Die meisten Änderungen auf dem Rezept darf der Apotheker auch nach dem neuen Rahmenvertrag nur nach Rücksprache mit dem Arzt vornehmen. Das gilt auch für die Plausibilitätsprüfung bei der Rezepturherstellung. Mit dem Patienten muss der Apotheker etwaige Änderungen der Zusammensetzung dagegen nicht absprechen, entschied das Amtsgericht München. Auch wenn der Fall klein war, ist die Grundsatzentscheidung für die Apotheken wichtig.
Auslöser des Verfahrens war die Anfertigung einer Progesteron-Salbe. Eine Pharmazeutin im Praktikum (PhiP) hatte das Privatrezept über eine 10-prozentige Salbe angenommen – und Zweifel bekommen. Sie recherchierte in der Fachliteratur, besprach sich mit Kommilitonen und befand die Dosierung für zu hoch. Daraufhin kontaktierte die angehende Apothekerin nach Rücksprache mit ihrer Chefin die behandelnde Ärztin. Schließlich wurde die Salbe mit einer Konzentration von 5 Prozent hergestellt.
Doch damit war das Problem nicht aus der Welt: Die Kundin wollte die Rezeptur so nicht abnehmen und verweigerte trotz mehrfacher Aufforderung auch die Bezahlung. Die Salbe sei nicht ordnungsgemäß dem Rezept entsprechend hergestellt worden. Die Apotheke habe die Zusammensetzung „eigenmächtig“ verändert. Es sei aber nicht Aufgabe der Apotheke, die Rezeptur zu hinterfragen und ohne Rücksprache zu ändern, fand die Kundin.
Schließlich klagte die Apotheke die Kosten von 84 Euro ein – auch aus Prinzip. Denn in der Apotheke ist man sich sicher, im Rahmen der Plausibilitätsprüfung absolut richtig gehandelt zu haben. Ende Juni wurde vor dem Amtsgericht München verhandelt, Ende August gab es einen zweiten Termin. Jetzt haben die Richter entschieden: Die Rücksprache mit der Ärztin war ausreichend, die Kundin muss die Rezeptur bezahlen.
Das Gericht hat es sich mit seiner Entscheidung nicht leicht gemacht. In der ersten mündlichen Verhandlung wurde neben der Apothekerin und der Kundin – selbst Rechtsanwältin von Beruf – auch die behandelnde Ärztin befragt. Diese konnte sich zwar an den Fall erinnern, aber nicht an die genaue Absprache mit der Apotheke. Da die Patientin eine 5-prozentige Creme bei Bedarf auch dicker auftragen könne, sei sie mit der Reduzierung einverstanden gewesen. Ihr sei es eigentlich egal gewesen, gab sie zu Protokoll.
Die Apotheke pochte dagegen darauf, dass die Ärztin der Änderung explizit zugestimmt habe. Immerhin war auf dem Privatrezept handschriftlich vermerkt „laut ärztl. Rücksprache 5% bereits hochdosiert genug“. Im Herstellungsprotokoll heißt es wörtlich: „Änderung der Konzentration d. Progesterons auf 5% laut ärztl. Rücksprache“.
Doch diese Beweismittel reichten den Richten am Amtsgericht nicht aus. Für sie war entscheidend, was genau zwischen Praxis und Apotheke abgesprochen war. Deswegen sollte die PhiP befragt werden, die damals mit der Ärztin telefoniert hatte. Der zweite Termin in München wäre fast noch geplatzt – das Gericht hatte offenbar vergessen, die ehemaligen Mitarbeiterin der Apotheke zu laden.
Doch dann wurde am 26. August erneut anderthalb Stunden verhandelt. Die Ex-PhiP sagte aus, die Rücksprache mit der Ärztin sei eindeutig gewesen. Ihre Unklarheiten bei der Herstellung seien damit voll beseitigt worden. Diskutiert wurde auch die Frage, ob die Apotheke die Kundin vorab hätte unterrichten müssen. Das sahen die Richter nicht so. Wenn sie die Salbe ausschließlich so wie verordnet gewünscht hätte und ansonsten überhaupt nicht, hätte sie dies der Apotheke vorab mitteilen müssen.
Die Aussage der Ex-Phip hat das Gericht offenbar endgültig überzeugt: Der Klage wurde stattgegeben. Die Urteilsgründe liegen noch nicht vor. Die Apothekerin hatte beantragt, die Berufung zuzulassen, sollte die Klage abgewiesen werden. Das ist nun hinfällig.
Die beklagte Rechtsanwältin hatte beantragt, diesen Antrag der Gegenseite zurückzuweisen. Da sie die Sache selbst offenbar nicht weiter betreiben will, wird das Urteil demnach vermutlich rechtskräftig.
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