf 2 Euro noch gestoppt werden kann. Trotzdem sei es wichtig, dass die Apotheken jetzt laut werden und den Protest auch fortsetzten, ist die Apothekerin überzeugt. Sie will ihre Plakate bis zu den Weihnachtsfeiertagen hängen lassen, um weiter mit den Menschen ins Gespräch zu kommen.
Dass sich der Apothekerverband Mecklenburg-Vorpommern (AVMV) nicht am Streikaufruf beteiligt hat, findet Wegner etwas bedauerlich. Als die Apothekerorganisationen im Saarland als erste einen Streik angekündigt hatten, habe sie bei ihrer Kammer angerufen, ob man sich nicht anschließen wolle. „Ich war die erste, die sich dort gemeldet hat“, berichtet Wegner. Leider sei dann kein Aufruf erfolgt.
Auch die Luzin-Apotheke wird deshalb morgen nicht schließen. „Das wollte ich den Menschen hier nicht antun. Hier leben viele Ältere“, sagte Wegner. Umso wichtiger sei es aber, für die Zukunft der verbliebenen Apotheken zu kämpfen. „Wir müssen höher vergütet werden, damit wir höhere Löhne zahlen können und der Beruf attraktiv bleibt.“ Gerade im Osten werde sich der Personalmangel noch verschärfen, wenn in den kommenden Jahren viele Pharmazieingenieure in Rente gingen.
Dem Apothekensterben weiter zuzusehen, ist aus Sicht der Apothekerin sehr kurzsichtig von der Politik: „Eine Pandemie erleben wir gerade, was ist, wenn die nächste kommt?“ Wegner will ihre Patient:innen über den Ernst der Lage aufklären. Im Schaufenster steht ihre klare Botschaft: „So können die Apotheken vor Ort ihre Leistungen nicht mehr aufrechterhalten.“
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