Polizeigewalt: Verfahren gegen Apotheker eingestellt Alexander Müller, 14.06.2022 15:07 Uhr
Apotheker Dr. Okan Osman Oglou war im September vergangenen Jahres vor seiner Apotheke im hessischen Kelsterbach von zwei Polizeibeamten festgehalten und mit einem Schlagstock geschlagen worden. Gegen beide Seiten wurde in der Folge ermittelt. Die Staatsanwaltschaft Darmstadt bestätigte nun auf Anfrage, dass das Ermittlungsverfahren gegen den Apotheker eingestellt wurde. Über das Ergebnis der Ermittlungen gegen die Beamten wird noch keine Auskunft erteilt. Mehrere Zivilprozesse hatten sie aber bereits verloren.
Die Situation war seinerzeit eskaliert, als die Polizisten auf dem Parkplatz vor der Apotheke Verkehrskontrollen durchführten. Der Inhaber wies sie darauf hin, dass er dies auf seinen Privatparkplätzen nicht wünsche – zumal sich die Polizeiwache direkt gegenüber befindet. Die Polizisten forderten den Pharmazeuten dann laut Zeugenaussagen auf, sich auszuweisen. Seinen Personalausweis hätte Osman Oglou aber erst noch aus der Apotheke holen müssen.
Dazu kam es aber nicht, stattdessen unternahmen die Polizisten den Versuch, den Apotheker draußen festzusetzen und zu Boden zu bringen. Es gibt Videoaufnahmen von Zeugen, die zeigen, wie ein Beamter mit dem Schlagstock gegen die Beine und in die Seiten des Apothekers schlägt. Der Beginn der Eskalation war auf diesem Video allerdings nicht zu sehen.
Anders auf den Aufnahmen der sogenannten Bodycam des Polizisten, die in den anschließenden Gerichtsverfahren ausgewertet wurden. Das hat offenbar auch die Staatsanwaltschaft überzeugt, die zunächst wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte gegen Osman Oglou ermittelt hatte: „Ich kann Ihnen in diesem Zusammenhang mitteilen, dass das Ermittlungsverfahren gegen den Apotheker wegen des mutmaßlichen Vorfalls vom 20.09.2021 in Kelsterbach eingestellt wurde. Der Tatverdacht konnte ausgeräumt werden“, so Oberstaatsanwalt Robert Hartmann gegenüber APOTHEKE ADHOC.
Apotheker freut sich über Ausgang
„Ich bin sehr erleichtert“, sagt Osman Oglou. Allerdings sei das Verfahren gegen ihn ohnehin „paradox“ gewesen. Der Vorfall und die zurückliegende Zeit seien „sehr sehr belastend gewesen und nicht einfach, damit umzugehen.“ Man fühle sich alleine, „erst wird man vermöbelt und dann noch dafür belangt“. Der Apotheker betont, immer versucht zu haben, konstruktive Konfliktlösungsvorschläge zu bringen. „Ich habe mit der Polizei kein Problem. Für mich sind es die beiden Beamten, die auch die Polizei belastet haben.“ Der Rückhalt in der Apotheke und die Rückendeckung durch die Bevölkerung sei „massiv“ gewesen, freut er sich. Viele hätten sich sehr gefreut, weil das Verfahren gegen ihn eingestellt worden sei.
Laut einem Bericht der „Bild“-Zeitung werden die beiden Polizisten dagegen wegen Körperverletzung im Amt beschuldigt. Die Staatsanwaltschaft wollte dies auf Nachfrage nicht bestätigen, teilte aber mit: „Auch die Ermittlungen gegen die beiden mutmaßlich an dem Vorfall beteiligten Polizeibeamten wurden zwischenzeitlich abgeschlossen. Die Beteiligten werden in den kommenden Tagen über den Ausgang der Ermittlungen informiert.“ Weitere Informationen könnte man erst danach veröffentlichen.
Die Polizisten waren auch zivilrechtlich gegen den Apotheker vorgegangen, sowie gegen die Berichterstattung über den Vorfall. So wurden etwa die gegenüber APOTHEKE ADHOC getätigten Äußerungen als Persönlichkeitsrechtsverletzung angegriffen. Doch die bisher entschiedenen Verfahren gingen aus Sicht der Polizisten verloren.
Gegen die beiden Polizeibeamten wurden zudem Disziplinarverfahren eingeleitet. Diese seien jedoch aufgrund der Ermittlungen im Strafverfahren ausgesetzt worden. Eine Wiederaufnahme erfolge spätestens nach Abschluss der Strafverfahren und unter Berücksichtigung des im Strafverfahren ermittelten Sachverhalts, hatte Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) auf eine kleine Anfrage der FDP im hessischen Landtag im November angekündigt.
„Jegliche Hinweise auf ein etwaiges Fehlverhalten werden sehr ernst genommen“, hieß es in der Antwort der Landesregierung. Eine eigene Bewertung wollte das Ministerium aber nicht vor Abschluss der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen vornehmen. Die FDP-Abgeordneten Stefan Müller und Dr. Jörg-Uwe Hahn hatten die kleine Anfrage an die schwarz-grüne Landesregierung gestellt. Hahn, Vizepräsident des hessischen Landtags, hat Osman-Oglou zudem in seiner Apotheke besucht, der FDP-Politiker wollte vermitteln. Doch dem Vernehmen nach waren die Polizisten nicht bereit, die beidseitig gestellten Strafanzeigen jeweils fallenzulassen.