Immer mal wieder kommt es vor, dass sich Patienten über die gefühlt weiten Wege zur nächsten Nacht- und Notdienstapotheke ärgern. Nur selten aber wird dieser Ärger in Stadtratssitzungen thematisiert. So geschehen in Herford vom dortigen SPD-Fraktionschef aus eigenem Erleben. Sogar auf einer noch höheren politischen Ebene sollte daraufhin der angeblich lückenhafte Nachtdienstteppich besprochen werden. Peinlich nur, dass sich der SPD-Politiker irrte. Wie die Apothekerkammer Westfalen-Lippe (AKWL) mitteilte, hatte eine andere Apotheke in der Nähe Dienst, die der Fraktionsvorsitzende aber übersehen hatte.
„Es kann nicht sein, dass es in einer Stadt mit bald 70.000 Einwohnern keine einzige Apotheke gibt, die nachts geöffnet ist“, erregte sich Horst Heining laut einem Bericht des Westfalen Blatts in der Ratssitzung. Der SPD-Fraktionschef schilderte in einer Ratsanfrage die eigenen Erlebnisse vom 18. August: Wegen eines akuten Notfalls in der Familie musste er an diesem Tag abends zunächst ins Klinikum Herford und wollte um ein Uhr morgens dann ein Rezept einlösen. Die einzigen Apotheken, die in dieser Nacht einen Notdienst hatten, waren seinen Angaben zufolge in Stift Quernheim und Bielefeld. Es könne nicht sein, dass man eine Fahrt von 20 Kilometern mitten in der Nacht auf sich nehmen müsse, um ein dringend benötigtes Rezept einlösen zu können.
Vor diesem Hintergrund fragte Heining: „Sieht die Verwaltung der Stadt Herford eine Möglichkeit, mit den Herforder Apotheken beziehungsweise dem Apothekerverband Westfalen-Lippe eine Vereinbarung zu treffen, dass mindestens eine Apotheke pro Nacht im Herforder Stadtgebiet einen Notdienst anbietet?“
Bürgermeister Tim Kähler wies in der Ratssitzung darauf hin, dass die Regelung des Apothekennotdienstes, insbesondere die Aufstellung des Notdienstplans, in der Zuständigkeit der AKWL liege. Laut Westfalen-Blatt gibt es im Herforder Stadtgebiet 14 Apotheken sowie eine Krankenhausapotheke. Im Kreis Herford sind es insgesamt 53 Apotheken und ebenfalls eine Krankenhausapotheke.
„Ich schlage vor, diese Angelegenheit mit in die Hauptverwaltungsbeamten-Konferenz zu nehmen“, sagte Bürgermeister Kähler. In der Hauptverwaltungskonferenz beraten die Bürgermeister der neun Kommunen im Kreis Herford sowie der Landrat Themen, die den Kreis betreffen. Schließlich betreffe das Problem des fehlenden nächtlichen Notdienstes alle Städte und Gemeinden im Kreis. „Vielleicht bekommen wir da ja eine gemeinsame Lösung hin“, sagte Kähler. Er bedankte sich bei Heining dafür, dass er auf das Problem aufmerksam gemacht habe.
Nach der Lektüre des Zeitungsberichtes meldete sich die AKWL beim Westfalen-Blatt: „Ein wenig irritiert“ habe man den Beitrag „Wenn nachts keine Apotheke geöffnet ist“ gelesen. „Es hätte mich gefreut, wenn Sie uns in die Berichterstattung, zum Beispiel durch eine Anfrage an unsere Pressestelle, eingebunden hätten. Dann hätten wir Ihnen direkt mitteilen können, dass Herr Heining leider nicht richtig informiert war beziehungsweise seine Ratskollegen nicht richtig informiert hat“, so Michael Schmitz, Geschäftsführer Kommunikation, IT und Neue Medien.
Die vom Ortsmittelpunkt Herford nächstgelegene Notdienstapotheke war in dieser Nacht die Schwanen-Apotheke in der Herforder Straße in Löhne, laut Google-Maps liegt diese nicht 20 Kilometer, sondern 8,7 Kilometer entfernt.
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