Plausibilitätsprüfung

Urteil: Rezeptur ist kein Wunschkonzert

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Berlin -

Apotheker müssen Änderungen einer Rezeptur im Rahmen der Plausibilitätsprüfung nicht mit dem Patienten abstimmen, sofern dieser nicht vorab darauf bestanden hat. Das Amtsgericht München hat in einem Grundsatzurteil am 5. September entschieden, dass eine Rücksprache mit dem Arzt die einzige Voraussetzung ist. Das Urteil ist rechtskräftig, die beklagte Apothekenkundin muss die Rezeptur bezahlen.

In dem Verfahren ging es um die Anfertigung einer 10-prozentigen Progesteron-Salbe. Die verordnete Dosierung wurde in der Apotheke für zu hoch befunden. Nach Rücksprache mit der behandelnden Ärztin wurde die Salbe mit einer Konzentration von 5 Prozent hergestellt. Doch die Kundin wollte die Rezeptur so nicht abnehmen und verweigerte trotz mehrfacher Aufforderung auch die Bezahlung. Die Apotheke klagte und bekam vor dem Amtsgericht vollumfänglich recht.

Laut Gericht können Patient und Apotheker im Normalfall davon ausgehen, dass eine Rezeptur so hergestellt werden kann, wie sie vom Arzt verordnet wurde. Allerdings haben die Apotheken das Recht und die Pflicht, die Rezeptur auf ihre Plausibilität zu überprüfen. Bei Bedenken muss die Apotheke Rücksprache mit dem Arzt halten.

Die Entscheidung, ob die Rezeptur angepasst werden soll, trägt weiterhin der Arzt. Der Apotheker darf dies nicht eigenmächtig tun. Das Gericht war nach der Zeugenbefragung aber zu der Erkenntnis gelangt, dass diese Abstimmung stattgefunden hat. Damit konnte die Kundin nicht einfach von dem Vertrag mit der Apotheke zurücktreten. Die hergestellte Creme war nicht „mangelhaft“ im Sinne des BGB, heißt es in den jetzt vorliegenden Urteilsgründen.

Hätte die Patientin die Rezeptur ausschließlich so wie ursprünglich verordnet gewünscht, hätte sie dies der Apotheke vorab mitteilen müssen. In diesem Fall hätte die Apotheke die Herstellung allerdings aufgrund pharmazeutischer Bedenken verweigern können.

Laut Gericht wurde zwischen der Kundin und der Apotheke eine sogenannte Beschaffenheitsvereinbarung getroffen, und zwar über die Herstellung der verordneten Rezeptur. „Wird eine ursprünglich vom Arzt ausgegebene Verschreibung nachträglich auf dessen eindeutig bekundeten Willen hin abgeändert […], so bildet die solchermaßen abgeänderte Rezeptur den Inhalt der Beschaffenheitsvereinbarung“, stellen die Richter klar.

Der Patient habe regelmäßig kein Interesse an der exakt vermerkten Zusammensetzung, deren medizinische Notwendigkeit oder Unbedenklichkeit sich ihm selten erschließe. Im Interesse des Patienten liege es vielmehr, „ein Medikament zu erhalten, das nach der Einschätzung des behandelnden Arztes aus medizinischer Sicht geeignet ist, den erwünschten Behandlungserfolg sicherzustellen und in Anbetracht dessen pharmazeutisch und medizinisch unbedenklich erscheint“.

Das Gericht war überzeugt, dass die Verordnung im Einverständnis mit der Ärztin geändert wurde. Dass diese auch die höher dosierte Creme für vertretbar gehalten hätte, war nicht entscheidend. Sie war nämlich selbst davon ausgegangen, dass die Rezeptur nunmehr in der geänderten Konzentration hergestellt würde.

Ebenfalls vernommen wurde die ehemalige Pharmaziepraktikantin (PhiP) der Apotheke, die seinerzeit mit der Ärztin telefoniert hatte. Vor Gericht hatte sie glaubhaft versichert, dass die Ärztin vor Änderung der Rezeptur keine neuerliche Rücksprache mit der Patientin gefordert habe.

Da nur um einen Betrag von 85,43 Euro gestritten wurde, ist eine Berufung nicht möglich. Die Apotheke hatte die Zulassung der Berufung für den Fall beantragt, dass sie das Verfahren verloren hätte. Da die beklagte Kundin dies nicht getan hatte und die Apotheke gewonnen hat, ist das Urteil rechtskräftig.

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