Bei der Apobank dauern die Probleme und Störungen im Zuge der IT-Umstellung an. Die Hotlines der Bank sind überlastet. „Es kommt zu sehr langen Wartezeiten“, räumt eine Sprecherin ein. Kunden berichten über Probleme mit dem Kontozugang, bei anderen sind Daueraufträge oder Überweisungsvorlagen verschwunden oder EC-Karten funktionierten zeitweise nicht. Die Apobank spielt die Probleme herunter: „Es gibt keine systemischen Fehler, alle müssen zunächst das neue System kennenlernen.“
Eine solche IT-Umstellung sei eine „komplexe Angelegenheit“, so eine Apobank-Sprecherin, „alles ist gut gelaufen“. Allerdings funktioniere noch nicht alles reibungslos: „Die Kunden rufen uns an.“ Daueraufträge und Buchungsvorlagen seien migriert worden, alle neuen Codes seien fehlerfrei, versichert die Apobank. Die überlasteten Hotlines sprechen eine andere Sprache. Offenbar gibt es Probleme an vielen Stellen.
Im Vorfeld waren die Kunden angeschrieben worden, dass man am Pfingstwochenende mit Avaloq/DXC auf ein „modernes und flexibles System“ umstelle. Mit dem Schreiben wurde ein Code zur Verfügung gestellt, mit dem man die neue App „apoTAN+“ aktivieren sollte. Doch schon hier begannen die Probleme: Wer nach Installation der App den Code einscannte, musste diesen online im Kundenkonto eingeben. Danach wurde ein weiterer Code abgefragt – diesen erhielt man nur, wenn man nun den zweiten Code auf der Website fotografierte. Dazu fehlte aber die Erklärung – mit etwas spielerischem Einsatz konnte man die Lösung finden.
Wer sich so mit etwas Glück Zugang zu seinem Kundenkonto verschaffen konnte, musste sich zunächst einmal orientieren. Die bisherige Struktur wurde ersetzt; Daueraufträge etwa sind auf Anhieb nicht einzusehen.
Dazu kommt: Mit der bisherigen App „apoBanking“ können die Nutzer nicht weiter arbeiten; eine offizielle Fehlermeldung dazu gibt es aber nicht. „Übertragung beendet“, heißt es lapidar bei installierten Apps. „FinSegment exceeds allowed max size“, lautete die Fehlermeldung bei Neuinstallation.
Die neue App „apoBanking+“ ist aber zumindest im Play Store noch nicht zu finden. „Das Einstellen der apoBanking+ App im Google Play Store verzögert sich etwas“, heißt es auf der Website. „Wir informieren Sie auf dieser Seite, sobald die App im Google Play Store zur Verfügung steht.“
Im Apple-Store ist die App zwar bereits zu finden; hier erhält man aber als Nutzer nach der Installation den Hinweis, dass die „Key App“ nicht installiert sei. Zwar gibt nach einigen abstrakten englischen Erklärungen einen Button zur Installation; dieser scheint aber nicht aktiviert zu sein. Weiter kommt man diesbezüglich offenbar nicht.
Entsprechend sehen die Kritiken aus: Knapp 200 Rezensionen zur TAN-App gibt es bereits im Play-Store, mit 1,6 von 5 Punkten liegt die Bewertung am unteren Ende. Im Apple-Store gibt es bei etwas weniger Bewertungen immerhin 2,1 von 5 möglichen Punkten. Die neue Banking-App hat bei Apple bei mehr als 500 Einträgen nur 1,2 von 5 möglichen Punkten. Zahlreiche Nutzer lassen ihrer Kritik freien Lauf.
Doch es gibt weitere Probleme: Nicht nur, dass nicht alle Automaten wie versprochen am Dienstag 9 Uhr zur Verfügung standen. „Zurzeit können Sie nicht mit Ihrer Kreditkarte am Geldautomaten der apoBank Bargeld abheben“, heißt es auf der Website. „Unsere Spezialisten arbeiten mit Hochdruck an einer Lösung. In der Zwischenzeit bitten wir Sie, auf Ihre apoBankcard/Debitkarte zurückzugreifen.“
Nachhaltig verärgert ist Heilpraktiker Michael Manig. Der frühere IT-Spezialist schimpft: „Gestern konnte ich meine Apobank-EC-Karten beim Tanken nicht benutzen, alle zeigten Systemfehler.“ Der „Oberknaller“ sei, dass die Apobank ohne seinen Auftrag 1000 Euro von seinem Hauptkonto auf zwei Unterkonten gebucht habe. Verschwunden sind bei Manig alle Daueraufträge und seine über 40 Überweisungsvorlagen: „Die muss ich jetzt wieder alle eingeben.“ Gar nicht mehr einsehen kann er sein Kreditkonto. „Ich war 17 Jahre lang IT-Manager und habe etliche Systeme umgestellt. Das ist die schlampigste Migration, die ich je gesehen habe. Nichts funktioniert mehr richtig, alles unübersichtlich, viele Daten verloren und unter allen Nummern ist niemand zu erreichen.“ Manig hat nach eigenen Angaben bei der Apobank in Düssldorf, der Filiale in Nürnberg angerufen und zwei E-Mails geschrieben. Eine Antwort bekam er nicht.
Die hat immerhin ein anderer Apobank-Kunde erhalten: Die Hotline habe ihm einmal erklärt, es gebe Probleme mit dem Rechenzentrum, dann wiederum wurde er darauf verwiesen, eine Änderung bei seiner Banking-Software Starmoney vorzunehmen – die aber technisch gar nicht möglich sei. Jedenfalls kann dieser Apobank-Kunden über Starmoney seine Konten seit letzten Freitag noch immer nicht verwalten. Der gelernte Bankkaufmann, der die Apotheke seine Frau betreut, ist sauer: „Ich kann jetzt keinen Monatsabschluss machen, weil unsere Buchhaltung mit Starmoney verknüpft ist.“ Außerdem fehlten auf Überweisungen wichtige Angaben.
Von Anbeginn nutzt Apotheker Michael Mantell das Onlinebanking der Apobank. Nach der IT-Umstellung wunderte er sich dennoch. Denn plötzlich konnte er die Konten seiner drei Kinder einsehen. „Das war vor der Umstellung nicht der Fall. Jetzt werden mir die Konten automatisch angezeigt“, so Mantell. Mit dem 18. Geburtstag hatte Mantell jedem Kind ein Depot auf deren Konto bei der Apobank übertragen und sich das recht zur Depot-„Betreuung“ einräumen lassen. „18 Jahre lang habe ich beim Onlinebanking nie die Konten einsehen können“, so Mantell, „ich habe auch nie einen Antrag gestellt, die Konten meiner Kinder zu verwalten.“ Trotzdem kann er jetzt nicht nur die Depots, sondern alle Kontobewegungen einsehen.
Besonders pikant: Europas Bankenwelt schaut auf die Apobank. Die IT-Umstellung ist nach Einschätzung von Bankenexperten eine der größten Migrationen. 2017 hatte die Apobank entschieden, aus dem IT-Verbund der Raiffeisenbanken auszuscheren und sich ein eigenes System zu schaffen.
Nach Angaben der Apobank sollte die Umstellung einen niedrigen dreistelligen Millionenbetrag kosten. Inzwischen sind jedoch Berichte über eine Kostenexplosion aufgetaucht. Das Internet-Portal „Finanzszene“ schätzt die Kosten auf 500 Millionen Euro plus jährliche zweistellige Millionenkosten für den Betrieb. Für die Züricher Bankensoftwareschmiede Avaloq sei die Umstellung der IT der Apobank auf dem deutschen Bankenmarkt ein Vorzeigeprojekt, heißt es.
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