Auch ohne das Rx-Versandverbot geht es den Apotheken wirtschaftlich so gut wie schon lange nicht mehr. Im ersten Halbjahr 2018 stieg das Betriebsergebnis einer durchschnittlichen Apotheke vor Steuern um 6000 Euro. Das geht aus Zahlen der Treuhand Hannover hervor, die derzeit auf Mitgliederversammlungen von Kammern und Verbänden vorgestellt werden. Das Problem: Ein Viertel des Umsatzplus stammt aus Schließungen von anderer Apotheken.
Nach den aktuellen Treuhandzahlen wuchs der Umsatz einer durchschnittlichen Apotheke in den ersten sechs Monaten um 41.000 Euro (plus 3,7 Prozent). Davon stammen 10.000 Euro Zuwachs aus dem OTC- und Freiwahl-Geschäft – plus 3,8 Prozent. Der Umsatz mit Rx-Arzneimittel legte im gleichen Zeitraum um 3,7 Prozent oder 31.000 Euro zu. Laut Treuhand geht allerdings ein Viertel der Umsatzplus auf „schließungsbedingte, brancheninterne und kostenträgerneutrale Umsatzumverteilung“ zurück. Nach Angeben der ABDA sank im Jahr 2017 die Zahl der Betriebsstätten um 327 auf 19.696. Im ersten Halbjahr 2018 setzte sich der Sinkflug fort: 157 weitere Apotheken gaben auf. Damit dürfte sich ein Umsatz von geschätzt knapp 800 Millionen Euro auf die übrigen Apotheken verteilen.
Auf der andere Seite stiegen allerdings auch der Wareneinsatz um 3,7 Prozent oder 32.000 Euro. Für Personal gab eine durchschnittliche Apotheke 3000 Euro oder 2,1 Prozent mehr aus. Die übrigen Betriebskosten stiegen um 1,1 Prozent oder 1000 Euro. Nach dieser Rechnung verbesserte sich der Betriebsgewinn vor Steuern unter dem Strich um 6000 Euro. Das ist das beste Wert der letzten Jahre.
Hochrechnen auf das Gesamtjahr lässt sich der positive Trend des ersten Halbjahrs nach Angaben der Treuhand aber nicht ohne Weiteres. Investitionen beispielsweise für Securpharm könnten erst im zweiten Halbjahr erfolgen. Außerdem könne man den Umsatzverlauf nicht abschätzen. Andererseits könnte eine Erkältungswelle im Herbst/Winter für weiteren Zuwachs sorgen. Auch ein deutliches Plus des Betriebsergebnisses auf das ganze Jahr gerechnet erscheint daher möglich.
Einen deutlichen Anstieg des Betriebsergebnisses gab es zuletzt von 2015 auf 2016: Damals stieg der Gewinn im Jahresvergleich um 7000 Euro auf 143.000 Euro. Für das Jahr 2017 weist die ABDA ein Vorsteuerbetriebsergebnis pro Apotheke von 144.000 Euro aus. Verglichen damit könnte das Betriebsergebnis 2018 auf über 150.000 Euro steigen.
Beim DAV-Wirtschaftsforum im April sah die Entwicklung noch nicht so rosig aus: Das steuerliche Betriebsergebnis von Apotheken sei weiter geschrumpft, teilten DAV-Geschäftsführerin Claudia Korf und Abteilungsleiter Dr. Eckart Bauer mit. Wegen des gestiegenen Umsatzes habe sich das Netto-Ergebnis zwar leicht positiv entwickelt. Die durchschnittliche Apotheke erwirtschaftete danach 143.543 Euro nach 142.622 Euro im Vorjahr. Die Umsatzverteilung zeige, dass eine durchschnittliche Apotheke 2,315 Millionen Euro Umsatz mache, allerdings lägen fast 62 Prozent der Apotheken unter diesem statistischen Mittelwert. Die meistvertretene Umsatzklasse mit 10,9 Prozent macht 1,75 Millionen Euro. Nach dieser Logik schneiden die größeren Apotheken auch weiterhin besser ab als umsatzschwache.
Die durchschnittliche Apotheke stagniere, attestierte der Verband rückblickend. Trotz der immer schneller sinkenden Zahl an Apotheken und der besseren Bezahlung von Rezepturen und Dokumentationen verschlechtere sich das Ergebnis der einzelnen Betriebe. Und die seit Jahren bekannte Spreizung der Umsätze nehme weiter zu. Dass der Absatz trotz steigender Bevölkerung gesunken sei, erklärte der DAV unter anderem damit, dass die Tendenz zu N3-Packungen zunehme.
Anders bewertete das Verband den Versandhandel: Diese lege im Rx- und OTC-Bereich zu. Der Versandhandel hat danach 2017 5,8 Prozent mehr Rx-Arzneimittel verkauft, 8 Millionen Packungen. Das ergibt einen Marktanteil von 1,1 Prozent. Auch nach Umsatz mit Rx-Medikamenten konnte der Versandhandel zulegen, konkret um 4 Prozent auf 305 Millionen Euro. Das entspricht 1 Prozent des Gesamtmarktes. Noch stärker sind die Zuwächse im OTC-Bereich 2017 ausgefallen: 6,3 Prozent mehr verkaufte Packungen (112 Millionen) und 9,8 Prozent mehr Umsatz (842 Millionen Euro). Das entspricht 13,2 beziehungsweise 17 Prozent Marktanteil.
Bei den Vor-Ort-Apotheken waren die Zuwächse nicht annähernd so groß, der Absatz mit Rx- und OTC-Medikamenten ging sogar um 0,3 beziehungsweise 1 Prozent zurück. Insgesamt gingen im vergangenen Jahr 730 Millionen Packungen rezeptpflichtige und 736 Millionen rezeptfreie Mittel über den HV-Tisch. Der Umsatz im Rx-Bereich wuchs um 5 Prozent auf 28,85 Milliarden Euro, bei OTC gab es einen Zuwachs von 0,8 Prozent auf 4,12 Milliarden Euro.
Die Anzahl der Apotheken war bereits im ersten Quartal 2017 unter 20.000 gefallen. Gab es Ende 2016 bundesweit noch 20.023 Apotheken, so waren es Ende 2017 nur noch 19.748. Das sind 23,8 Apotheken pro 100.000 Einwohner und damit unter dem EU-Durchschnitt von 31 Apotheken je 100.000 Einwohner. Am höchsten ist die Apothekendichte in Griechenland mit 87 Apotheken und am niedrigsten in Dänemark mit acht Apotheken je 100.000 Einwohnern. Obwohl die Zahl der Apotheken sank, arbeiteten dort mehr Menschen als im Jahr zuvor: 157.284 Beschäftigte gab es, davon 51.098 Apotheker, 7395 Auszubildende und 77.206 Teilzeitkräfte. Der Frauenanteil in der Apotheke lag bei 89,2 Prozent, unter den Apothekern war er etwas niedriger bei 72,6 Prozent.
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