Pregabalin

Patentstreit in der Apotheken-EDV

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Berlin -

Seit einem Jahr ist Pregabalin patentfrei – als Zusatztherapie bei partiellen epileptischen Anfällen mit und ohne sekundäre Generalisierung sowie zur Behandlung von generalisierter Angststörung. Die Anwendung zur Behandlung neuropathischer Schmerzen hat Pfizer allerdings noch exklusiv – und der Konzern legt Wert darauf, dass diese Alleinstellung bei jeder Gelegenheit kommuniziert wird. Der Streit hat es mittlerweile bis in die Apotheken-EDV geschafft.

Seit 1. August erhalten die Anwender von Winapo einen Hinweis, dass sie Lyrica nicht immer austauschen dürfen: „Behandlung neuropathischer Schmerzen: Patentschutz für Lyrica beachten!“ Pfizer und die Tochterfirma Warner-Lambert weisen demnach darauf hin, dass die Verwendung des Wirkstoffs für die Behandlung neuropathischer Schmerzen patentrechtlich geschützt sei und dass die Therapie vor diesem Hintergrund ausschließlich mit dem Lyrica erfolgen dürfe.

Pfizer hatte die ABDATA dem Vernehmen nach bereits vor einigen Monaten aufgefordert, einen entsprechenden Hinweis in die Software aufzunehmen. In Eschborn wies man daraufhin, dass solche zusätzlichen Informationen nicht abzubilden seien. Dass Lauer-Fischer nun in Eigeninitiative reagiert hat, deutet darauf hin, dass der Pharmakonzern die CGM-Tochter direkt auf die Gefahr der mittelbaren Patentverletzung angesprochen hat. Andere EDV-Anbieter haben dagegen nach eigenen Angaben noch keine Post erhalten.

Pfizer begrüßt den Hinweis: Lauer-Fischer sei der erste EDV-Anbieter, der Apotheken diese Information zur Verfügung stelle. „Wir sehen darin einen wichtigen Schritt zur Respektierung des bestehenden Patentschutzes für Lyrica ‚zur Behandlung von neuropathischen Schmerzen‘“, so ein Konzernsprecher.

In den Apotheken sorgt diese Meldung für Verwirrung. Denn einerseits ist die Indikation in den meisten Fällen überhaupt nicht bekannt. Andererseits hatte das Bundesgesundheitsministerium (BMG) schon 2009 nach längerem Streit zwischen AOK und Pro Generika klargestellt, dass für den Austausch kein deckungsgleicher Indikationsbereich vorliegen muss.

Bereits eine Überschneidung im Anwendungsgebiet sei ausreichend, um Rabattverträge zu bedienen, hieß es damals aus dem BMG. Insofern ergäben sich weder haftungsrechtliche Konsequenzen, noch sei eine Verunsicherung der Patienten wahrscheinlich. Entsprechend wurden bei Ausschreibungen bislang nur vereinzelt konkrete Indikationen abgerufen; in der Regel wird der Wirkstoff rabattiert.

Unter patentrechtlichen Gesichtspunkten wurde die Frage bislang allerdings noch nicht geklärt. Was nützt Pfizer die Exklusivität, wenn sie schlichtweg nicht beachtet wird? Der Konzern verteidigt sein sogenanntes Second-Medical-Use-Patent daher mit Nachdruck, auch weil es bislang keinen vergleichbaren Fall gegeben hat. Mehrere Ausschreibungen wurden vor der Vergabekammer des Bundes angegriffen. Mit Spectrum K und GWQ einigte sich der Hersteller in einem Vergleich, die KKH kämpft vor dem Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf um einen Rabattvertrag für den Wirkstoff.

Mit den Generikaherstellern beharkt sich Pfizer seit Ende vergangenen Jahres. So wurden beispielsweise Informationsschreiben für Ärzte beanstandet, in denen die Besonderheit von Lyrica nicht aktiv angesprochen wurde.

Im April stärkte das Landgericht (LG) Hamburg dem Konzern den Rücken: So müssen Ratiopharm, Hexal/1A, Aliud und Glenmark bei Rabattverträgen explizit darauf hinweisen, dass ihr Generikum nicht für die geschützte Indikation eingesetzt werden darf. Ein Teil der Firmen hat sich der einstweiligen Verfügung unterworfen, andere sind vor das Hanseatische OLG gezogen. Hexal will das Patent sogar für nichtig erklären lassen.

Pfizer hatte Lyrica 2004 in Deutschland auf den Markt gebracht, das zusätzliche Patent war zwei Jahre nach dem ursprünglichen erteilt worden und gilt damit bis Juli 2017. Laut Arzneiverordnungsreport stand das Antiepileptikum 2013 mit 2,4 Millionen Verordnungen im Wert von 281 Millionen Euro zu Apothekenverkaufspreisen auf Platz 26 der am häufigsten verordneten Medikamente. Die Autoren sehen bei dem Medikament auch das größte Einsparpotenzial: Konsequent ausgetauscht gegen das bereits generische Lamotrigin, könnten die Kosten um 83 Prozent gesenkt werden.

Weltweit macht Pfizer 4,6 Milliarden US-Dollar mit dem Medikament; nach dem Patentablauf von Sortis/Lipitor ist es das meistverkaufte Präparat des Konzerns. In den USA streitet der Hersteller seit 2009 mit Generikaanbietern über die Patentrechte. In Kanada ist das Präparat seit einem Jahr patentfrei. In Großbritannien hatte sich der Konzern unlängst bei Ärzten für die Probleme im Zusammenhang mit dem erweiterten Patentschutz entschuldigt.

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