Phoenix will sich Apobank vorknöpfen

Probleme beim Bankeinzug: Apotheker verlieren Skonto

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Berlin -

Seit der IT-Umstellung Anfang Juni kämpft die Deutsche Apotheker- und Ärztebank (Apobank) mit nicht abreißenden Problemen: Kunden kommen nicht an ihre Konten, Hotlines sind überlastet, die Apobank entschuldigte sich inzwischen. Jetzt macht auch noch der Großhändler Phoenix Druck – und das könnte teuer werden. Weil der Branchenprimus bei zahlreichen Apothekenkunden mit Apobank-Konten die fälligen Rechnungsbeträge für Juni nicht abbuchen konnte, will sich Phoenix das gewährte Skonto von der Apobank zurückholen. In einem Brief werden die Kunden aufgefordert, ihre Ansprüche gegen die Apobank an den Großhändler abzutreten.

Mit Datum vom 16. Juni erhielten viele Phoenix-Kunden Post aus Mannheim: „Der Einzug unserer Forderungen erfolgt jeweils unter Berücksichtigung des mit Ihnen vereinbarten Skontosatzes zum vereinbarten Termin“, steht dort zu lesen. Aufgrund eines Fehlers bei der Apobank hätte der jüngste Einzug am 5. Juni aber nicht ausgeführt werden können: „Die Apobank hat uns gegenüber bestätigt, dass dies allein auf einem Fehler der Bank beruht.“

Aufgrund des fehlgeschlagenen Einzuges seien die Voraussetzungen für die Gewährung des vereinbarten Skontos nicht mehr gegeben. Daher schuldeten die Apotheken Phoenix den vollen Rechnungsbetrag. Phoenix gehe aber davon aus, dass die Apobank den Schaden übernehme und eine entsprechende Ausgleichszahlung über den „Differenzbetrag“ an die betroffenen Apotheken leisten werde. Daher werde Phoenix „aus Kulanz“ zunächst nur den Rechnungsbetrag abzüglich Skonto zum 19. Juni einziehen. Ob diese Transaktion gelungen ist, ist nicht bekannt. „Insoweit stunden wir Ihnen den Differenzbetrag bis zum 31. 7. 2021, weil wir davon ausgehen, dass die Apobank die Ausgleichszahlung zeitnah leisten wird“, so der Phoenix-Brief weiter.

Dann bietet Phoenix seinen Kunden an, die Ansprüche direkt von der Apobank einzufordern: „Gerne übernehmen wir für Sie die Geltendmachung des Ausgleichsanspruchs gegenüber der Apobank“, heißt es in dem Schreiben. Beigefügt hat Phoenix dem Schreiben einen dreiseitigen Abtretungsvertrag. Sollte die Apotheken bis Ende Juni diesen Abtretungsvertrag nicht unterschrieben haben, gehe man davon aus, dass die Apotheke ihre Ansprüche gegen die Apobank selbst geltend machten. Die gewährte Stundung des Skontobetrages ende damit ebenfalls Ende Juni. „Wir ziehen dann den bis dahin gestundeten Restbetrag im Zusammenhang mit der Sammelrechnung 31.07.2020 ein.“

Kritiker halten das Vorgehen von Phoenix für fragwürdig: Die Apotheken schuldeten lediglich die Kontodeckung; bei Problemen, die außerhalb ihres Einflussbereichs liegen, müssten der Konzern daher direkt an den sogenannten Störer herantreten.

Wie teuer die Phoenix-Aktion für die Apobank wird, ist nicht bekannt. Bereits im Vorfeld hatte sich abgezeichnet, dass der Branchenprimus von den Problemen besonders stark betroffen sein könnte, weil er – anders als andere Großhändler – nur einmal im Monat einzieht. Auswirkungen auf die Liquidität sind aber offenbar nicht in dem von Branchenkennern befürchteten Umfang eingetreten: Dem Vernehmen nach waren nicht alle Phoenix-Kunden von den Problemen beim Lastschrifteinzug betroffen.

Möglichweise haben aber auch andere Großhändler damit zu kämpfen. Mit der Noweda, die ebenfalls schon angekündigt hatte, ihre Ansprüche notfalls juristisch durchzusetzen, scheint man das Problem dahingehend gelöst zu haben, dass die Buchungen zurückdatiert wurden. Außerdem gibt es Großhändler wie AEP, die keine Probleme mit der Abbuchung der fälligen Rechnungsbeträge hatten.

„Wir streben im Sinne unserer Kunden an, den Unannehmlichkeiten rund um unsere IT-Umstellung mit guten und unbürokratischen Lösungen zu begegnen“, so eine Sprecherin der Apobank. „Daran arbeiten wir mit Hochdruck und gehen derzeit direkt auf unsere Kunden zu. Auch für Apotheker werden wir im Zusammenhang mit Lastschrifteinzügen Anfang Juni eine solche unbürokratische Lösung erreichen. Dazu haben wir bereits mit einigen Pharmagroßhändlern Lösungen gefunden. Mit anderen stehen wir noch im Austausch beziehungsweise werden den Austausch in den nächsten Tagen suchen.“

Fest steht schon jetzt: Der IT-Umzug hat die Apobank nicht nur Reputation gekostet, sondern auch deutlich mehr Geld verschlungen als ursprünglich geplant. Von bis zu einer halben Milliarde Euro wird gemunkelt. Eine Sprecherin bestätigte, dass es sich insgesamt um einen „mittleren dreistelligen Millionenbetrag“ handele. Im Geschäftsbericht für das Jahr 2019 ist die Kostenexplosion schon vermerkt: „Der Sachaufwand inklusive Abschreibungen stieg dagegen sehr deutlich auf 423,9 Mio. Euro (2018: 325,2 Mio. Euro). Maßgeblich hierfür waren Aufwendungen für die IT-Migration, höhere regulatorische Aufwendungen sowie Investitionen zur Optimierung unserer Kreditprozesse und für strategische Projekte. Der Anstieg im Sachaufwand lag vor allem wegen der Kosten für die IT-Migration deutlich über seinem Planwert.“ Und in der Prognose hieß es: „Der Verwaltungsaufwand wird 2020 maßgeblich von den Investitionen in die IT-Migration bestimmt. Ohne die Kosten der IT-Migration ginge der Aufwand sehr deutlich zurück. Unter Berücksichtigung der Umstellungskosten wird der Sachaufwand spürbar steigen.“

Die Entscheidung für die Einführung des neuen IT-Systems und den neuen Partner hatten Vorstand und Aufsichtsrat „nach Abwägung aller strategischen, qualitativen und Risikogesichtspunkte“ am 29. September 2017 getroffen. Als Rückgrat sollte das IT-System des neuen Anbieters die Weiterentwicklung des Geschäftsmodells unterstützen. „Das neue System wird für uns als Spezialbank und zugleich EZB-regulierte Bank zugeschnitten und damit den speziellen Anforderungen gerecht, die sich aus unserem Geschäftsmodell ergeben: Es erlaubt uns, neue Themen flexibel und bei Bedarf auch unabhängig vom Kernbanksystem umzusetzen. Bereits 2020 soll die Migration auf das neue System stattfinden. Es kommt also viel Arbeit auf uns zu. Hierbei können wir auf die außergewöhnliche Einsatzbereitschaft und den Teamgeist unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zählen, den wir bei bisherigen Großprojekten bereits erleben durften.“

Zuletzt wurde mitgeteilt, dass Vorstand Olaf Klose die Genossenschaftsbank verlässt. Zwar erfolgt die nunmehr bestätigte Trennung offiziell in gegenseitigem Einvernehmen. Da Klose für die Privatkunden zuständig war und der Vertrag zum 19. Juni aufgelöst wurde, liegt ein Bezug zur missglückten IT-Umstellung aber auf der Hand. Der Aufsichtsrat habe dem Wunsch Kloses entsprochen, seinen im Jahr 2021 auslaufenden Vorstandsvertrag nicht zu verlängern und ihn von seinen Aufgaben zu entbinden, heißt es in einer Mitteilung der Bank. Auslöser seien „unterschiedliche Vorstellungen über die strategische Ausrichtung des Privatkundengeschäfts“.

Ein Nachfolger für das Privatkundenressort ist laut Bank noch nicht bestellt. Die Leitung übernimmt für eine Übergangszeit Vorstand Holger Wessling, der das Ressort Großkunden und Märkte verantwortet. Vorsitzender des Vorstands ist Ulrich Sommer, sein Stellvertreter ist Dr. Thomas Siekmann. Eckhard Lüdering verantwortet im Vorstand das Ressort Kredit und Bankbetrieb. In seinen Bereich fiel die Umstellung. Der Vorstand hat sich bis jetzt nicht öffentlich zu der Sache geäußert.

 

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